Europäisches Wasserrecht – Keine Verletzung der Wasserrahmenrichtlinie durch Bundesrepublik Deutschland – Klage der Kommission vermutlich gescheitert

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

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Das Wasserrecht gilt als extrem komplizierte Rechtsmaterie, weil komplizierte technische Fragen mit langer und komplexer Rechtstradition zusammen geführt werden mussten. Rechtsfragen rund um Wasser und Abwasser und die damit verbundenen Nutzungskonflikte gehören zur Menschheitsgeschichte.

Die Europäische Union harmonisiert im Rahmen der Umweltschutzkompetenzen das Recht innerhalb Europas. Die Rechtsetzung erfolgt regelmäßig durch Richtlinien, welche Vorgaben machen und dann vom Gesetzgeber des einzelnen Mitgliedsstaates in das Recht des einzelnen Staates überführt werden müssen. Die Europäische Kommission hat die Aufgabe diese Verpflichtungen zur Umsetzung zu überwachen und den einzelnen Vertragsstaat gegebenenfalls vor dem Europäischen Gerichtshof anzuklagen. (Überblick Dr. Thomas Schulte, Die Umsetzung der Kommunalabwasserrichtlinie in das Deutsche Recht)

Am 22.05.2014 – Aktenzeichen C 525/12 – wurde für die Wasserrahmenrichtlinie http://www.bmub.bund.de/fileadmin/bmu-import/files/pdfs/allgemein/application/pdf/wasserrichtlinie.pdf in einem solchen Verfahren eine solche Vertragsverletzung durch den Generalanwalt Jääskinen in seinen Schlussanträge verneint. Damit erscheint eine Verurteilung unwahrscheinlich, weil der Generalanwalt ausführte, dass Deutschland seine Verpflichtungen aus der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60 nicht verletzt hat.

Mit ihrer ursprünglichen Klage beantragte die Europäische Kommission die Feststellung, dass „[d]ie Bundesrepublik Deutschland … ihre Verpflichtungen aus der [Wasserrahmenrichtlinie] und insbesondere aus ihren Artikeln 2 (38) und 9 verletzt [hat], da sie bestimmte Dienstleistungen (wie beispielsweise die Aufstauung für die Stromerzeugung aus Wasserkraft, die Schifffahrt und den Hochwasserschutz, die Entnahme für Bewässerung und industrielle Zwecke sowie der Eigenverbrauch) von der Anwendung der Auslegung des Begriffs ‚Wasserdienstleistungen‘ ausnimmt“. Die vorliegende Klage betrifft „im Wesentlichen die Frage der Auslegung des Begriffs ‚Wasserdienstleistung‘ in Art. 2 (38) der [Wasserrahmenrichtlinie]“. Dessen Auslegung hat nach Ansicht der Kommission „weitreichende Folgen für die Frage des Anwendungsbereichs des Art. 9 [(‚Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen‘) der Richtlinie]“.

Nach Art. 2 Nr. 38 versteht man unter „Wasserdienstleistungen“ „alle Dienstleistungen, die für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art Folgendes zur Verfügung stellen: a) Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Oberflächen- oder Grundwasser; b) Anlagen für die Sammlung und Behandlung von Abwasser, die anschließend in Oberflächengewässer einleiten“. Gemäß Art. 9 Abs. 1 „[berücksichtigen d]ie Mitgliedstaaten … unter Einbeziehung der wirtschaftlichen Analyse gemäß Anhang III und insbesondere unter Zugrundelegung des Verursacherprinzips den Grundsatz der Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen einschließlich umwelt- und ressourcenbezogener Kosten“.

Nach Auffassung des Generalanwalts ist es mangels hinreichender Genauigkeit und Kohärenz der Klage nicht möglich, ihren Gegenstand abzugrenzen. Aus diesem Grund sei sie als unzulässig anzusehen. Es sei insbesondere nicht klar, ob die Kommission Deutschland eine fehlerhafte legislative Umsetzung der Richtlinie, eine punktuelle fehlerhafte Anwendung der Richtlinie oder eine ständige und allgemeine der Richtlinie widersprechende Praxis vorwerfe.

Grundsatz Gebührenfestsetzung – Definition Wasserdienstleistung

Die Wasserrahmenrichtlinie fördere die Gebührenberechnung für Kosten, ohne dass der Grundsatz kostendeckender Preise für jede Wassernutzung obligatorisch sei, mit Ausnahme der Wasserdienstleistungen, die als die Wasserversorgung und die Behandlung von Abwasser einschließende Dienstleistungen verstanden würden. Die Definition der Wasserdienstleistungen setze notwendigerweise voraus, dass es einen Dienstleistungserbringer gebe.

Eine homogene Anwendung des Grundsatzes der Gebührenfestsetzung, die zu Unrecht auf eine weite Auslegung der Definition der Wasserdienstleistungen gestützt werde, könne angesichts nicht nur der erheblichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der Wasserversorgung aufgrund geografischer und klimatischer Bedingungen, sondern auch des Vorhandenseins verschiedener Wasserbewirtschaftungsmodelle in den Mitgliedstaaten nicht durchgreifen. Die Richtlinie verfolge einen ganzheitlichen Ansatz der Wasserbewirtschaftung, was ausschließe, dass ein Instrument der Gebührenfestsetzung in allen Mitgliedstaaten unabhängig von ihren ökologischen und hydrologischen Besonderheiten universell anwendbar sei.

Die Schlussanträge in dem Verfahren präjudizieren in der Regel die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Die Bundesrepublik Deutschland wird daher vermutlich nicht verurteilt werden. Erfahrungsgemäß wird die Entscheidung des EuGH erst in einigen Monaten veröffentlicht.

Fazit: Rechtsprechung EuGH

Durch die Rechtsprechung des EuGH hat der Umweltschutz wichtige Impulse erfahren, weil die Rechtsprechung die Mitgliedsstaaten gezwungen hat, die Rechtssetzung durch die Europäische Union Ernst zu nehmen und in der Verwaltungspraxis auch umzusetzen. Der Überwachungsauftrag der Kommission in Kombination mit der Klage vor dem EuGH in im Grunde allumfassend.

 

Dr. Thomas Schulte

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Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 1308 vom 27. Mai 2014 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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