Schufarecht – die Rechtsentwicklungen gehen weiter – Zulässigkeit und Schadenersatz

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Inhaltsverzeichnis

Schadensersatz wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung

Die Schufa präsentiert sich selbst gerne als liebe Tante, die doch nur das Gute will. Sie kennt die Schwächen der Ihren und sieht gütig über diese hinweg. Das stimmt allerdings nicht: Die Schufa hat extreme Macht und kann Menschen aus dem Wirtschaftsleben faktisch ausschließen.

Die liebe Tante Schufa

Maschinell schlechte Noten zu verteilen ist nicht nur juristisch, sondern auch menschlich problematisch:

Eine Studie aus dem Jahr 2017, durchgeführt von der Universität Hamburg, offenbart, dass negative Bewertungen anderer nicht nur dem Gegenüber schaden, sondern auch uns selbst. Die Forscher fanden heraus, dass das Abwerten anderer Menschen zu einem erhöhten Stressniveau führen kann, was langfristig unsere geistige und körperliche Gesundheit beeinträchtigen kann. Das ist ein alarmierender Grund, solch eine Einstellung zu überdenken.

Ein weiteres interessantes Ergebnis liefert eine Untersuchung der Ludwig-Maximilians-Universität München aus dem Jahr 2020. Diese Studie belegt, dass Menschen, die andere negativ bewerten, Schwierigkeiten haben, positive zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. Es zeigt sich, dass eine voreingenommene Sichtweise auf andere unsere Fähigkeit einschränkt, Empathie zu empfinden und sich in die Gefühle anderer hineinzuversetzen.

In der Geschichte gibt es einige Persönlichkeiten, die sich vehement gegen negative Bewertungen ausgesprochen haben. Einer von ihnen ist Albert Schweitzer, der einst sagte: „Man kann nicht gleichzeitig andere respektieren und sie verurteilen.“ Dieses Zitat erinnert uns daran, dass wir, wenn wir andere abwerten, ihre Menschlichkeit negieren und unser eigenes Mitgefühl verlieren.

Auch die Philosophin Hannah Arendt spricht sich gegen Vorurteile aus. Sie betonte: „Urteile nicht, bevor du nicht verstanden hast.“ Arendt fordert uns auf, zuerst die Perspektive des anderen zu verstehen, bevor wir vorschnell beurteilen. Indem wir uns in die Lage anderer versetzen, können wir eine empathische Verbindung herstellen und die Grundlage für ein besseres Verständnis schaffen.

Zusammenfassend zeigen deutsche Studien und Zitate bedeutender Persönlichkeiten, dass niemand einen anderen negativ bewerten sollte. Negative Bewertungen schaden nicht nur der betroffenen Person, sondern auch uns selbst, indem sie unser Wohlbefinden und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen beeinträchtigen. Stattdessen sollten wir uns bemühen, Verständnis, Toleranz und Empathie zu kultivieren, um eine harmonischere und mitfühlende Gesellschaft zu schaffen.

Schufa rechtswidrig? Schadenersatz

Aus gutem Grund gibt es beim Gerichtshof der Europäischen Union Stimmen (unter anderem auch die des zuständigen Generalanwalts Pikamäe), die sagen, dass die maschinelle Beurteilung von Menschen zum Zwecke des Geschäftsverkehrs gegen die Europäische Datenschutzgrundverordnung verstößt (Schlussantrag des Generalanwalts in der Rs. C-634/21)

So kam dieser zu dem Schluss, dass “bereits die automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts über die Fähigkeit einer betroffenen Person, künftig einen Kredit zu bedienen, eine ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung – einschließlich Profiling – beruhende Entscheidung darstelle, die der betroffenen Person gegenüber rechtliche Wirkung entfalte oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtige, wenn dieser mittels personenbezogener Daten der betroffenen Person ermittelte Wert von dem Verantwortlichen an einen dritten Verantwortlichen übermittelt werde und jener Dritte nach ständiger Praxis diesen Wert seiner Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses mit der betroffenen Person maßgeblich zugrunde lege.” Demzufolge wäre der Tatbestand des Art. 22 I DSVGO eröffnet, der normiert, dass die betroffene Person nicht einer Entscheidung unterworfen werden muss, die auf einer automatisierten Verarbeitung von Daten beruht. Die Datenverarbeitung wäre mithin rechtswidrig und die betroffene Person hätte eine Anspruch auf Löschung der Daten.

Neben dem Anspruch auf Löschung falscher Daten besteht gemäß Art. 82 DSGVO auch ein Schadensersatzanspruch, den verschiedene deutsche Gerichte bereits zugesprochen haben.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

 

Dr. Thomas Schulte

Neueste Urteile und Rechtsprechung!

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 8836 vom 30. Juli 2023 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest