Across Borders With Information zu Besuch bei den sympathischen und nahen niederländischen Nachbarn: offen, herzlich, humorvoll und bereit für jede Herausforderung. Im Interview mit dem niederländischen Anwalt / Advocaat Wouter Timmermans, von Josefine Antonia Schulte, stud. jur. aus Berlin, Deutschland.
Für die Niederländer, die einen Großteil ihres Landes dem Wasser abgerungen haben, ist erstmal alles möglich und Schwierigkeiten werden als Herausforderungen behandelt. Freiheit und Flexibilität zählen zu den zwei entscheidenden Lebensprinzipien des sympathischen und humorvollen Volkes, aber bei Diskussionen rund um Fußball kommt auch die niederländische Toleranz an seine Grenzen. Mit den Niederlanden sind die Klischees wie Tulpen, Käse und Camping eng verbunden, aber stolz sind sie auf den Ruf des cleveren und erfolgreichen Kaufmannes, den sich die Niederländer sich durch die lange Seefahrertradition fest gesichert haben. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Hierarchien in den Niederlanden deutlich flacher als in Deutschland sind. Unterschätzt werden sollte nicht die Gewichtung für eine Entscheidung, bei der zum Beispiel der Pförtner oder die Sekretärin gegebenenfalls den maßgeblichen Ausschlag geben. ABOWI – Across Borders With Information ist verabredet für eine Konversation mit dem „Grenzüberschreiter“ Wouter Timmermans, ein niederländischer Rechtsanwalt / Advocaat mit Berliner Hintergrund.
Dieses Interview ist Teil der ABOWI Interviewreihe. Ausgeschrieben für ,,Across Borders With Information“ ist es mein Ziel, Anwälte aus unseren 197 Staaten der Welt zu befragen über ihre Erfahrungen zu Globalisierung, alltägliche Schwierigkeiten und Besonderheiten im jeweiligen Rechtssystem. Was haben Anwälte aller Welt gemeinsam und was trennt sie noch heute? Eine virtuelle Weltreise durch die Rechtssysteme unserer Erde. Als Jura Studentin möchte ich lernen von Menschen, die sich für den gleichen Werdegang entschieden haben wie ich. Das mache ich durch das ABOWI – Projekt auch, um Rechtsanwälten eine Plattform zu geben, und die meist im Hintergrund agierenden und Zusammenhalter unserer Systeme ein bisschen in den Fokus zu rücken.
Die Niederlande vereinen Tradition und Moderne
Rechtsanwalt / Advocaat Wouter Timmermans ist Leiter der deutschen Abteilung der in Arnhem (deutsch Arnheim) ansässigen Kanzlei Stellicher advocaten NV und somit ein Experte auf dem deutsch-niederländischen Rechtsmarkt.
Arnhem ist die Hauptstadt der Provinz Gelderland und die Großstadt liegt am Nederrijn, einem kurzen Abschnitt des Rheins nach der Rheinteilung. Zwischen 2010 und 2018 führte Rechtsanwalt Wouter Timmermans eine deutsch-niederländische Kanzlei in Berlin. Für mich als geborene Berlinerin ist das besonders spannend. Außerdem ist Wouter Timmermans Vorsitzender des deutsch-niederländischen Businessclubs Gelderland. Spannend sind demnach auch Herrn Timmermans unterschiedliche Erfahrungen bezüglich zwei so eng verknüpfter Länder: Deutschland und die Niederlande oder wie die Deutschen zu sagen pflegten: „Holland“. Ab Anfang 2020 soll die Bezeichnung „Holland“ laut dem niederländischen Außenministerium nicht mehr angewandt werden, die Niederlande möchte offiziell nicht mehr „Holland“ genannt werden. Ein gewichtiger Grund ist, dass die Niederlande aus 12 Provinzen bestehen und Noord- und Zuid-Holland machen nur zwei von den Zwölf aus. Im neunzehnten Jahrhundert wurde „Holland“ zum Synonym der gesamten Niederlande. Schuldig dafür ist, dass nach Napoleons Sturz die beiden holländischen Provinzen den größten wirtschaftlichen Anteil am niederländischen Wohlstand erbrachten. Als traditionelle Handelsnation bürgerte sich der Begriff „Holland“ für die Niederlande international ein, aber das ist Vergangenheit.
Josefine A. Schulte: Bitte stellen Sie sich kurz vor in Bezug Name, Alter, Herkunft und wie lange Sie den Rechtsanwaltsberuf schon ausüben?
