OLG Frankfurt: Darlehenskündigung nach geduldeter Kontoüberziehung unwirksam

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

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Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 05.05.2008 unter dem Aktenzeichen 17 U 131/07 in einer durch den Autor geführten Berufung entschieden, dass die Kündigung eines Darlehensvertrages wegen Zahlungsrückständen unwirksam ist, wenn die darlehensgebende Bank diese Zahlungsrückstände über einen längeren Zeitraum geduldet hat.

Des Weiteren machte das Gericht deutlich, dass es bei der Frage, ob ein Kündigungsgrund wegen Zahlungsverzuges nach Nr. 12 der weiteren Darlehensbedingungen der Banken gegeben ist, nicht auf eine Prolongationsvereinbarung zu einem Niedrigzins ankommen kann, sondern lediglich auf die ursprünglich zwischen den Parteien vereinbarten Monatsraten.

Zum Hintergrund des Rechtsstreits:

Der Kläger und Berufungskläger hatte ein Darlehen zum Umbau seiner Liegenschaft aufgenommen und dieses regelmäßig zur Rückführung gebracht. Im Jahr 2003 waren jedoch Rückstände in Höhe von circa zwei Monatsraten entstanden, somit also in einem Bereich, in dem die Bank an ein Kündigungsrecht gemäß Nr. 12 der weiteren Darlehensbedingungen glaubte.

Die Bank kündigte das Darlehen jedoch im Jahr 2003 nicht, sondern verlängerte dieses mit kurzfristigen Sonderkonditionen für circa eineinhalb Jahre regelmäßig. Erst nach dieser Verlängerungszeit, in der der Darlehensnehmer lediglich Zinsen und keine Tilgung aufbringen sollte, kündigte die Bank das Darlehen mit der Begründung, dass die bestehenden Rückstände seit 2003 nicht verringert worden seien. Einem solchen Vorgehen hat das OLG Frankfurt am Main nunmehr eine deutliche Absage erteilt.

Wörtlich führte das Gericht zu der Problematik wie folgt aus:

„Nach den Wertungen der §§ 626, 545 a BGB a.F., die auch im Darlehensrecht Anwendung finden, kann der im Jahr 2003 aufgelaufene Zahlungsrückstand nicht zur Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung erst im Frühjahr des Jahres 2005 herangezogen werden. Vor der Reform des Schuldrechts war eine einseitige und vorzeitige Lösung der Vertragspartei aus dem Darlehensvertrag durch ein aus § 626 BGB abgeleitetes außerordentliches Kündigungsrecht möglich. Dann müssen aber auch dessen Voraussetzungen gelten und stellt sich damit die Frage einer Abwägung hinsichtlich der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Darlehensvertrages.

Auch unter Anwendung des neuen Darlehensrechts kann die Beklagte nicht ohne Weiteres auf die Vereinbarung unter Nr. 12 der weiteren Darlehensbedingungen abheben und trotz des verstrichenen Zeitraumes jetzt einfach die Kündigung mit einem Rückstand begründen, der über einen längeren Zeitraum hingenommen wurde. Entsprechend den vorgeschilderten Wertungen muss für die Beendigung des Darlehensvertrages gefordert werden, dass die Vertragsgrundlage zwischen den Vertragsparteien durch ein schuldhaftes Verhalten des Kündigungsempfängers in dem Sinne zerrüttet ist, dass dem kündigenden Vertragspartner die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. „

Das Gericht hat somit deutlich gemacht, dass die Bank nicht einfach längere Zeit mit dem Darlehensnehmer ein Sanierungsplan durchführen kann, jedoch wenn sie zur Sanierung nicht mehr gewillt ist, jederzeit wegen der bestehenden Zahlungsrückstände die Kündigung aussprechen darf. Das Urteil stellt daher einen wichtigen Schritt im Bereich des Schutzes von Darlehensnehmern dar.

Die Revision gegen das Urteil wurde vom OLG Frankfurt nicht zugelassen.

Dr. Schulte
Rechtsanwalt
2.10.2008

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Dr. Thomas Schulte

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Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 554 vom 1. Oktober 2008 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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