Bundesgerichtshof kündigt Entscheidung zum 15. Januar 2015 an
Jede Zeit hat ihre bankrechtlichen Streitigkeiten, die gesellschaftliche Ereignisse nachzeichnen. Der Niedergang des Neuen Marktes 2001 sorgte für Gerichtsentscheidungen, die die Grundsätze anlegergerechten Verhaltens präzisierten. Die steuergetriebenen Medienfonds der Jahre 2000 bis 2004 sind bereits seit Jahren Gegenstand zahlreicher Urteile. Noch vor der Finanzkrise wurden zahlreiche Zins- und Währungs-Swap-Verträge abgeschlossen, die wegen der bis dahin noch geltenden kurzen Verjährungsfrist des § 37a des Wertpapierhandelsgesetzes alte Fassung zur Vermeidung einer Verjährung seit etwa 2012 die Gerichte der Republik überschwemmen
Zinsswap
Zinsswaps sind außerbörsliche Finanztermingeschäfte, die in der Regel an Kreditgeschäfte anknüpfen und faktisch eine nachträgliche Zinsanpassung ermöglichen, ohne den Darlehensvertrag zu verändern. Zwar bleiben die Zinszahlungen wie vertraglich vereinbart erhalten. Im Swap-Vertrag vereinbaren die Parteien jedoch ergänzend den geregelten Austausch von Zinszahlungen, die sich auf einen identischen (fiktiven) Kapitalbetrag beziehen und sich regelmäßig in der Art der Verzinsung (fest/variabel) unterscheiden. „Geswapt“ werden kann hierbei grundsätzlich jeder Zinssatz gegen einen anderen, wobei in der Praxis der Tausch einer variablen Zinsbasis gegen einen festen Zinssatz überwiegt (z.B. ein 6-Monats-Libor gegen einen 5-Jahres-Festzinssatz). Um ein unnötiges Hin- und Herzahlen zu vermeiden, wird in der Regel im Swap eine Saldierungsabrede getroffen, wonach nur derjenige zu zahlen hat, deren Zinsanspruch gegen den anderen geringer ist.
Von „einfachen Swaps“ in diesem Sinne sind komplexe „Spread-Ladder-Swaps“ zu unterscheiden, bei denen Bank und Kunde eine Wette auf den Abstand (Spread) zwischen zwei Zinssätzen abschließen. Dass dies hochkomplex und das Risiko für Nicht-Bänker kaum zu überblicken ist, verdeutlicht hier bereits die Formel für dieses Geschäft: „Zinssatz der Vorperiode + vereinbarter konstanter Faktor x (Mindestzinssatz [„Strike“] – Zinssatz 2 – Zinssatz 1)“.
Grundsatz-Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu CMS Spread Ladder-Swaps
Entsprechend hoch sind bei Spread-Ladder-Swaps die Anforderungen an eine anlegergerechte Beratung, wie der Bundesgerichtshof in seinem Grundsatzurteil vom 22.03.2011 (XI ZR 33/10) hierzu feststellte: Im dortigen Fall empfahl die Deutsche Bank einen CMS Spread-Ladder-Swap, bei dem sie mit der Kundin eine Wette auf den Abstand zwischen einem kurzfristigen und einem langfristigen Zinssatz bezogen auf die gleiche Bezugsgröße einging: Die Deutsche Bank verpflichtete sich, bezogen auf einen Betrag von 2.000.000 Euro über fünf Jahre halbjährlich Zinsen iHv 3 % pro Jahr zu zahlen; die Kundin hatte bezogen auf die gleiche Summe im ersten Jahr 1,5 % Zinsen zu zahlen, danach einen variablen Zinssatz in Abhängigkeit der Entwicklung des Zinsabstands zwischen dem Zehn- und Zweijahres-Swap-Mittelsatzes auf Euribor-Basis. Zu Lasten der Kundin rechnete die Bank hierbei einen negativen Marktwert von ca. 4 % zu Beginn ein (ca. 80.000 EUR), quasi ihre Gebühr für die Kapitalanlage, worauf sie die Kundin nicht hinwies. Aufgrund einer negativen Zinsentwicklung entwickelte sich das Geschäft weiter zu Lasten der Kundin, die das Geschäft schließlich durch Zahlung des für sie negativen Marktwertes von 566.850 EUR auflöste.
