Recht und Gesetz

BaFin verliert Rechtsstreit mit der Gamag, drohen der Behörde nun Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe?

Gut gemeint ist das Gegenteil von gut: BaFin verliert Rechtsstreit mit der Gamag, drohen der Behörde nun Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe?

von Karin Henke

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat zwei Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gegen die German Asset Managers AG (Gamag) aus den Jahren 2003 und 2004 aufgehoben. Möglicherweise drohen der Aufsichtsbehörde nun Schadensersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe, die juristischen Hürden für eine so genannte Amtshaftung sind allerdings hoch. Die Anleger aber sind nun höchstrichterlich dazu aufgefordert, sich bei Geschäften wie diesen doch bitte um sich selbst zu kümmern.

Die BaFin hatte der in Frankfurt ansässigen Gamag damals den weiteren Handel mit deren Black+White- sowie Vola+Value-Zertifikaten untersagt, und die Gesellschaft zur Rückabwicklung vorhandener Verträge aufgefordert. Bei solchen so genannten „Indexzertifikaten“ kauft der Kunde ein Zertifikat, dessen Index sich aus der Wertentwicklung der seinerseits vom Emittenten der Zertifikate angelegten Finanzinstrumente wie beispielsweise Aktien und Aktienderivate, Währungsoptionen und Währungsfutures bestimmt. Damit aber, so lautete der Vorwurf der BaFin, betreibe die Gamag Finanzkommissionsgeschäfte und damit gemäß Kreditwesengesetz (KWG) erlaubnispflichtige Bankgeschäfte. Die BaFin stellte damals in der Begründung ihrer Entscheidung fest: „Die Handelstätigkeiten erfolgten über Gesellschaften mit Sitz auf den Bahamas, die die Gamag eigens zu diesem Zweck gegründet hatte. Mit dieser Tätigkeit betrieb die Gamag das Finanzkommissionsgeschäft ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis der BaFin.“

Unter Finanzkommissionsgeschäften versteht man den An- und Verkauf von Anlageprodukten im eigenen Namen und auf fremde Rechnung. In ihrem Urteil kamen die Verwaltungsrichter aber wie auch schon die Vorinstanzen zu dem Schluss, dass sich die BaFin im Fall Gamag zu Unrecht eingemischt habe, eine schriftliche Begründung des Urteils vom 27. Februar 2008 liegt noch nicht vor (BVerwG 6 C 11.07). Wie das BVerwG in einer Pressemitteilung darlegt, lege die Gamag das Geld ihrer Kunden sowohl in eigenem Namen als auch auf eigene Rechnung an: „Wie bereits die Vorinstanzen hat auch das Bundesverwaltungsgericht darin keines der im Kreditwesengesetz umschriebenen Bankgeschäfte gesehen, insbesondere kein Finanzkommissionsgeschäft. Es bleibt daher in erster Linie Aufgabe des anlegenden Publikums, Erfolge und Risiken des Geschäftsmodells abzuschätzen.“

Anleger müssen für sich selber sorgen

Mehr als ein Dutzend ähnlicher Fälle werden vor deutschen Gerichten derzeit verhandelt. So hatte die BaFin beispielsweise auch dem MSF Master Star Fund aus vergleichbaren Gründen die Geschäftstätigkeit untersagt und der Streit zwischen der BaFin und dem Münchener FlexA-Fonds der Emporium-Gruppe hat mit dem Bundesverwaltungsgericht inzwischen auch die letzte Instanz erreicht. Gerüchten zufolge sind einige der betroffenen Gesellschaften dem Umfeld der Göttinger Gruppe zuzurechnen, die auf durchaus unseriöse Weise zahlreiche Anleger um ihr Erspartes gebracht hatte, so auch der als „Politikerfonds“ bekannt gewordenen und mittlerweile ebenfalls insolvente MSF-Fonds.

