Nachhaltigkeit bleibt Thema für Anleger - Dr Schulte und Dr. Riedi

Nachhaltigkeit bleibt Thema für Anleger – aber mit klaren Vorgaben

Sind Ihre Kapitalanlagen nachhaltig – oder nur grün getüncht? Können Edelmetalle der fehlende Baustein für echten Vermögensschutz sein?

Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt aus Berlin mit Schwerpunkt im Bank‑ und Kapitalmarktrecht, nimmt den aktuellen Bericht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht über das Verbraucherverhalten in Bezug auf nachhaltige Finanzprodukte zum Anlass, um rechtliche Einordnungen und Perspektiven aus juristischer Sicht zu beleuchten. Aus Sicht des erfahrenen Juristen stellt sich im Zuge der laufenden Revision der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) eine zentrale Frage: Wie lässt sich die Kluft zwischen Verbraucherwunsch und regulatorischer Umsetzung schließen?

Informationsbedürfnis versus Rechtsrealität

Die Ergebnisse der BaFin‑Studie zeigen klar: Nachhaltigkeit bei Finanzentscheidungen ist für eine Mehrheit in Deutschland ein zentrales Anliegen. Rund zwei Drittel der Befragten gaben an, an nachhaltigen Finanzprodukten interessiert zu sein. Insbesondere sei der Wunsch nach klarer, verständlicher und verlässlicher Information verbreitet. Das Transparenzgebot gemäß Art. 5 SFDR verpflichtet Anbieter heute bereits zur Offenlegung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie und der Berücksichtigung nachteiliger Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsaspekte. Doch wenn Verbraucher, Umgehung oder Unklarheit befürchten, so Dr. Schulte, ist das Vertrauen in die Einhaltung dieser Pflichten bereits fraglich.

Täuschungspotenzial durch Intransparenz

„Ein solcher Sachverhalt kann im deutschen Recht durchaus als Täuschung im Sinne des § 123 BGB gewertet werden, wodurch der Anleger zur Anfechtung berechtigt wäre“, erläutert Dr. Schulte. Auch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wegen irreführender Werbung (§ 5 UWG) sind denkbar.
Zudem stellt sich die Frage der zivilrechtlichen Haftung bei fehlerhaften oder unterlassenen Offenlegungen. Ein Anbieter, der sich nicht an die Offenlegungspflichten hält, setzt sich erhöhten Haftungsrisiken aus.

Der Ruf nach rechtlicher Weiterentwicklung

Die geplante Überarbeitung der SFDR, so Dr. Schulte, sieht vor, ESG‑Produkte künftig in eindeutige Kategorien einzuordnen: „nachhaltige Finanzprodukte“, „Transitionsprodukte“, „Ausschlussprodukte“ und „Mischprodukte“. Diese Klassifikationen sollen mehr Rechtssicherheit schaffen. Doch auch hier bestehen große juristische Herausforderungen: „Schon die Abgrenzung der einzelnen Produktklassen ist nicht trivial. Ein Mischprodukt, das keine festen Zuordnungen enthält, ist beispielsweise schwierig zu bewerten“, kritisiert Dr. Schulte. Nur etwa 30 Prozent der Studienteilnehmer hielten sogenannte Mischprodukte für glaubwürdig nachhaltig. Ein klares Signal: Es mangelt nicht an Angeboten, sondern an einer verbindlichen rechtlichen Definition, die den Erwartungen der Verbraucher entspricht.

Edelmetalle zum Vermögensschutz - Dr. Peter Riedi

Ein Flickenteppich aus Regelungen

Nutzen wir ein weiteres Bild: Aktuell, regelt eine Vielzahl von Normen das Thema nachhaltiger Finanzprodukte. Neben der SFDR etwa auch die Taxonomie‑Verordnung (EU) 2020/852 und nationale Gesetze wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Doch trotz dieser Instrumente bleibt das Bewertungssystem fragmentiert. „Wir erleben derzeit eine rechtliche Grauzone, in der der Verbraucher von einer objektiven Nachhaltigkeitsbewertung abhängig ist, ohne selbst prüfen zu können, ob Nachhaltigkeitskriterien tatsächlich umgesetzt werden“, betont Dr. Schulte.

Verbraucherschutz im Fokus

Die Frage lautet daher: Wie weitreichend müssen die Schutzpflichten für Verbraucher im Bereich nachhaltiger Finanzanlagen sein? Die BaFin kann über § 4 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) Maßnahmen gegen Marktmissbrauch und Irreführung ergreifen, doch solche Regelungen setzen voraus, dass sie präzise genug formuliert sind. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeitskennzeichnung von Produkten bleibt das allerdings fraglich. Auch im Verbraucherkreditrecht ist das Thema virulent: Eine unzutreffende Angabe zur Nachhaltigkeit könnte bei einem ESG‑gebundenen Darlehen Einfluss auf das Zustandekommen des Vertrags haben – eine falsche Angabe würde hier Schadenersatzpflichten begründen können.