Der Bundesgerichtshof sprach ihr (unter Anrechnung der zu Beginn zu ihren Gunsten erhaltenen Zinszahlungen) den begehrten Schadensersatz iHv 541.074 Euro zu, habe die Deutsche Bank die Kundin doch nicht anlegergerecht beraten. So müsse die Bank vor der Empfehlung die Risikobereitschaft des Anlegers erfragen und dann durch die Aufklärung gewährleisten, dass der Anleger im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissensstand hat wie die ihn beratende Bank, weil ihm nur so eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber möglich ist, ob er die ihm angebotene Zinswette annehmen will. Bei einem CMS Spread-Ladder-Swap-Vertrag müsse die beratende Bank zudem über den negativen Marktwert aufklären, den sie in die Formel zur Berechnung der variablen Zinszahlungspflicht des Anlegers einstrukturiert hat, weil dieser Ausdruck ihres schwerwiegenden Interessenkonflikts ist und die konkrete Gefahr begründet, dass sie ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt.
Diese Entscheidung stärkte die Rechte von Bankkunden, auch wenn sie angesichts des typischen Adressatenkreises von Zinsswap-Geschäften (Kommunen und besser betuchte Geschäftsleute) nur selten als Ausdruck des Verbraucherschutzes bezeichnet wurde. Die Folge war eine Welle neuer Klagen mit vielfältigen Swap-Geschäften, bei denen die Kunden zumeist nur auf diese Grundsatzentscheidung verwiesen.
Cross-Currency-Swaps
Unter den vor die Gerichte gebrachten Geschäften waren und sind zunehmend auch Cross-Currency-Swaps. Bei diesen Finanztermingeschäften werden ein Währungs-Swap und ein Zinsswap zu einem Geschäft kombiniert: Im Rahmen eines Währungs-Swaps vereinbaren die Parteien den Austausch zweier Nominalbeträge unterschiedlicher Währungen zu Beginn und zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit. Hierneben verpflichten sich die Parteien zum Tausch von Zinsen auf die getauschten Währungssummen. Auch hier wird, da die Finanzdienstleistung für den Kunden nicht kostenlos ist, eine Marge der Bank eingerechnet, die erst verdient werden muss, bevor der Kunde einen Gewinn macht.
Sachverhalt des aktuellen Geschäfts
Dies sei verdeutlicht am Sachverhalt, über den der Bundesgerichtshof nun zu entscheiden hat: Ein 48-jähriger Geschäftsmann, der seit drei Jahren Erfahrungen in Fremdwährungsdarlehen hatte, wandte sich an eine Sparkasse mit dem Wunsch nach Abschluss eines Cross-Currency-Swap-Vertrages; hierzu nannte er das gewünschte Währungspaar Türkische Lira (TRY) und Schweizer Franken (CHF). Daraufhin stellten Mitarbeiter der Sparkasse dem Geschäftsmann und seiner Tochter anhand von präsentationsunterlagen das Geschäft vor. Hierbei unterzeichnete der Geschäftsmann das Formular „Kundenangaben“, wo er als Vermögen Geld- und Wertpapiervermögen 700.000 Euro und weiteres Vermögen ,1 Millionen Euro, Zweck: „CCS-Swap“, „Risikobereitschaft: Spekulativ zur Erzielung möglichst hoher Renditen haben Sie die Bereitschaft in Wertpapiere zu investieren, die hohen Verlustrisiken und erheblichen Kursschwankungen unterliegen“. Darauf unterzeichnete er den ihm vorgelegten Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte und einen Cross-Currency-Swap-Vertrag mit der Landesbank Baden-Württemberg. In diesem verpflichtete sich die Landesbank, an den Geschäftsmann über drei Jahre an zwölf festgelegten Terminen Zinsen iHv 15,66 % pro Jahr auf einen Betrag von 900.735 Türkische Lira zu zahlen; der Geschäftsmann verpflichtete sich, an die zwölf festgelegten Terminen Zinsen iHv 3,6 % pro Jahr auf einen Festbetrag von 795.000 Schweizer Franken zu zahlen. Bei Laufzeitende sollten die Landesbank dem Kunden die 900.735 Türkische Lira und der Kunde der Bank die 795.000 Schweizer Franken zahlen. Nachdem der Geschäftsmann das Fremdwährungskonto, auf dem die Zahlungen der Landesbank eingingen, zur Sicherheit an die Sparkasse verpfändet und einen Avalkredit über 150.000 Euro für die Risikolinie des Swap-Vertrages vereinbart hatte, wertete die Türkische Lira gegenüber dem Schweizer Franken ab, so dass sich der Wert des Currency-Swap-Vertrages zu Lasten des Geschäftsmannes verschob. Die Sparkasse forderte ihn daher zu weiteren Sicherheiten auf. Als er dem nicht nachkam, stellte die Bank den Currency Swap-Vertrag glatt, verwertete das Guthaben von 269.944,92 Türkische Lira (108.848,76 Euro) und belastete ein anderes Konto des Geschäftsmannes mit dem offenen Differenzbetrag von 180.151,24 Euro.