Die Motive der Behörde mögen also durchaus redlich und im Hinblick auf den Schutz von Anlegern zumindest teilweise auch an angebracht sein, aber dann sind offensichtlich die Mittel falsch gewählt. Vielleicht fehlen der BaFin auch „die richtigen Instrumente“ für einen angemessenen Anlegerschutz, wie Prof. Dr. Jürgen Kunze, Vorstand des Deutschen Instituts für Anlegerschutz (DIAS) vermutet. Ob und welche der betroffenen Unternehmen schlussendlich als seriös einzustufen sind und welche nicht, sei an dieser Stelle aber allen Gerüchten zum Trotz dahingestellt. Die Aufsichtsbehörde hat jedenfalls nach der Untreuaffäre um Michael Raumann im vergangenen Jahr erneut eine Schwächung erfahren.

„Endlich Rechtssicherheit“ oder Schadensersatz statt Anlegerschutz?

Die Gamag begrüßt auf ihrer Internetseite das Urteil des BVerwG mit den Worten „Endgültig Rechtssicherheit für Anleger und Vertriebspartner“, tatsächlich aber befindet sich sowohl der Anleger als auch der Vermittler mit Geschäften wie diesen zwar nicht in einem rechtsfreien Raum, aber immer noch im Bereich des sogenannten „grauen Kapitalmarktes“. Bankgeschäft hin oder her, eine Verpflichtung zu mehr Transparenz, wie sie eine Kontrolle durch die BaFin zur Folge hätte, würde es den Anlegern immerhin deutlich erleichtern, „Erfolge und Risiken des Geschäftsmodells abzuschätzen“. Mit Schadensersatzverpflichtungen aber, für die am Ende der Steuerzahler aufkommen müsste, ist niemandem geholfen. Zumal es fraglich ist, ob die Behörde wirklich wird zahlen müssen.

Die Forderungen hätten es allerdings ins sich, rechnet man hoch, wo ein Unternehmen nach einem durchschnittlich erfolgreichen Geschäftsbetrieb von vier bis fünf Jahren stehen könnte, hätte es die Verfügung der BaFin nicht gegeben. Der Vorstand der Gamag, Carsten Straush, kommt gegenüber dem manager magazin so leicht auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Andere Unternehmen wurden nicht nur in ihrem Geschäftsbetrieb behindert, sondern sogar durch einen von der BaFin eingesetzten Insolvenzverwalter abgewickelt.

Dennoch liegen die juristischen Hürden für eine Amtshaftung der Behörde hoch. Ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahr 2005 schließt zudem Schadensersatzansprüche von Anlegern gegen die BaFin grundsätzlich aus (BGH III ZR 365/03). Unabhängig von der Frage, ob solch ein genereller Haftungsausschluss überhaupt europäischem Recht entspricht, ist damit allerdings noch nicht das letzte Wort über Forderungen von Unternehmen gesprochen, denen zu Unrecht die Geschäftstätigkeit untersagt wurde. Auf Seiten der Gamag jedenfalls hatte man bereits im Jahr 2004 unter anderem mit einer Strafanzeige gegen die BaFin deutlich gemacht, dass man zu allem entschlossen sei.

Fazit

Die BaFin hat mehreren Gesellschaften zu Unrecht die Geschäftstätigkeit untersagt, so dass möglicherweise Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe auf die Behörde zukommen, deren ohnehin schwieriger Stand durch das Urteil erneut geschwächt wurde. Die Anleger aber bleiben zumindest auf dem grauen Kapitalmarkt auch weiterhin auf sich gestellt.

Unser Büro ist mit einem Team von vier Rechtsanwälten wirtschaftsberatend tätig und deckt ein breites Spektrum wirtschaftsrechtlicher Themenstellungen ab. Der Verfasser arbeitet ausschließlich im Bereich des Internetrechtes und des Immaterialgüterrechtes (Namensrecht, Wettbewerbsrecht, Urheberrecht, Marken, Patente, Gebrauchsmuster, Sorten und Design). Interdisziplinär kooperieren die Rechtsanwälte mit Steuerberatern. Die Kanzlei verfügt über Büros in Berlin (2 x) und Dresden.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 522 vom 6. Mai 2008 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich