Grund ist Datenschutz im deutschen Schufa-Recht, von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt in Berlin
Wer so viel Macht hat wie die Schufa, der muss auch haften, wenn er Fehler macht. Der Gedanke liegt nahe. Ein falscher Schufa-Eintrag kann große Schäden verursachen, weil dann die “Kreditehre” gefährdet ist. Die Kreditehre hat der Gesetzgeber schon vor 124 Jahren gesehen und den § 824 Bürgerliches Gesetzbuch geschaffen. Die Kreditehre wurde lange nur gegen vorsätzliche böse Taten geschützt. Wie ein vorsätzliches Foul. Jetzt werden auch mehr fahrlässige Schäden (also versehentliche Tritte gegen das Knie) erstattet. Das hat allerdings bis 2018 gedauert. Die Europäische Union hob in dem Jahr die Datenschutzgrundverordnung aus der Taufe. Mit ihrer Macht ist die Schufa zum Schiedsrichter aufgestiegen. Wenn die Schufa Holding AG eine Rote Karte gibt, heißt es raus aus dem Supermarkt des Kapitalismus. Wohnungsmieten, Handyverträge, Kredite sind dann nicht möglich. Diese Informationen, die in Form von sogenannten Schufa-Scores bereitgestellt werden, sind für viele Unternehmen eine wichtige Entscheidungsgrundlage bei Krediten, Mietverträgen und anderen Vertragsabschlüssen. Ein negativer Schufa-Eintrag kann daher schwerwiegende, negative Auswirkungen auf die finanzielle Situation von Verbrauchern haben.
Datenschutzrechtliche Grundlagen der Schufa
Die rechtlichen Grundlagen für die Speicherung von persönlichen Daten durch Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa sind in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) festgelegt. Die DSGVO bildet den Rahmen für die Verarbeitung personenbezogener Daten innerhalb der Europäischen Union und hat zum Ziel, den Datenschutz für alle Bürger zu vereinheitlichen und zu stärken.
Die Schufa beruft sich bei der Speicherung von Daten unter anderem auf Artikel 6 der DSGVO. Dieser Artikel beschreibt verschiedene Rechtsgrundlagen für die Datenverarbeitung, darunter:
- Einwilligung des Betroffenen (Art. 6 I a) DSGVO): Die Schufa benötigt die Einwilligung des Verbrauchers, um dessen Daten zu speichern und zu verarbeiten. Diese Einwilligung muss freiwillig, informiert und eindeutig sein. In der Praxis geschieht dies häufig bei Vertragsabschlüssen, bei denen der Verbraucher aufgefordert wird, der Datenverarbeitung durch die Schufa zuzustimmen.
- Wahrung berechtigter Interessen (Art. 6 I f) DSGVO): Die Schufa argumentiert, dass sie ein berechtigtes Interesse daran hat, die Wirtschaft vor Ausfallrisiken zu schützen, indem sie Unternehmen Informationen über die Kreditwürdigkeit potenzieller Vertragspartner zur Verfügung stellt. Diese Argumentation wird von vielen Unternehmen unterstützt, die auf Schufa-Daten angewiesen sind, um ihr Geschäftsrisiko zu minimieren.
Fehlerhafte Schufa-Einträge und Schadensersatzansprüche
Trotz der strengen Datenschutzbestimmungen kommt es immer wieder zu fehlerhaften Schufa-Einträgen. Solche Fehler können schwerwiegende Folgen für die Betroffenen haben und beispielsweise zu Ablehnungen von Kreditanträgen, Mietverträgen oder Handyverträgen führen.
Verbraucher haben in folgenden Fällen Anspruch auf Schadensersatz:
- Unberechtigter Schufa-Eintrag: Der Eintrag in der Schufa ist nachweislich falsch oder unberechtigt.
- Nachweisbarer finanzieller Schaden: Der Verbraucher hat aufgrund des fehlerhaften Eintrags einen konkreten finanziellen Nachteil erlitten. Dies kann unter anderem der Fall sein, wenn ein Kredit aufgrund eines falschen Schufa-Eintrags abgelehnt und der Verbraucher dadurch höhere Zinsen zahlen musste oder wenn ihm durch die Aufnahme in die Schufa-Datenbank der Zugang zu wichtigen Finanzdienstleistungen verwehrt wurde.
Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach dem Umfang des erlittenen Schadens und kann sowohl materielle als auch immaterielle Schäden umfassen. Zu den materiellen Schäden zählen beispielsweise entgangene Gewinne oder zusätzliche Kosten, die durch den fehlerhaften Schufa-Eintrag entstanden sind. Immaterielle Schäden, wie beispielsweise Rufschädigung oder psychische Belastungen, sind schwieriger zu beziffern, können aber ebenfalls zu Schadensersatzansprüchen führen.
Die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen bei fehlerhaften Schufa-Einträgen gestaltet sich in der Praxis oft schwierig. Die größte Herausforderung besteht darin, den Schaden in vollem Umfang zu dokumentieren und den Nachweis zu erbringen, dass der Schaden direkt durch den fehlerhaften Schufa-Eintrag entstanden ist. Gerichte haben manchmal Schadenersatz zugesprochen. Einige Tausend Euro sind drin. Im Umgang mit persönlichen Finanzen und Online-Aktivitäten gibt es einige wichtige Punkte, die Verbraucher stets im Blick behalten sollten, um unangenehme Überraschungen wie negative Schufa-Einträge zu vermeiden.
Tipps aus Sicht des Anwalts und Familienvaters
Besonders vorsichtig sollten Verbraucher bei ihren Online-Aktivitäten sein. Unüberlegte Handlungen im Internet können schnell zu unerwünschten Konsequenzen führen. Es empfiehlt sich daher, in einem klaren und ruhigen Zustand zu sein, bevor man Entscheidungen trifft oder Aktionen online ausführt. Insbesondere sollte man es vermeiden, in emotional aufgewühlten Situationen, unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, oder in Extremsituationen online tätig zu werden, da dies zu Fehlern führen kann, die langfristige Folgen haben.
Sollten finanzielle Schwierigkeiten auftreten, ist es ratsam, frühzeitig Unterstützung zu suchen. Hierbei können Familie und Freunde eine wertvolle Hilfe sein. Auch Schuldnerberatungsstellen bieten professionelle Unterstützung und können helfen, die finanzielle Situation zu stabilisieren, bevor sich größere Probleme entwickeln.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die sorgfältige Dokumentation und Aufbewahrung aller relevanten Unterlagen. Es ist entscheidend, wichtige Dokumente sicher und organisiert aufzubewahren. Ungesicherte oder nicht dokumentierte Kommunikation, wie etwa unüberlegte Anrufe bei Hotlines, sollte vermieden werden, da dies zu Missverständnissen oder sogar rechtlichen Problemen führen kann. Zudem sollten Verbraucher sich der Tatsache bewusst sein, dass sie bei einem Postdiebstahl in ihrer eigenen Wohnung haften – eine Situation, die gar nicht so selten vorkommt.
Regelmäßige Überprüfungen der eigenen Schufa-Auskunft sind ebenfalls unerlässlich. Nur wer seine gespeicherten Daten kennt, kann eventuelle Fehler erkennen und diese rechtzeitig korrigieren lassen. Eine falsche Information kann schnell zu negativen Konsequenzen führen, die vermieden werden können, wenn man regelmäßig Einsicht in die eigene Schufa-Auskunft nimmt.
Sollten ungerechtfertigte Forderungen gestellt werden, ist es wichtig, sich nicht zu scheuen, die eigenen Rechte durchzusetzen. Verbraucher sollten im Zweifel nicht zögern, rechtlichen Beistand zu suchen. Es ist jedoch entscheidend, dabei besonnen zu bleiben und stets auf saubere und korrekte Weise vorzugehen. In manchen Fällen kann es hilfreich sein, auf Verzeihen und Menschlichkeit zu setzen. Nicht jede Auseinandersetzung muss in einem langwierigen Streit enden, manchmal ist es besser, einen friedlichen Weg zu suchen. Sollte dies jedoch nicht möglich sein, bietet die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), insbesondere Artikel 21, einen Schutzmechanismus. Dieser ermöglicht es unter bestimmten Voraussetzungen, einen negativen Eintrag löschen zu lassen, wenn die Situation dies rechtfertigt.
Drohung mit negativem Schufa-Eintrag?
Sollte eine Nötigung vorliegen, beispielsweise in Form von Drohungen wie „Wenn Sie nicht zahlen, trage ich Sie in die Schufa ein“, oder wenn bewusst falsche Einträge vorgenommen werden, können Verbraucher sogar Schadensersatz geltend machen. Wiederholte Fehler oder ungerechtfertigte Forderungen, die auf Unachtsamkeit oder Boshaftigkeit beruhen, sollten nicht einfach hingenommen werden. Verbraucher haben das Recht, sich gegen solche Praktiken zu wehren und im Bedarfsfall rechtliche Schritte einzuleiten.
Eine frühzeitige Unterstützung in Krisenzeiten, die sorgfältige Dokumentation von wichtigen Unterlagen sowie eine regelmäßige Überprüfung der Schufa-Daten sind dabei ebenso essenziell wie die Wehrhaftigkeit gegenüber ungerechtfertigten Forderungen und das Wissen um die eigenen Rechte.