Mit seiner Klage begehrt der Geschäftsmann von der Sparkasse die Zahlung dieses Betrages sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtliche weiteren zukünftigen Schäden aus dem Currency Swap-Vertrag zu ersetzen, da er falsch beraten worden sei.
Grundsätze anlage- und anlegergerechter Beratung
In seinem „Bond“-Urteil stellte der Bundesgerichtshof (Urteil vom 6.7.1993 – XI ZR 12/93) die Grundsätze anlage- und anlegergerechter Beratung auf: „Eine Bank hat bei der Anlageberatung den – gegebenenfalls zu erfragenden – Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft zu berücksichtigen („anlegergerechte” Beratung); das von ihr danach empfohlene Anlageobjekt muss diesen Kriterien Rechnung tragen („objektgerechte” Beratung).“ Der Umfang der Beratungspflichten hängt also von einer Vielzahl von Faktoren ab. „Zu den Umständen in der Person des Kunden gehören insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft; zu berücksichtigen ist also vor allem, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt und welches Anlageziel der Kunde verfolgt. Die Kenntnis von solchen Umständen kann die Bank aus langjährigen Geschäftsbeziehungen mit dem Kunden gewonnen haben; verfügt sie nicht über entsprechendes Wissen, muss sie Informationsstand und Anlageziel des Kunden erfragen. Die Beratung hat sich daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten, also “anlegergerecht” sein. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben“ (Bundesgerichtshof, Urteil vom 6.7.1993 – XI ZR 12/93).
Entscheidungsgründe der Vorinstanzen
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze wiesen das Landgericht Nürnberg-Fürth (Urteil vom 28.09.2012 – 10 O 7990/11) und das Oberlandesgericht Nürnberg (Urteil vom 19.08.2013 – 4 U 2138/12) die Klage ab: Die Sparkasse sei ihrer Pflicht zur anlegergerechten Beratung nachgekommen. So ermittelte sie über den Fragebogen Wissensstand und Risikobereitschaft sowie Anlageziel des Kunden sowie seine wirtschaftlichen Verhältnisse, angesichts derer Cross-Curreny-Swap-Geschäfte anlegergerecht gewesen seien. Zudem habe die Sparkasse anlagegerecht (produktgerecht) beraten. Angesichts der Vorkenntnisse und Erfahrungen des Kunden, von dem die Initiative ausging, habe die Sparkasse nur die Funktionsweise und das Wechselrisiko bis hin zum hohen Verlustrisiko erläutern müssen. Darüber hinaus gehende Aufklärungspflichten bestünden anders als beim CMS Spread-Ladder-Swap, der ein „hochkomplexes und für den durchschnittlichen Anleger ohne detaillierte Aufklärung nicht zu durchschauendes synthetisch konstruiertes Finanzprodukt“ sei (Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 19.08.2013 – 4 U 2138/12), beim eher einfach gehaltenen Cross-Currency-Swap mit „symmetrischer Risikostruktur“ nicht; insbesondere müsse nicht auf den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für den Kunden bestehenden negativen Marktwert aufgeklärt werden.