W. Timmermans: Mein Name ist Wouter Timmermans (41) und ich komme aus den Niederlanden. Seit 2005 bin ich als Anwalt zugelassen. Von 2010 bis 2018 war ich als niederländischer Anwalt bei der RAK Berlin zugelassen.
Josefine A. Schulte: Was hat Sie überhaupt dazu bewogen, Anwalt zu werden, oder hat Ihr Heimatland eventuell etwas damit zu tun?
W. Timmermans: Serien über Anwälte im Fernsehen.
Josefine A. Schulte: Was ist Ihr Schwerpunkt im Recht?
W. Timmermans: Vertragsrecht: internationale Handelsverträge.
Josefine A. Schulte: Wie ist die gesellschaftliche Anerkennung einer juristischen Laufbahn? (z.B. in Deutschland ist die gesellschaftliche Anerkennung vor allem für Menschen, die keine Kontaktstellen zu Rechtsanwälten haben, recht hoch. Es gibt sicherlich ein Stereotyp des überlegenen und reichen Anwalts).
W. Timmermans: In den Niederlanden ist das vermutlich anders, da Hierarchien hier in der Regel flacher sind und eine geringere Rolle spielen. Außerdem vermute ich, dass der Weg zum Studieren in den Niederlanden für viele eher zugänglicher ist.
Josefine A. Schulte: Mit welchen Herausforderungen sind Sie als Anwalt täglich konfrontiert?
W. Timmermans: Gute Arbeit zu liefern. Unabhängig von der inhaltlichen Arbeit ist die Akquise im Internet -viel mehr als früher- auch eine Herausforderung.
Josefine A. Schulte: Sie sind Anwalt vor Ort, aber gleichzeitig leben Sie in einer globalisierten Welt. Aber wie ist die Zusammenarbeit mit Anwälten und Mandanten außerhalb des Landes?
W. Timmermans: Ich arbeite sehr viel mit deutschen (Syndikus) Anwälten und Notaren zusammen. Und ich vertrete viele deutsche Mandanten, hautsächlich deutsche Firmen. Die Zusammenarbeit ist angenehm und gut.
Josefine A. Schulte: Wie international gut sind die Juristen in Ihrem Land sprachlich positioniert?
W. Timmermans: Das Land ist traditionell international ausgerichtet. Internationaler Transport und Export sind wichtige Bestandteile. Die Juristen haben sich auf natürlicher Weise daran angepasst. Besonders im Westen des Landes ist man sehr auf England/Amerika gerichtet. Im Osten des Landes eher auf Deutschland. In der Schule lernen die Kinder mehrere Fremdsprachen. Ich denke daher, dass die Juristen im Lande sprachlich sehr gut orientiert sind. Besonders die englische Sprache wird gut beherrscht. Die deutsche Sprache eher weniger, dann eher im Osten besser als im Westen des Landes.
Josefine A. Schulte: Wie hoch ist Ihrer Erfahrung nach die Nachfrage nach internationalen Fällen und Mandanten?
W. Timmermans: Ich arbeite im deutsch-niederländischen Markt und unsere Kanzlei befindet sich in der Grenzregion, also hoch.
Josefine A. Schulte: Welche Art von Rechtsberatung ist von Ihren internationaler Kliente sehr gefragt?
W. Timmermans: Vertragsrechtliche Angelegenheiten.
Josefine A. Schulte: Wie schätzen Sie den globalen Markt in der Zukunft ein, in Deutschland müssen Sie sich irgendwann auf ein bestimmtes Rechtsgebiet im Studium spezialisieren, halten Sie eine Spezialisierung auf internationales Recht für sinnvoll?
W. Timmermans: Ich glaube, dass wegen der immer weitergehenden Digitalisierung und Globalisierung der globale Markt immer wichtiger wird. Und auch „neue“ Märkte, wie China, Afrika und Südamerika. Eine Spezialisierung auf internationales Recht, was eigentlich nationales Recht ist (das Internationale Privatrecht der Niederlande), ist -wenn man international tätig wird, unentbehrlich.
Josefine A. Schulte: Aus Ihrer Erfahrung im Berufsleben, wie sinnvoll ist die Entscheidung für eine juristische Laufbahn? Würden Sie sich wieder dafür entscheiden?
W. Timmermans: Ob es sinnvoll ist, ist letztendlich eine individuelle Entscheidung. Ja.
Josefine A. Schulte: Was würden Sie Jura Studierenden oder Studieninteressierten raten?
