Haftung des Hundehalters gemäß § 833 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Unfälle mit Tieren waren früher sehr häufig. Daher hat der Gesetzgeber im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vor 120 Jahren bereits umfangreiche Haftungsnormen geschaffen. Nach § 833 Satz 1 BGB haftet der Hundehalter grundsätzlich für alle Schäden, die durch sein Tier verursacht werden. Dies gilt unabhängig davon, ob den Halter ein Verschulden trifft oder nicht. Diese Haftung wird als Gefährdungshaftung bezeichnet, weil sie auf der abstrakten Gefahr basiert, die von einem Tier ausgeht, unabhängig davon, ob der Halter tatsächlich eine Sorgfaltspflicht verletzt hat. Grundsatz: Wer sich einen Hund anschafft, haftet für Schäden.
Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Hundegesetz
Neben der Gefährdungshaftung nach § 833 BGB kann der Hundehalter auch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit spezifischen Hundegesetzen haftbar gemacht werden. § 823 Abs. 2 BGB begründet eine Verschuldenshaftung für die Verletzung eines Schutzgesetzes. Ein typisches Schutzgesetz im Kontext der Hundehaltung ist etwa das Landeshundegesetz (LHG), das für bestimmte Rassen oder Hunde mit auffälligem Verhalten besondere Auflagen festlegt. Verstöße gegen diese Auflagen, wie beispielsweise das Nichtanlegen eines Maulkorbs, kann dies eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB begründen.
Ersatzfähige Schäden
Der Geschädigte kann eine Vielzahl von Schäden geltend machen, die durch den Hund verursacht wurden. Dazu gehören:
Personenschäden: Kosten für medizinische Behandlungen, Schmerzensgeld und möglicherweise zukünftige Verdienstausfälle.
Sachschäden: Zerstörte oder beschädigte Gegenstände, wie Kleidung oder technische Geräte.
Vermögensschäden: Kosten, die durch den Ausfall von Arbeitskraft entstehen, etwa für Ersatzpersonal.
Beispiel
Stellen wir uns vor, ein Hund reißt sich während eines Spaziergangs von seiner Leine los und rennt auf die Straße, wo er mit einem Fahrradfahrer kollidiert. Der Fahrradfahrer stürzt und bricht sich den Arm. Der Hundebesitzer haftet gemäß § 833 Satz 1 BGB, unabhängig davon, ob er den Hund sorgfältig geführt hat. Sollte der Hund jedoch einer gefährlichen Rasse angehören, für die eine Leinen- oder Maulkorbpflicht besteht, und der Halter diese Pflicht vernachlässigt hat, könnte er zusätzlich nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Landeshundegesetz haftbar gemacht werden.
Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB
Eine zentrale Rolle in der Haftung des Hundehalters spielt das Mitverschulden des Geschädigten gemäß § 254 Abs. 1 BGB. Danach kann die Ersatzpflicht des Schädigers reduziert werden, wenn der Geschädigte selbst in irgendeiner Weise zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Im obigen Beispiel könnte der Fahrradfahrer etwa selbst gegen Verkehrsregeln verstoßen haben, indem er zu schnell fuhr oder keine angemessene Aufmerksamkeit walten ließ. In einem solchen Fall könnte das Gericht den Schadenersatzanspruch des Fahrradfahrers entsprechend reduzieren.
Über so einen Fall hatte auch das Oberlandesgericht Zweibrücken mit Urteil vom 28.4.2022 entschieden (Aktenzeichen: 2 U 32/21). Dem lag zugrunde, dass ein Bäckereiverkäufer einem Hund ein Geschirrtuch um den Kopf gebunden hat, um ihn wie ein “altes Mütterchen” aussehen zu lassen. Der Hund biss dem Bäckereiverkäufer in die Hand. Zwar bestand eine Gefährdungshaftung, aber aufgrund des überragenden Mitverschuldens des Bäckereiverkäufers wurde ein Schadenersatz Anspruch abgelehnt beziehungsweise wegen eines Mitverschuldens auf null gemindert.
Mitverschulden und § 840 Abs. 3 BGB
- 840 Abs. 3 BGB stellt eine Sonderregelung dar, die insbesondere bei der Gefährdungshaftung zum Tragen kommt. Diese Regelung entlastet den Tierhalter von der vollen Haftung, wenn ein Dritter ebenfalls haftet. Jedoch gilt dies nur, wenn dieser Dritte nachweislich aus einer Pflichtverletzung haftet und nicht lediglich aus einer Gefährdung heraus. So in einem Fall, der kürzlich vom Kammergericht Berlin (Urteil vom 8.8.2024 – Aktenzeichen: 8 U 158/22) entschieden wurde. Dem lag der Sturz einer Reiterin zugrunde, welcher auf das aggressive Verhalten eines Hundes zurückzuführen war. Der Hund war nicht angeleint, sodass gegen das Berliner Landeshundegesetz verstoßen wurde. Wie bereits beschrieben, handelt es sich dabei um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, sodass auch eine Haftung für nachgewiesenes Verschulden vorlag.
Das Kammergericht sprach der Reiterin (, die durch den Verfasser vertreten wurde) einen Schadenersatz in Höhe von 15.000 Euro für immaterielle Schäden zu. Das Landgericht Berlin hatte die Klage in der ersten Instanz noch vollumfänglich abgewiesen.
Wenn nun jemand nach § 823 Abs. 1 BGB aufgrund einer fahrlässigen oder vorsätzlichen Rechtsgutsverletzung haftet, tritt die Verschuldenshaftung dahinter zurück. Dies bedeutet, dass die Haftungsanteile nach §§ 254, 426 BGB zu verteilen sind, wobei das Mitverschulden des Geschädigten eine wesentliche Rolle spielt, § 840 Abs. 3 BGH.
Einbindung der Rechtsprechung
Die Rechtsprechung hat in zahlreichen Fällen klargestellt, dass das Mitverschulden bei der Haftungsverteilung zu berücksichtigen ist, vornehmlich wenn mehrere Parteien für den Schaden verantwortlich gemacht werden können. Ein klassischer Fall ist etwa die Beteiligung eines weiteren Tierhalters, dessen Hund ebenfalls in den Unfall verwickelt ist. Hier wird die Haftung gemäß § 254 BGB nach dem Grad der Verursachung und des Verschuldens aufgeteilt.
Die Haftung eines Hundehalters kann sich aus verschiedenen rechtlichen Grundlagen ergeben, primär jedoch aus § 833 BGB, der eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung begründet. Ergänzend kann eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit speziellen Hundegesetzen eintreten, wenn der Halter gegen gesetzliche Auflagen verstoßen hat. Für den Geschädigten ist es von entscheidender Bedeutung, ob und in welchem Umfang ein Mitverschulden vorliegt, da dies die Höhe des Schadenersatzes maßgeblich beeinflussen kann. Besonders in Fällen, in denen mehrere Schädiger beteiligt sind, kommt der Regelung des § 840 Abs. 3 BGB eine wichtige Rolle zu, da sie die Haftungsverteilung im Detail regelt. Die Rechtsprechung hat diese Grundsätze in vielen Fällen bestätigt und konkretisiert, was zu einer differenzierten Anwendung der Haftungsregeln führt. Gut, dass es Versicherungen für diese Schäden gibt.