Inso-Verw! Das Schweigen im Walde

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

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Gerichtsgebäude / Pixabay

Wem ein Insolvenzverwalter Auskunft geben muss
 
Neben den Unwägbarkeiten, die für die Gläubiger mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ohnehin verbunden sind, droht während der Insolvenzverwaltung oftmals weiterer Ärger. Schuld daran ist zumeist eine unbefriedigende Informationslage.

Die deutsche Insolvenzordnung regelt das Problem der Auskunftserteilung relativ eindeutig: Der Schuldner hat gegenüber dem Insolvenzverwalter überhaupt kein Auskunftsrecht. Vielmehr verfügt der Insolvenzverwalter über umfangreiche Auskunftsrechte. Auch der einzelne Gläubiger hat gegenüber der Insolvenzverwaltung nahezu keinerlei Auskunftsrechte. Die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers scheint einleuchtend. Der Insolvenzverwalter soll seine Zeit schließlich nicht mit der Beantwortung unzähliger Anfragen verbringen, vielmehr soll er das Vermögen des Schuldners bestmöglich und effektiv verwerten – im Sinne der Gläubiger.
So ist der Insolvenzverwalter lediglich verpflichtet, den Organen der Gesamtheit der Gläubiger – wie Gläubigerausschuss und -versammlung – Rede und Antwort zu stehen. Darüber hinaus ist er nur dem Insolvenzgericht zur Berichterstattung verpflichtet. Dieses ordnet üblicherweise an, dass der Insolvenzverwalter halbjährlich zu berichten hat. Auf dem Umweg über das Insolvenzgericht können sich dann auch die einzelnen Gläubiger und der insolvente Schuldner Informationen beschaffen, indem sie die Insolvenzakte einsehen. Wenn der Insolvenzverwalter ein kollegiales Verhältnis zum Insolvenzgericht hat, was in aller Regel der Fall ist – sonst hätte ihn das Gericht nicht als Insolvenzverwalter eingesetzt – ist er eigentlich jeder Kontrolle über seine Tätigkeit enthoben.
Ausgenommen des halbjährlichen Berichts an das Insolvenzgericht und – was eher die Ausnahme darstellt – einem Bericht gegenüber einer einberufenen Gläubigerversammlung, sieht das Gesetz weitergehende Informationspflichten einzelnen Gläubigern gegenüber nur in den §§ 166 und 167 der Insolvenzordnung vor. In diesen Fällen handelt es sich um Gläubiger, die entweder ein „Sicherungsrecht an einer beweglichen Sache“ innehaben oder denen eine Forderung sicherungshalber abgetreten wurde. Das Gesetz spricht davon, dass diesen Gläubigern auf deren Verlangen Auskunft über den Zustand der Sache oder der Forderung zu erteilen sei. Ersatzweise kann der Insolvenzverwalter diesen Gläubigern auch gestatten, Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere des Schuldners zu nehmen bzw. die Sache zu besichtigen. Abgesehen von diesen Ausnahmen können sie aber nichts beeinflussen.
Da es aber weder Schuldner noch Bürgen gleichgültig sein kann, ob der Insolvenzverwalter wirklich bestmöglich verwertet, müssen sie nach anderen Wegen suchen, um größeren Einblick in die Vorgänge zu gewinnen. Mit etwas Geschick und Fingerspitzengefühl lässt sich hier einiges machen.
Sowohl Schuldner als auch Bürge haben der vollstreckenden Bank gegenüber Auskunftsrechte. Um mit der Bank ins Gespräch zu kommen, können sie beispielsweise nachfragen, welche Beträge ihren Konten aufgrund der Verwertungsmaßnahmen des Insolvenzverwalters gutgeschrieben wurden oder sie thematisieren, dass ein Erlös überhaupt noch nicht verbucht worden sei, obwohl doch schon vor längerer Zeit verwertet worden sei. Damit findet die Bank in einer Situation, die sie zwingt, diesen Vorgängen nachzugehen. Genauer gesagt, dass der zuständige Sachbearbeiter diesen Vorgängen nachgehen muss, obwohl er derartig viel zu tun hat, dass sich sein Schreibtisch unter den Akten biegt.
In dieser Situation sollte das Angebot vom Schuldner bzw. Bürgen kommen, die Dinge mit dem Insolvenzverwalter direkt abzuklären, Bank, Schuldner und Bürge sitzen schließlich im selben Boot, da alle an einem hohen Insolvenzertrag interessiert. Die Bank verfügt dann über die Möglichkeit, den Schuldner oder Gläubigern gemäß §§ 166 und 167 Insolvenzordnung zu ermächtigen, alle erforderlichen Auskünfte beim Insolvenzverwalter einzuholen.
Sollte die Bank auf dieses Angebot nicht anspringen und sich von den Sorgen der Betroffenen vielmehr unberührt zeigen, so verbleibt die Möglichkeit, die in vielen Fällen eingeschaltete Bürgschaftsbank zu informieren und um Hilfe zu bitten. Sie hat neben dem privaten Bürgen als öffentlich-rechtliche Bank den Kreditausfall letztlich zu tragen und ist deswegen äußerst interessiert, dass es zu keinem Kreditausfall kommt. Ganz im Gegensatz zu der Geschäftsbank, der das in vielen Fällen schlichtweg egal ist, weil sie wie erwähnt über die Bürgen verfügt und ihre Risiken von der Bürgschaftsbank aufgefangen weiß.

Dr. Thomas Schulte

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Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 190 vom 3. Januar 2007 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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