Rechtsprechung anderer Untergerichte
Mit diesen Entscheidungen widersprachen die Instanzgerichte anderen untergerichtlichen Urteilen zu Cross-Currency-Swaps. So wies das Landgericht Neuruppin zwar mit Urteil vom 5.9.2013 (5 O 88/12) die Klage einer Kommune als Anleger ab, jedoch nur, weil die Grundsätze des Bundesgerichtshofs zu CMS Spread-Ladder-Swap nur auf Banken, nicht auf selbstständige Berater anwendbar, die von der eingepreisten anfänglichen negativen Marktsituation selbst nicht profitieren und somit – anders als eine Bank – nicht in einem „schwerwiegenden Interessenskonflikt“ stehen könnten, einerseits den Kunden zu beraten, andererseits durch den anfänglich negativen Marktsituation für den Kunden selbst zu profitieren.
In diesem Sinne hat bereits das Landgericht Passau (Schlussurteil vom 9.12.2011 – 4 O 877/10) die Grundsätze des CMS Spread Ladder-Swaps auf den Fall eines Cross-Currency-Swaps übertragen:
„Zu Recht hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 22.03.2011 (NJW 2011, 1949) in diesem negativen Marktwert nicht nur die Realisierung einer Marge der Beklagten bei einem von ihr angebotenen Produkt („Zinswette“) angenommen, sondern gesehen, dass dieser negative Marktwert zu einem Interessenkonflikt der Beklagten führt, weil die Interessen der Klägerin auf deren Gewinnmaximierung, die die Beklagte aufgrund des Beratungsvertrages beachten muss, denen auf die eigene Gewinnmaximierung im Hinblick auf das zu schließende Geschäft – eine Wette – diametral gegenüberstehen. Da der Marktwert, aufgrund von Simulationsmodellen errechnet, das Risiko widerspiegelt, das dem Geschäft aus Sicht aller Marktteilnehmer zugrunde liegt, bedeutet ein – wie auch immer kalkulierter – negativer Marktwert, dass die Beklagte ihre Rolle als Beraterin der Klägerin dahingehend, dass sie auf einen möglichst hohen Gewinn der Klägerin bedacht ist, im Moment der Geschäftsanbahnung verlassen hat, weil sie sich im Ausgangspunkt der Zinswette nicht nur bereits einen Vorteil zum Nachteil ihres Kunden errechnet hat, sondern diesen durch das unmittelbar anschließende Hedgen nahezu zeitgleich auch realisieren wollte. Daraus folgt, dass die Beklagte über den negativen Marktwert, gleich wie er zustande gekommen ist, gleich in welcher Höhe er besteht, schon deshalb aufklären muss, um der Klägerin die Beurteilung zu ermöglichen, ob sie das Geschäft trotzdem tätigt, weil sie, wie die Beklagte behauptet, in dem negativen Anfangsmarktwert lediglich die Marge widergespiegelt sieht, die sie der Beklagten zugesteht, oder ob die Beklagte mit der Strukturierung nur eigene Interessen verfolgt, die den Interessen der Klägerin an Gewinnmaximierung entgegenstehen, und nur deshalb von dem Geschäft nicht abrät. Den Beratungsvertrag kann die Beklagte nur erfüllen, wenn sie den Interessenkonflikt offenlegt.“
Und auch das Oberlandesgericht München (Hinweisbeschluss vom 29.03.2012 – 5 U 216/12) entschied (amtliche Leitsätze):
„1. Beim Abschluss von Cross Currency Swap (CCS) – Verträgen ist der Kunde detailliert über die Entwicklungspotenziale, also über Prognosen, hinsichtlich der beiden beteiligten Volkswirtschaften, aber auch hinsichtlich drohender, wirtschaftlich eigentlich nicht fundierter Einflussnahmen („freies Spiel der Finanzmärkte“) aufzuklären. Der Kunde muss darüber belehrt werden, dass er die Erfolgsaussichten des Geschäfts nicht allein auf der Grundlage seiner eigenen Erkenntnisse einschätzen kann, sondern dass er hierfür die Ergebnisse von anerkannten Bewertungsmodellen benötigt. Die Bank muss dem Kunden den im Wesentlichen identischen Kenntnisstand vermitteln, der auch bei ihr vorhanden ist.
2. Diese Aufklärung hat nicht allgemein, sondern für jedes Swap-Konstrukt gesondert zu erfolgen, und zwar sowohl hinsichtlich des Verhältnisses der beiden Währungen (insbesondere in der Zukunft) zueinander, als auch hinsichtlich der beiden Zinssätze (gleichfalls in die Zukunft hinein betrachtet).
3. Sollte dies aus tatsächlichen Gründen unmöglich sein (etwa weil verlässliche Prognosen nicht zur Verfügung stehen), hat eine unmissverständliche Aufklärung des Kunden darüber zu erfolgen, dass er sich an einem Glücksspiel beteiligt.“
Wie wird der Bundesgerichtshof entscheiden?
In der Wissenschaft wird heftig diskutiert, wie der Bundesgerichtshof entscheiden wird, insbesondere ob er die Grundsätze des CMS Spread-Ladder Swap-Urteils auf den Cross-Currency-Swap-Fall übertragen oder aufgrund der geringeren Komplexität von Cross-Currency-Swaps vielmehr eigenständige Grundsätze aufstellen wird.
Hierzu Rechtsanwalt Dr. Erik Kraatz von der Kanzlei Dr. Schulte und sein Team mbB in Berlin: „Auf den ersten Blick standen bereits die Grundsätze zur Aufklärung über den negativen Marktwert von CMS Spread-Ladder-Swaps im Widerspruch zur Rechtsprechung zu Rückvergütungen und Innenprovisionen. Über derartige müssen Bankberater zwar aufklären, bei Innenprovisionen aber erst ab einer Schwelle von 15 % des Anlagekapitals, bestünde darunter doch – wie es der frühere Vorsitzende des 11. Zivilsenats des Bundesgerichts Nobbe ausdrückte – „kein anrüchiger Charakter“. Bei CMS Spread-Ladder-Swaps wurde es nur deshalb – zu Recht – anders entschieden, da dort die Marge in Form eines negativen Marktwerts über die dort bestehende Leiter- und Hebelwirkung noch verstärkt und perpetuiert wird und deren Umfang für den Kunden nur schwer nachvollziehbar ist. Bei den deutlich einfacher konstruierten Cross-Currency-Swaps erscheint dies nicht der Fall, so dass sich die Stimmen mehren, die Grundsätze des CMS Spread Ladder Swap-Urteils – im Sinne der Vorinstanzen – nicht auf den vorliegenden Fall zu übertragen.
Dies wäre meines Erachtens aber zu kurz gedacht. Denn ein Cross-Currency-Swap suggeriert einen fairen Währungs- und Zinsaustausch zwischen Kunde und Bank, bei dem die Bank mit dem Kunden wettet und allenfalls bei einem Ausgehen zu ihren Gunsten profitiert. Für einen Kunden ist es daher keineswegs selbstverständlich, dass die Wette von Anfang an für ihn nachteilig konstruiert ist und die Bank sich eine zusätzliche Ertragsmöglichkeit geschaffen hat, die bereits vor der ersten Zahlung besteht. Diese Risikoverschiebung trotz suggeriertem reinen Austausch ist es, über den Kunden an sich aufgeklärt werden müssen. Ausnahmen hiervon sind einzig bei einem entsprechenden Wissensstand des Kunden hierüber möglich, wovon sich die Bank nachvollziehbar zu überzeugen und dies im Gerichtsprozess zu beweisen hat. Inwieweit hier die Vorkenntnisse von Fremdwährungskrediten sowie dass der Kunde die Idee zu diesem Geschäft hatte (und man daher annehmen kann, er habe sich bereits vorab informiert, wie dieses Geschäft abläuft), ausreichen, kann getrost bezweifelt werden, wird aber den konkreten Fall entscheiden.“
Fazit
Wie der Bundesgerichtshof auch entscheiden wird, die Entscheidung wird wegweisenden Charakter haben für die vielen Klagen mit Schäden im zweistelligen Millionenbereich. Es ist zu hoffen, dass der Bundesgerichtshof hier unabhängig vom konkret zu entscheidenden Fall den Bänkern allgemeine Grenzen aufzeigt, damit deren Grundhaltung sich ändert, die so langsam wieder bei der „Zocker-mentalität“ vor der Finanzkrise angekommen ist. Oder wie es der Wirtschaftsprofessor Dr. Martin Faust von der Frankfurt School of Finance & Management in einem Interview zum CMS Spread-Ladder-Urteil ausdrückte: „Die Branche neigt dazu, ihren Spielraum auszureizen. Man wartet im Zweifel auf den Regulierer oder die Gerichte.“ Warten wir gemeinsam auf neue (hoffentlich kundenfreundliche) Grenzen.