Schufa-Panikmache durch Stromversorger für illegal erklärt - Dr Thomas Schulte

Schufa-Panikmache durch Stromversorger für illegal erklärt

Urteil aus Berlin stärkt Verbraucherschutz gegen Drohgebärden von Energiekonzernen

Das Landgericht Berlin II hat in einem aktuellen Verfahren ein deutliches Signal in Richtung Verbraucherschutz gesendet: Die Androhung eines Schufa-Eintrags durch Stromanbieter, ohne rechtliche Grundlage, wurde für unzulässig erklärt. Im Fokus stand das Unternehmen Voxenergie, das mit aggressiven Mahnschreiben und Einschüchterungstaktiken versuchte, Kundenzahlungen zu erzwingen. Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte geklagt – und obsiegte. Ein Versäumnisurteil bestätigte die Rechtswidrigkeit des Vorgehens und setzt damit einen klaren Maßstab für die Zulässigkeit von Forderungsschreiben.

Der Hintergrund: Verbraucher hatten Mahnungen von Voxenergie erhalten, in denen unverhohlen mit Inkasso und einem negativen Schufa-Eintrag gedroht wurde. In vielen Fällen war unklar, ob überhaupt ein rechtsgültiger Vertrag abgeschlossen oder eine korrekte Abrechnung vorlag. Anstatt sich auf rechtlich saubere Wege zu stützen, versuchte der Anbieter, über die Angst vor finanziellen Nachteilen Druck aufzubauen. Genau das rügte nun das Landgericht mit weitreichender Wirkung über den Einzelfall hinaus.

Versäumnisurteil mit Signalwirkung

Weil Voxenergie in der Verhandlung nicht erschien und keine Verteidigung einreichte, entschied das Gericht per Versäumnisurteil. Das bedeutet: Das Gericht prüft ausschließlich die Argumentation der klagenden Partei – in diesem Fall der Verbraucherzentrale – und entscheidet auf dieser Grundlage. Versäumnisurteile gelten als vollwertige Urteile mit sofortiger Wirkung. Innerhalb von zwei Wochen ist ein Einspruch möglich. Erfolgt dieser nicht, wird das Urteil rechtskräftig und vollstreckbar. In der Praxis bedeutet das: Der Stromanbieter darf entsprechende Drohungen in seiner Mahnkommunikation nicht mehr verwenden – andernfalls drohen Ordnungsgelder oder weitere gerichtliche Schritte.

Warum ein Schufa-Eintrag ein so empfindliches Druckmittel ist, lässt sich leicht nachvollziehen. Negative Vermerke in der Schufa-Auskunft führen häufig dazu, dass Kreditinstitute Kredite verweigern, Mobilfunkverträge abgelehnt werden oder Wohnungsgesellschaften potenzielle Mieter ausschließen. Der Eintrag wirkt damit existenzbedrohend, auch wenn die zugrunde liegende Forderung zu Unrecht erhoben wurde. Genau deshalb hat der Gesetzgeber klare Regeln formuliert, wann ein solcher Eintrag zulässig ist.

Klare rechtliche Hürden für Schufa-Meldungen

Nach § 31 Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in Verbindung mit Artikel 6 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gilt: Eine Weitergabe von personenbezogenen Daten an Auskunfteien wie die Schufa ist nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt. Dazu gehören insbesondere:

  • Die Forderung muss unbestritten, fällig und tituliert oder vertraglich eindeutig sein.

  • Es müssen mindestens zwei schriftliche Mahnungen erfolgt sein.

  • Die betroffene Person muss vor der Übermittlung klar über die bevorstehende Datenweitergabe informiert worden sein.

Im Fall von Voxenergie lagen diese Bedingungen offenbar nicht vor. Die Forderungen waren nicht rechtskräftig geklärt, eine hinreichende Information über die Datenverarbeitung fehlte – und dennoch wurde mit einem Schufa-Eintrag gedroht. Genau dieses Verhalten rügte das Gericht in Berlin. Für Betroffene ist das ein wichtiges Signal: Nicht jede Drohung in einem Mahnschreiben ist automatisch rechtlich zulässig – auch wenn sie auf den ersten Blick einschüchternd wirkt.