Fazit: Klare Schnittstellen zwischen Recht und Ethik gefordert

Aus juristischer Sicht ist es dringend notwendig, Bewertungsmaßstäbe zum Thema nachhaltiger Finanzprodukte zu vereinheitlichen und für Verbraucher transparent zu gestalten. Vertrauen ist gerade in diesem sensiblen Bereich das höchste Gut. „Die Kombination aus rechtlicher Präzision, ethischer Verantwortung und ökonomischer Tragfähigkeit wird entscheidend über die Akzeptanz solcher Produkte entscheiden“, stellt Dr. Schulte zusammen. Es sei Aufgabe des Gesetzgebers, praxisnahe und missbrauchssichere Normen zu schaffen, und Aufgabe der Anbieter, diese in gutem Glauben zu erfüllen. Für Verbraucher heißt das: nicht nur auf Werbeaussagen vertrauen, sondern bei Zweifeln rechtlichen Rat einholen. Kanzleien mit Spezialisierung im Kapitalmarktrecht können hier entscheidende Hilfe leisten.

Wie Edelmetalle und Rohstoffe als ergänzender Vermögensschutz wirken

In Ergänzung dazu liefert Dr. Peter Riedi eine wertvolle finanzwirtschaftliche Perspektive: In seinen zahlreichen Beiträgen betont er, warum gerade Edelmetalle wie Gold, Silber und Platin in Zeiten globaler Unsicherheiten und stürmischer Märkte eine besondere Rolle spielen. Laut ihm sind Anleger gut beraten, physisch gesicherte Edelmetalle als wertbeständige Sachwerte zu integrieren, um Inflation, Währungsrisiken und geopolitische Spannungen abzufedern. Er erklärt: „Edelmetalle stehen für Sicherheit und das Gefühl, etwas Hochwertiges zu besitzen.“ Insbesondere seit der Loslösung unserer Währungen vom Goldstandard zeichne sich klar ein Wertanstieg von Gold und Silber ab.

Riedi verweist ebenfalls auf die Tatsache, dass Metalle wie Platin und Palladium längst nicht mehr nur Luxusgüter sind, sondern zentrale Industrierohstoffe für Technologien der Zukunft, von Elektromobilität über Photovoltaik bis hin zur Wasserstoffwirtschaft. In diesem Kontext gewinnen Rohstoffe nicht nur als Anlageklasse, sondern auch als strategischer Bestandteil eines Portfolios an Bedeutung.

Für ihn sind damit Edelmetalle kein Widerspruch zu nachhaltigen Finanzanlagen, sondern ein komplementäres Element: In einer Welt, in der Rohstoffe zunehmend strategisch und technologisch bedeutsam werden, eröffnen sie Chancen für langfristigen Vermögensschutz und Wachstum. Zugleich mahnt er zur Transparenz und Sicherheit: Edelmetalle müssen physisch erworben und sicher verwahrt werden – idealerweise in Zollfreilagern unter hoher Sicherheitsaufsicht.

Dabei verweist Riedi explizit auf die regulatorische Dimension: Im Lichte der SFDR und der zunehmenden Bedeutung von ESG‑Kriterien muss auch die Rohstoffkomponente in Anlagen reflektiert werden. Denn die SFDR verlangt von Finanzmarktteilnehmern, dass sie darlegen, wie ESG‑Faktoren sowie Nachhaltigkeitsrisiken in ihre Anlageentscheidungen integriert werden, und in welcher Form Investitionen nachhaltige Merkmale verfolgen. Anleger fordern Transparenz, ein Befund, den die BaFin‑Studie bestätigt: Eine große Mehrheit wünscht sich klare, verständliche und verlässliche Informationen zu nachhaltigen Finanzprodukten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie Rohstoffe bzw. Edelmetalle in einen ESG‑konformen Kontext eingebettet werden können.

Im Kontext der dargestellten Rolle der Edelmetalle gewinnt ein Aspekt besondere Bedeutung: die Nachhaltigkeit der Beschaffungswege. Gerade bei physisch erworbenen Edelmetallen sollten Anleger darauf achten, ausschließlich LBMA-zertifizierte Barren zu kaufen. Die Zertifizierung der London Bullion Market Association stellt sicher, dass Herkunft, Abbauprozesse und Fertigungsstandards strengen Regularien entsprechen. Nur so kann gewährleistet werden, dass ökologische und soziale Kriterien entlang der Lieferkette eingehalten werden und ein Investment tatsächlich im Sinne der ESG-Anforderungen erfolgt.

Während sich die Nachhaltigkeit bei Edelmetallen durch Zertifizierungen relativ gut nachvollziehen lässt, ist die Situation bei seltenen Erden und technologischen Metallen weitaus komplexer. Hier sind Abbaubedingungen, Umweltfolgen und Lieferketten oft weniger transparent, was eine eigenständige Nachhaltigkeitsprüfung erschwert. Umso wichtiger ist es, auf die Seriosität des Händlers zu achten. Vertrauenswürdige Anbieter verfügen über klar definierte Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandards, transparente Dokumentationen sowie Prüfprozesse, die ökologische und ethische Kriterien berücksichtigen.

