Goya AG – Was tun im Club der Geprellten?

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Inhaltsverzeichnis
Recht und Gesetz

Vor fast sieben Monaten eröffnete das Amtsgericht Berlin Charlottenburg das Insolvenzverfahren über die Goya AG, Betreiberin des „Club der Aktionäre“, den bekannten, vermeintlichen Verg­nü­gungs­tem­pel am Berliner Nollendorfplatz. Das ambitionierte Projekt scheiterte bereits nach wenigen Be­triebs­wo­chen und verursachte einen Millionenschaden für die Anleger.
 
Der Plan war verlockend: Das etwas besser situierte Berliner Partypublikum sollte sich seinen ei­ge­nen Club finanzieren und im Gegenzug lebenslangen Eintritt erhalten. Die elitäre Kaste der „Goya­ner“ sollte, ebenso wie Nicht-Aktionäre, zunächst die Möglichkeit haben, ein exquisites baskisches Abend­mahl zu sich zu nehmen und anschließend in gepflegter Atmosphäre einen Clubabend zu ver­brin­gen. Die Kosten für den vom renommierten Architekten Hans Kollhoff vorgenommenen Umbau des ehemaligen Metropol-Theaters in Berlin Schöneberg, sollten hierbei einen zweistelligen Mil­lio­nen­be­trag erreichen und durch außerbörslich ausgereichte Aktien gedeckt werden können. Initiator und nach den Feststellungen des Insolvenzverwalters wohl mitverantwortlich für den Untergang des Verg­nü­gungs­damp­fers war Peter Glückstein, bis dato Betreiber der Lützowbar Berlin.


 
Die Presse hatte Anfang 2006 bereits umfangreich über die vielfach fehlende Auslastung des Goya nach der Eröffnung im Dezember 2005 berichtet, ebenso darüber, dass es sich bei dem Objekt noch im­mer um eine Baustelle handle. Viel beachtet wurde auch der Diebstahl eines 600 kg schweren Tre­sors aus einem geschlossenem Raum innerhalb des Goya, in dem sich Einnahmen in erheblicher Hö­he befanden. Letztlich musste das Projekt bereits nach wenigen Wochen Insolvenz anmelden, da die Schere zwischen Kosten und Einnahmen der Gesellschaft sich pro Monat auf ca. 130.000,00 € sum­mier­te. Hauptursache war eine fehlende Auslastung im Clubbetrieb und eine überhaupt nicht vor­han­de­ne Auslastung im Vermietungsgeschäft. Nach den Feststellungen des Insolvenzverwalters Pe­ter Leonardt aus Berlin sind nahezu überhaupt keine Buchungen für die Lokalität vorgenommen wor­den, obwohl dies ein lukrativer Teil des Geschäftsbetriebs sein sollte. Ganz offensichtlich sind im Jah­re 2005 keine entsprechenden Vertriebsaktivitäten entwickelt worden und keine entsprechenden Ver­trä­ge festgezurrt worden. Zusätzlich sind die Baukosten um ein Vielfaches überschritten worden und die Eröffnung des Clubs erfolgte mit mehrmonatiger Verspätung. Ursprüngliche Eröffnung sollte be­reits im Herbst 2005 sein.
 
Im laufenden Geschäftsbetrieb dann, stellt Insolvenzverwalter Leonhardt in seinem In­sol­venz­ver­wal­ter­be­richt fest, gab es erhebliche Unregelmäßigkeiten. Die Kassensysteme waren offensichtlich voll­kom­men unkontrolliert und stimmten am Ende des Tages nahezu nie. Das Belegwesen war nahezu nicht vorhanden, überall in den Geschäftsräumen flatterten nicht einsortierte Rechnungen und son­sti­ge Belege herum.
 
Auf diese Weise war eine Insolvenzbeantragung  unvermeidlich, wobei nach Ansicht des In­sol­venz­ver­wal­ters eine Vielzahl von Indizien dafür spricht, dass die Insolvenz tatsächlich in strafrechtlich re­le­van­ter Art und Weise verschleppt wurde. Nach dem Insolvenzverwalter Leonhardt versucht hatte, ei­ne Sanierung vorzunehmen, scheiterte dieser Plan. Die Aktionäre waren nicht bereit, Geld in er­for­der­li­chem Umfang nachzuschießen. Die von den Aktionären gezahlten Einlagen sind daher im Rah­men der Insolvenz als verloren anzusehen, da Aktionäre nicht zu den entschädigungsberechtigten Gläu­bi­gern gehören. Es stellt sich nunmehr die Frage, was die einzelnen Anleger tun können, um ih­re Schäden gering zu halten.
 
Die Antwort ist ernüchternd: Nahezu nichts. Nach den Feststellungen des Insolvenzverwalters ge­ste­hen eine Vielzahl von Indizien, das die Geschäftsführung der Goya AG nicht mit der vom Gesetz ge­for­der­ten Sorgfalt arbeitete und gegen aktienrechtliche Vorschriften verstieß. Das Problem dabei:     Schadensersatzansprüche in diesem Zusammenhang stehen nicht den einzelnen Gesellschaftern zu, son­dern der Aktiengesellschaft. Es ist daher davon auszugehen, dass derartige Ansprüche vom In­sol­venz­ver­wal­ter im Rahmen des Insolvenzverfahrens auch noch geltend gemacht werden, ein mög­li­cher­wei­se eingeklagter Schadensersatzbetrag gegenüber den Vorständen oder sonstigen Ge­schäfts­füh­rern dann aber in die Insolvenzmasse fließen wird und letztlich den Gläubigern der AG zugute kom­men wird und davon gibt es reichlich: Lieferanten und Handwerker haben teilweise hohe For­de­run­gen offen.
 
Der einzelne Anleger hat allerdings die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche aus so genannter Pro­spekt­haf­tung gegen die Initiatoren und Hintermänner der Goya AG geltend zu machen. Dies dann, wenn die Prospekte inhaltlich fehlerhaft waren und der Anleger darlegen kann, bei Kenntnis der Fehlerhaftigkeit nicht abgeschlossen zu haben und sein Geld nicht in der Goya AG investiert zu ha­ben. Hier nun ergeben sich aus dem Insolvenzverwalterbericht hinreichend Anhaltspunkte dafür, dass die in dem Emissionsprospekt zur Ertragsprognose herangezogenen Werte vielfach zu op­ti­mi­stisch waren. Sowohl der prognostizierte Pro-Kopf-Verbrauch des einzelnen Gastes, als auch die Ge­samt­zahl der Gäste waren viel zu optimistisch angesetzt. Nur: reicht das für eine Haftung? Eine Pro­gno­se ist eine Prognose und wird notwendigerweise für zukünftige Zeiträume aufgestellt. Irren kann sich jeder. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch, dass eine Vielzahl der Ak­tio­nä­re gerade aus dem gastronomischen Bereich kommen und sich offensichtlich an den zugrunde gelegten Zahlen nicht gestört haben. Ob also eine zu optimistische Berechnung des täglichen Umsatzes der Goya AG für eine Prospekthaftung gegenüber den verantwortlichen Hintermännern und In­itia­to­ren der Gesellschaft ausreichen wird, erscheint fraglich.
 