Dr. Thomas Schulte, Vertrauensanwalt von ABOWI Law, begrüßt das Urteil ausdrücklich: „Die Drohung mit einem Schufa-Eintrag ist kein Spielzeug, sondern ein juristisch sensibles Instrument. Wer es leichtfertig einsetzt, verletzt nicht nur Datenschutzrechte, sondern riskiert empfindliche juristische Konsequenzen.“

Die Einschüchterung durch Bonitätsandrohungen ist leider gängige Praxis in Teilen der Energie- und Telekommunikationsbranche. Gerade kleinere Anbieter, die auf schnellen Zahlungseingang angewiesen sind, setzen offenbar auf psychologischen Druck, um Rückstände einzutreiben – selbst wenn die Forderung unbegründet ist oder Streit über den Vertrag besteht.

Verbraucher dürfen sich davon nicht einschüchtern lassen. Wer ein solches Mahnschreiben erhält, sollte in Ruhe prüfen, ob tatsächlich eine vertragliche Verpflichtung besteht und ob die genannten Beträge korrekt sind. Sollte Unklarheit herrschen, empfiehlt es sich, rechtlichen Rat einzuholen bei Verbraucherzentralen, spezialisierten Anwälten oder Online-Rechtsdienstleistern. Auch eine eigene Schufa-Auskunft kann Aufschluss darüber geben, ob tatsächlich Daten übermittelt wurden.

Verbraucherrecht stärken – Unternehmen in die Pflicht nehmen

Das Urteil des Landgerichts Berlin II fügt sich in eine Reihe ähnlicher Entscheidungen ein, in denen Gerichte klar Stellung für die Rechte von Verbrauchern bezogen haben. Immer mehr Richter erkennen, dass wirtschaftlicher Druck durch unlautere Mittel nicht mit geltendem Datenschutz- und Zivilrecht vereinbar ist. Für Unternehmen bedeutet das: Wer mit Drohungen arbeitet, muss sehr genau prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen wirklich erfüllt sind, sonst drohen Abmahnungen, Gerichtsprozesse und Imageschäden.

Gleichzeitig ermutigt das Urteil Verbraucher, ihre Rechte aktiver wahrzunehmen. Der Zugang zu juristischer Beratung war nie so niedrigschwellig wie heute. Viele Portale bieten vorgefertigte Musterschreiben, Auskunftsanträge oder sogar kostenlose Erstberatungen an. Wer nicht reagiert, bleibt unter Umständen lange Zeit in der Bonitätsfalle, ohne es zu wissen.

Besonders brisant: Einmal gesetzte Schufa-Einträge lassen sich zwar löschen, doch das dauert. In der Zwischenzeit können sie erhebliche Schäden anrichten, vom gescheiterten Umzug bis zur geplatzten Baufinanzierung. Umso wichtiger ist es, bereits die unrechtmäßige Drohung zu unterbinden, bevor Daten überhaupt weitergegeben werden.

Juristisch betrachtet bewegen sich viele Unternehmen in einer Grauzone, die sie bewusst ausnutzen. Dass ein Versäumnisurteil gegen ein großes Energieunternehmen wie Voxenergie ergeht, ist daher auch ein Weckruf für die gesamte Branche: Kundenkommunikation darf nicht auf Einschüchterung basieren. Transparenz, rechtlich fundierte Prozesse und der Verzicht auf automatisierte Drohkulissen gehören zu einer verantwortungsbewussten Inkassopraxis – auch im digitalen Zeitalter.

Dr. Thomas Schulte fasst zusammen: „Transparente und faire Kommunikation ist kein Luxus, sondern die Grundlage einer rechtssicheren Kundenbeziehung. Wer mit Mahnungen arbeitet, braucht Argumente, keine Einschüchterung.“

Für Verbraucherschützer ist das Urteil aus Berlin ein Etappensieg. Es zeigt: Auch gegen scheinbar übermächtige Unternehmen können juristische Mittel erfolgreich eingesetzt werden. Und für Betroffene gilt: Niemand muss sich ungerechtfertigt unter Druck setzen lassen, weder von der Schufa noch von übergriffigen Stromanbietern.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
23. Jahrgang - Nr. 11967 vom 16. Dezember 2025 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich