Staatshaftungsrecht der Schweiz – Wer haftet für Verfehlungen der FINMA?

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

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Oszustwo inwestycyjne na finanzexp.de / Pixabay

Das öffentliche Haftungsrecht der Schweiz ist komplex. Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft der Rechtsanwälte Dr. Schulte und sein Team in Bezug auf die Rettung der Anleger der SAM AG wird auch diskutiert, ob Staatshaftungsansprüche bestehen.

Probleme bereiten dabei unter anderem das Nebeneinander von privatrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Haftpflichtrecht. Dennoch muss ein effektiver Rechtsschutz für in- und ausländische Bürger bestehen, um die Schäden, welche die staatlichen Organe in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit verursacht haben, zu regulieren. Gilt dies auch für die Eidgenössische Finanzmarktaufsichtsbehörde FINMA?

Die FINMA stellt das Gegenstück zur deutschen BaFin dar und wurde im Jahr 2009 nach dem Zusammenschluss verschiedener Behörden gegründet. Aufgabe der FINMA ist dabei der Schutz der Funktionsfähigkeit der Schweizer Finanzmärkte sowie der Schutz der Gläubiger und Anleger. Gerade im letzteren Fall kommen jedoch vermehrt Zweifel auf, ob die Handlungen der FINMA immer diesem Ziel entsprechen. Dies Fragen sich unter anderem die Anleger der SAM Management Group AG. Hierbei handelt es sich um eine Schweizer Gesellschaft, bei der ca. 4.500 zumeist deutsche Anleger ihr Geld investiert hatten.

Aufgrund einer anonymen Anzeige nahm die FINMA im Jahr 2012 Ermittlungen auf und kam im August 2012 zu dem Schluss, dass die SAM AG geschlossen und abgewickelt werden müsse. Grund hierfür war, dass die SAM AG über keine Bankgenehmigung verfügte, welche nach Ansicht der FINMA notwendig gewesen wäre. Eine nachträgliche Erteilung der Bankgenehmigung war nach Ansicht der FINMA nicht möglich, sodass die SAM AG mit ihren 4.500 betroffenen Anlegern aufgrund eines rein formalen Fehlers geschlossen und abgewickelt wurde. In der Folge führte dies zu enormen Schäden und großen Verlusten für die betroffenen Anleger, welche bis hin zum Totalverlust führen können, da die SAM AG mittlerweile in Insolvenz ist.

War das Handeln der FINMA hierbei jedoch verhältnismäßig und rechtmäßig?

Rechtsanwalt Schulter von Dr. Schulte und sein Team hierzu: „Staatshaftungsansprüche sind grundsätzlich schwierig durchzusetzen. Dennoch stellen sie ein wichtiges Mittel dar, um den Bürger vor willkürlichem oder fehlerhaftem Handeln des Staates und seiner Organe zu schützen. Insbesondere in der Schweiz gibt es hier jedoch einige Schwierigkeiten, die bei der Durchsetzung von Staatshaftungsansprüchen in Bezug auf das Handeln der Finma zu berücksichtigen sind.“

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass in der Schweiz ein Anspruch des Bürgers auf Schadensersatz wegen Fehlverhaltens der FINMA besteht. Grundlage ist hierbei das Finanzmarktaufsichtsgesetz (FINMAG). Voraussetzung einer Haftung des Staates nach Art. 19 FINMAG ist dabei jedoch, dass keine Pflichtverletzung des beaufsichtigten Unternehmens vorlag. Beaufsichtigtes Unternehmen war hierbei die SAM AG, die unter staatliche Führung gestellt worden ist. Die Regelung in Art. 19 FINMAG ist Gegenstand umfangreicher Diskussionen unter Juristen im Schweizer Inland sowie im Ausland. Fraglich ist dabei, ob diese Voraussetzung einen faktischen Haftungsausschluss der FINMA darstellt. Eine Rechtsprechung, die diesen unbestimmten Rechtsbegriff konkretisiert und das bestehende Problem löst, gibt es derzeit noch nicht.

Welche Möglichkeiten bestehen, um betroffenen Anlegern wie bei der SAM AG zukünftig Leid und Verlust zu ersparen?

Rechtsanwalt Schulter hierzu: „Unserer Ansicht nach ist dies ein Punkt, der in dem noch jungen Gesetz nicht ausreichend konkretisiert wird. Nach unserer Auffassung ist hier ein Musterverfahren zu betreiben, um eine Art Präzedenzfall herbeizuführen. Nach unserer Ansicht würde die Auslegung der Norm, wie sie von einigen Juristen gefordert wird, zu einem faktischen Haftungsausschluss führen. Die FINMA müsste sodann für ihre Verfehlungen unter keinem Gesichtspunkt haften. Dies kann keinen Bestand haben, da so der effektive Rechtsschutz des Bürgers gegenüber den Handlungen des Staates in diesem Bereich völlig ausgeschlossen wäre. Hiergegen muss vorgegangen werden.“

Fazit für Anleger und Darlehensgeber der SAM AG:

Letztlich wird es daher in der Hand der Schweizer und internationalen Gerichte liegen, ob dem geschädigten Bürger tatsächlich ein effektiver Rechtsschutz gegen staatliches Handeln zusteht oder nicht.

Dr. Thomas Schulte

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Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 1214 vom 10. März 2014 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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