Einen anderen Ansatzpunkt könnte man verfolgen, wenn man sich den Mietvertrag ansieht. Die Goya AG hat die Räumlichkeiten im Metropol-Theater lediglich gemietet. Es bestand hier ein langlaufender Miet­ver­trag mit einer zweimaligen Verlängerunsoption bis längstens 2031. Die Kosten für den Umbau des Metropol beliefen sich auf ca. 9 Millionen Euro. Der Clue an dem Mietvertrag, den der Vorstand Pe­ter Glückstein mit dem Vermieter abschloss, war, dass nach Beendigung des Mietverhältnisses sämt­li­che Ein- und Umbauten entschädigungslos in das Eigentum des Vermieters fallen sollten. Eine Ver­ein­ba­rung für eine vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses sah der Vertrag nicht vor. Mit an­de­ren Worten: Bei einer Insolvenz der Goya AG oder einer vorzeitigen Kündigung des Miet­ver­hält­nis­ses in Folge Zahlungsschwierigkeiten oder Ähnlichem, wäre der Vermieter der Räumlichkeiten der la­chen­de Dritte: Er hätte ein für mehrere Millionen Mark vom Star-Architekten Kollhoff saniertes Ge­bäu­de ohne jegliches eigenes Zutun in Händen und könnte dies nach Gutdünken weiter nutzen. Vor die­sem Hintergrund hat der Vermieter auch wenig Gesprächsbereitschaft mit dem Insolvenzverwalter si­gna­li­siert und es ist zu vermuten, dass das Metropol in nächster Zeit, nach Abschluss der Rechts­strei­tig­kei­ten, unter neuem Namen wieder eröffnet wird und sich die Gäste dann wieder an der Ar­chi­tek­tur erfreuen können. Ohne dass die Aktionäre der Goya AG hiervon etwas haben.
 
Die Vereinbarung dieses Mietvertrages war für die Aktionäre sicherlich nachteilig. Wäre der Ver­mie­ter bei einer Beendigung des Mietvertrages aus welchen Gründen auch immer verpflichtet gewesen, Kom­pen­sa­ti­on für die Einbauten zu leisten, wäre eventuell bei einer dann eingetretenen Insolvenz ge­nug Kapital vorhanden, dass der Insolvenzgrund Überschuldung eventuell nachträglich wegfällt und die Goya AG ausgelöst und die Restwerte an die Aktionäre verteilt werden könnten. Dann wäre die Angelegenheit vielleicht nicht mit einem Totalschaden beendet worden. Auf diese Art und Weise je­doch hat die Goya AG es geschafft, Eigenkapital der Aktionäre einzusammeln und keine äqui­va­len­ten Wirtschaftsgüter dafür zu schaffen. Anders als beispielsweise ein Industrieunternehmen, welches im­mer­hin Lagerhallen oder ähnliche Kapazitäten in eigenem Eigentum aufbauen können.
 
Sofern ein Gericht diese Argumente zu einem Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung an­er­ken­nen würde, stellt sich allerdings die größte Frage des prozessualen Vorgehens: Ist der Schuldner sol­vent? Insbesondere beim ehemaligen Vorstand Glückstein ist zu erwarten, dass dieser mit einer Viel­zahl von Schadensersatzprozessen konfrontiert sein wird. Nicht nur von Seiten der Aktionäre. So hat schon der Insolvenzverwalter angekündigt, die der AG zustehenden Schadensersatzansprüche zu verfolgen. Zugleich gab der Insolvenzverwalter in seinem Gutachten einen Hinweis darauf, dass mög­li­cher­wei­se außenstehende Gläubiger aus der Spätphase der Betriebstätigkeit der Goya AG ge­ge­be­nen­falls Klagen wegen Eingehungsbetruges einreichen könnten. Diesen soll der Vorstand mit­ge­teilt haben, die Bezahlung ihrer Lieferungen sei gesichert, da die Hausbank der Goya AG schrift­lich ein Darlehen in beträchtlicher Höhe zugesichert habe. Ein derartiges Schriftstück konnte vom In­sol­venz­ver­wal­ter jedoch zu keinem Zeitpunkt gefunden werden. Ob Glückstein also genügend Geld zur Verfügung hat, sowohl die Ansprüche des Insolvenzverwalters als auch der außenstehenden Lie­fe­ran­ten und sonstiger Gläubiger zu bedienen und auch noch die Schadensersatzklagen der Ak­tio­nä­re, ist offen.
 
Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung verjähren üblicherweise in sechs Monaten ab Kennt­nis vom Schadensersatzgrund und in drei Jahren ab Beitritt zur jeweiligen Kapitalanlagegesellschaft.

Dr. Thomas Schulte

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Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 199 vom 29. November 2006 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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