Sinnlos

Interview mit Dr. Thomas Schulte: Die Bedeutung von Zeugenaussagen in Gerichtsprozessen

Interview mit Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte aus Berlin, über die Bedeutung von Zeugenaussagen in Gerichtsprozessen. Fragen werden gestellt von Maximilian Bausch.

Frage 1: Dr. Schulte, in Ihrem Text sprechen Sie darüber, wie Zeugenaussagen in Gerichtsprozessen eine entscheidende Rolle spielen. Können Sie uns genauer erläutern, wie wichtig Zeugenaussagen wirklich für den Ausgang eines Prozesses sind?

Dr. Thomas Schulte: Sicher, Maximilian. Zeugenaussagen sind von absolut zentraler Bedeutung für den Ausgang eines Gerichtsprozesses. Sie dienen dazu, Informationen aus erster Hand bereitzustellen, die oft entscheidend sind, um den Sachverhalt eines Falles zu klären. Da Richter normalerweise nicht persönlich an den Orten des Geschehens waren, sind sie auf die Aussagen von Zeugen angewiesen, um sich ein Bild von den Ereignissen zu machen. Die Qualität und Glaubwürdigkeit dieser Aussagen können daher den Unterschied zwischen einem Freispruch und einer Verurteilung oder zwischen einem gewonnenen und einem verlorenen Zivilprozess ausmachen.

Amtsermittlungsgrundsatz und Beibringungsgrundsatz

Frage 2: Sie haben in Ihrem Text den Amtsermittlungsgrundsatz und den Beibringungsgrundsatz erwähnt. Könnten Sie diese beiden Ansätze im juristischen Kontext genauer erläutern und wie sie sich auf die Ermittlung des Sachverhalts auswirken?

Dr. Thomas Schulte: Natürlich, Maximilian. Der Amtsermittlungsgrundsatz und der Beibringungsgrundsatz sind zwei grundlegende Prinzipien, die die Herangehensweise von Richtern bei der Ermittlung des Sachverhalts in verschiedenen Arten von Gerichtsverfahren definieren.

Der Amtsermittlungsgrundsatz, wie er im Strafprozess angewendet wird, bedeutet, dass der Richter aktiv dazu verpflichtet ist, von Amts wegen Tatsachen aufzuklären, nachzuforschen und nachzufragen, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Dies zeigt sich beispielsweise in der aktiven Rolle des Richters bei der Befragung von Zeugen und der Suche nach Beweismaterial.

Im Zivilprozess hingegen gilt der Beibringungsgrundsatz. Hier müssen die Parteien den Sachverhalt selbst darlegen und vorlegen, um vom Gericht entschieden zu werden. Der Richter stützt sich in diesem Fall primär auf das, was die Parteien vorbringen, und nimmt weniger eigene Ermittlungen vor.

Wahrheit und Lüge?

Frage 3: In Ihrem Text haben Sie die Tatsache erwähnt, dass im Strafprozess der Angeklagte lügen kann, während dies im Zivilprozess nicht erlaubt ist. Wie beeinflusst diese Unterscheidung die Dynamik eines Prozesses und die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen?

Dr. Thomas Schulte: Die Möglichkeit für den Angeklagten, im Strafprozess zu lügen, kann die Dynamik eines Prozesses erheblich beeinflussen. Dies hat zur Folge, dass der Richter oft dazu gezwungen ist, intensiv nach Beweisen zu suchen, um die Wahrheit zu ermitteln. In solchen Fällen sind Zeugenaussagen von entscheidender Bedeutung, da sie dazu dienen können, die Glaubwürdigkeit des Angeklagten zu überprüfen und die tatsächlichen Umstände eines Verbrechens aufzudecken.

Im Zivilprozess, wo Lügen nicht erlaubt sind, liegt der Fokus eher auf der Qualität der Argumente und Beweise, die von den Parteien vorgelegt werden. Zeugenaussagen spielen auch hier eine entscheidende Rolle bei der Klärung des Sachverhalts und der Ermittlung der Wahrheit, ohne dass die Parteien selbst lügen dürfen.

Beurteilung von Zeugenaussagen

Frage 4: Sie haben auf die Schwierigkeiten bei der Beurteilung von Zeugenaussagen hingewiesen, insbesondere wenn es um das menschliche Erinnerungsvermögen geht. Gibt es bewährte Methoden oder Techniken, die dazu beitragen können, die Glaubwürdigkeit von Zeugen zu überprüfen?

Dr. Thomas Schulte: Ja, es gibt tatsächlich bewährte Methoden und Techniken, die dazu beitragen können, die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen zu überprüfen. Eine davon ist die Fragestellung. Die Art und Weise, wie Fragen gestellt werden, kann entscheidend sein, um Lügen aufzudecken. Fragen zu Details und zum chronologischen Ablauf des Geschehens können dazu führen, dass Lügner in Widersprüche geraten.

Auch die Körpersprache und die Selbstbelastung der Zeugen können wichtige Hinweise auf die Wahrheit ihrer Aussagen geben. Allerdings ist die Interpretation von Körpersprache nicht immer eindeutig und sollte mit Vorsicht behandelt werden.

Frage 5: Abschließend, wie können Richter in Gerichtsverfahren sicherstellen, dass Zeugenaussagen angemessen gewürdigt werden und die Wahrheit ans Licht kommt?

Dr. Thomas Schulte: Richter stehen vor der Herausforderung, die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen in Einklang mit den vorhandenen Beweisen zu bringen. Sie sollten sich auf die Ermittlung der Richtigkeit der Angaben konzentrieren und nicht nur auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Jeder Fall ist einzigartig, und die Richter müssen die Beweise im Einzelfall sorgfältig bewerten.

Es ist wichtig, dass Richter unvoreingenommen und neutral vorgehen und keine Vorurteile gegenüber Zeugen haben. Dies kann dazu beitragen, die Qualität der Entscheidungen zu verbessern und sicherzustellen, dass die Wahrheit ans Licht kommt.

Frage 6: Vielen Dank, Dr. Schulte, für Ihre ausführlichen Einblicke in die Rolle von Zeugenaussagen in Gerichtsprozessen und die verschiedenen Aspekte, die dabei eine Rolle spielen.

Dr. Thomas Schulte: Ich danke Ihnen, Maximilian, für die tiefgehenden Fragen. Zeugenaussagen sind ein faszinierendes und komplexes Thema im Bereich des juristischen Verfahrens, und es ist wichtig, sie richtig zu verstehen und angemessen zu bewerten.

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Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 8880 vom 11. September 2023 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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