Wenn in der Schokolade ein Stückchen Glas steckt – Produkthaftungsrecht einfach erklärt

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

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Verbraucherschutz - Dr. Thomas Schulte

Wenn in der Schokolade ein Stückchen Glas steckt – Produkthaftungsrecht einfach erklärt

Wer ein Stückchen Schokolade im Mund hat, welches mit einem Stück Glas versetzt ist, der mag sich wundern, solche Ausreißer sollen aber in der Praxis vorkommen. Bekanntlich ist Schokolade mit Glas nicht bekömmlich und kann zu schwerwiegenden Gesundheitsschäden führen. Das ist genau der Anwendungsbereich der Produkthaftung nach dem deutschen Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG).

Warum ist Produkthaftung relevant?

Die Schokolade, gekauft z.B. an einer Tankstelle ist ja auch von der Tankstelle käuflich erworben worden. Um dem Verbraucher einen weiteren Ansprechpartner neben dem Verkäufer an die Hand zu geben, gibt es seit vielen Jahrzehnten das sog. „Produkthaftungsrecht“, welches seit 1988 im deutschen Produkthaftungsgesetz noch einmal für Produzenten von Produkten verschärft worden ist. Produkthaftung bedeutet, dass jemand durch ein Produkt zu einem körperlichen Schaden oder zu einem anderen Schaden gekommen ist. Das Produkthaftungsrecht ist verschuldensunabhängig, das bedeutet, Ansprüche sind nicht daran gebunden, dass der Anspruchsteller dem Unternehmen eine Fahrlässigkeit zum Vorwurf machen kann.

Es gibt verschiedene Aspekte, die dabei wichtig sind und eine Rolle spielen. Zum Beispiel die Frage: Kann der Staat auch einem Produzenten anordnen, Produkte zurückzurufen? Diese Frage ist klar mit einem Ja nach dem deutschen Lebensmittelrecht zu beantworten. Also sind auch behördliche Rückrufe möglich. Wenn ein Unternehmen gemerkt hat, dass sich Produkte im Umlauf befinden, die gesundheitsschädlich sind, ist auch an eine Körperverletzung durch Unterlassen zu denken. Das ist ein wesentlich schlimmerer Vorwurf, als wenn es nur um Fahrlässigkeit gehen würde.

Viele haben sich gefragt, warum Produkte so aufwendig verpackt sind. Einer dieser Aspekte kommt aus dem Produkthaftungsrecht. Man möchte dem Verbraucher die Möglichkeit geben, klar durch das Öffnen des Produktes und diesen Öffnungsvorgang nachzuprüfen, ob an dem Produkt manipuliert worden ist. Wegen der Produktbeobachtungspflicht der Produzenten finden sich häufig auf Produkten auch kostenfreie Rückruftelefonnummern. Hintergrund: Das Unternehmen möchte der rechtlichen Pflicht nachkommen, das Produkt zu beobachten und notfalls dem Verbraucher die Gelegenheit geben, sich schnell zu melden. Dazu gehört übrigens auch die Notwendigkeit, eine Produktcharge im Unternehmen zurückzuhalten, um die Produktqualität ggf. dokumentieren zu können. Generell gilt für die Rückrufpflicht von Unternehmen der Maßstab, dass geprüft werden muss, wie wahrscheinlich ist der Eintritt eines Schadens und wie gewichtig ist der Schaden für den Verbraucher und Nutzer des Produktes. Man kann sagen, dass das deutsche Produkthaftungsrecht den Verbraucher umfassend schützt und die Unternehmen in eine entsprechende Pflicht nimmt. Das gilt übrigens für Produkte aus dem In- und Ausland, da ggf. auch diejenigen haften, die Produkte in Deutschland in den Verkehr gebracht haben.

Ein wichtiger Aspekt: Ansprüche wie nach dem amerikanischen Schadensersatzrecht gibt es allerdings. Das amerikanische Recht kennt den sog. „Strafschadensersatz“, d.h. derjenige, der sich um einen Produktfehler und dessen juristische Aufarbeitung kümmert, wird vom Rechtssystem durch ggf. sehr hohe Schadensersatzansprüche belohnt. Das kennt das deutsche Recht nicht. Hier entspricht der Schadensersatzanspruch in der Höhe (es gibt zwar auch Schmerzensgeld) der dem materiellen Schaden.

Dr. Thomas Schulte

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Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 3401 vom 8. Oktober 2019 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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