W. Timmermans: Teilweise im Ausland zu studieren (Erasmus Programm / LLM). Das habe ich selbst in 2004 (an der HU / FU Berlin) gemacht und ist natürlich ein großartiges Erlebnis. Man lernt über das ausländische Recht und man trifft Studenten aus anderen Ländern.
Josefine A. Schulte: Aus Ihrer Perspektive, was muss getan werden, um Rechtsanwälte aus der Welt zusammenzubringen oder ist dieser Prozess nicht nötig?
W. Timmermans: Das ist eine gute Frage. Für deutsch-niederländische Anwälte gibt es zum Beispiel ein Verein und ich glaube für die Zusammenarbeit zwischen Anwälten aus anderen Ländern gibt es auch solche Vereine. Außerdem sucht die niederländische Bundesanwaltskammer internationale Kooperationen. Ich habe daher keinen Überblick, ob es zusätzlich noch weitere Initiative bedarf.
Vielen und herzlichen Dank meinem Interviewpartner Rechtsanwalt/ niederländischer Advocaat Wouter Timmermans für dieses offene und interessante Gespräch. Meine Generation schätzt sich glücklich, dass wir Grenzübergreifend mit unseren Nachbarländern wie den Niederlanden freundschaftlich voneinander profitieren, trotz der Unterschiede und den geschichtlichen Herausforderungen.
Die niederländischen Lebensprinzipien setzen im Besonderen auf Freiheit, Flexibilität und flache Hierarchien, das ist mir im Gespräch mit niederländischen Anwalt Wouter Timmermans deutlich geworden.
Faszinierend für mich ist, dass obwohl die Niederlande nur einige Kilometer weiter westlich als Deutschland liegt, es doch noch einiger kulturelle Unterschiede zu beobachten gibt. Auch den Hierarchien Unterschied zwischen den unseren Ländern ist interessant. Ich als gebürtige Berlinerin, denke, dass Berlin als Startup und Hipster Metropole auch den besonderen Ruf von Freiheit und Flexibilität genießt, aber dadurch keine akkurate Repräsentation unseres ganzen Landes darstellt. Herrn Wouter Timmermans Motivation Anwalt zu werden, entstand durch die Macht der Medien, den Fernsehserien. Ein interessantes Motiv, das auch ich von zahlreichen meiner Kommilitonen als Antwort erhalten habe. Mein Interviewpartner Wouter Timmermans sieht die Tätigkeit als Berufung, bei meinen Kommilitonen führt die entstandene Erwartungshaltung, die durch die Medien geprägt wurde zu Enttäuschungen, als die Fiktion sich nicht mit der Realität der Ausbildung im Studium deckte.
Durch ABOWI, die Beschäftigung und der Fragen komme ich zu der Erkenntnis, dass mit einem juristischen Hintergrund die Türen zum möglichen Weltverbesserer weit offenstehen, ob als Politiker, Jurist in der freien Wirtschaft oder im staatlichen Dienst. Wouter Timmermans Rat an Jura Studierende, einen Auslandsaufenthalt zu wagen, ist von enormer Bedeutung. Nur wer sich über den Tellerrand herauswagt, erweitert den eigenen Horizont und wird mit tollen neuen Möglichkeiten belohnt. Kultureller Austausch und Zusammenarbeiten über die Grenzen hinweg, helfen für ein friedliches Miteinander und der Lösungsfindung bis zur Vermeidung von Problemen, so wie die die Idee des ABOWI-Projektes – „Across Borders With Information“. In wirtschaftlichen Studiengängen ist dieser Auslandaufenthalt schon ein fester Bestandteil des Studiums. In den Rechtswissenschaften gibt es zwar Angebote aber durch die Bindung an das nationale Rechtssystem wird es nicht als besonders wichtig erachtet. Das ist schade, aber ich bin davon überzeugt, dass sich dies zeitnah ändern wird. Mein eigener Auslandsaufenthalt, sobald das Reisen wieder sicher und erlaubt ist, ist fest eingeplant, bis dahin reise ich mit ABOWI virtuell.
„Der Einfachheit halber wird im gesamten Text die männliche Form verwendet; die […] weibliche Form ist selbstverständlich eingeschlossen“.
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Über ABOWI:
Across Borders With Information – ABOWI, eine Interviewreihe von Josefine Schulte Jurastudentin aus Berlin in Deutschland. Fragen und Antworten: Eine Reise um die Welt, die Unterschiede und Vorurteile aufdeckt. Was bewegt die Anwälte dieser Erde, Josefine Schulte fragt sich von Aserbaidschan bis Zypern durch.
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