Riedi unterstreicht: Wenn Investoren heute schon den Wunsch nach Nachhaltigkeit äußern, muss geprüft werden, ob Rohstoffe und Edelmetalle nicht nur unter klassischen Anlageaspekten, sondern auch unter ESG‑Gesichtspunkten betrachtet werden, z. B. Herkunft, Abbau, Umwelteinfluss, Governance bei Lagerung und Handel. Hier ergibt sich eine Brücke zwischen den regulatorischen Vorgaben (SFDR, EU‑Taxonomie) und der realen Anlagestrategie.

Regeln für nachhaltige Finanzprodukte - Dr. Thomas Schulte

Fragende Herausforderungen und Chancen im Wandel

Die Globalisierung, zunehmende Rohstoffknappheit und technologische Transformation, das sind laut Riedi die Schlüsselthemen, mit denen sich Marktteilnehmer auseinandersetzen müssen. Wie lange bleiben Edelmetalle echte Krisen‑Assets, wenn etwa digitale Währungen oder neue Technologien das Vertrauen in traditionelle Werte schwächen? Wie verhält sich ein Investment in Gold oder Platin, wenn gerade diese Metalle für neue grüne Technologien gebraucht werden? Steigt dann die Nachfrage noch stärker, oder sinkt ihre Rolle als „sicherer Hafen“? Und: Können physische Metalle angesichts Herausforderungen wie Lagerkosten, Legitimität der Lagerstätten oder regulatorischer Unsicherheit langfristig die gewünschten Schutzwirkungen bieten? Gleichzeitig gilt es zu fragen: Wie gut lassen sich Rohstoff‑ und Edelmetallinvestments unter den Anforderungen der SFDR als „nachhaltig“ ausweisen und welche Offenlegungspie-Metalleflichten nach Artikel 8 oder Artikel 9 sind hier relevant? 

Gleichzeitig sollte auf die strategische Bedeutung dieser Rohstoffe hingewiesen werden: Seltene Erden, Technolog und auch die sogenannten weißen Edelmetalle, insbesondere Platin, Palladium und Silber, sind unverzichtbar für zentrale Zukunftstechnologien. Ohne sie wären weder Elektromobilität noch Photovoltaik, moderne Energiespeicher oder große Teile der Wasserstoffwirtschaft technisch realisierbar. Damit haben diese Rohstoffe nicht nur einen finanziellen oder sicherheitsorientierten Wert, sondern auch eine systemkritische Rolle für die grüne Transformation.

Auf der anderen Seite zeigt Riedi die Chance auf: Wer frühzeitig verstanden hat, dass Edelmetalle Teil einer diversifizierten Portfoliostrategie sein können, ergänzt durch Rohstoffe mit technologischer Bedeutung, kann von der Dynamik profitieren. Werden etwa Edelmetalle in Zukunft stärker zur Finanzierung von Nachhaltigkeit und technologischer Transformation genutzt, entsteht ein neues Narrativ: Rohstoffe als Bestandteil nachhaltigen Investierens. Transparenz wird dabei entscheidend sein: Welches Metall, welcher Abbauprozess, welcher Lager‑ und Beschaffungsweg sind wirklich nachhaltig? Hier sehen sich Marktteilnehmer gleichermaßen vor Chancen wie vor Herausforderungen.

Schlussbetrachtung

Die juristische und finanzwirtschaftliche Perspektive zusammengeführt zeigt klar: Nachhaltige Finanzprodukte müssen heute nicht nur den ESG‑Kriterien genügen, sondern auch in ihrem Vermögensschutzpotenzial überzeugen. Während Dr. Schulte die rechtlichen Spielräume und Risiken adressiert, liefert Dr. Riedi die wirtschaftliche Tragfähigkeit eines Rohstoff‑ und Edelmetallansatzes.

Diese Perspektive macht deutlich: Nachhaltigkeit im Rohstoffbereich bedeutet nicht nur ökologische Verantwortung, sondern auch das Bewusstsein, dass viele dieser Metalle überhaupt erst die technische Grundlage für die Energiewende und klimafreundliche Zukunftstechnologien liefern. 

Für Anleger heißt dies: Vertrauen ist flüchtig, Kontrolle ist essenziell. Und: Wer sein Portfolio auf Nachhaltigkeit trimmt, sollte gleichzeitig die Frage stellen, ob nicht auch physisches Vermögen wie Edelmetalle Teil der Strategie sein kann, als Absicherung gegen weltwirtschaftliche Unsicherheit. In dieser Kombination aus Recht, Transparenz und Sachwert‑Intelligenz liegt die Chance für eine zukunftstaugliche Anlegerstrategie.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
23. Jahrgang - Nr. 11976 vom 27. November 2025 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich