Gerechtigkeit bei der Wehrpflicht
Die Wehrpflicht ist eine gesetzliche Verpflichtung für männliche Staatsbürger, für eine bestimmte Zeit im Militär oder in anderen staatlichen Diensten zu arbeiten, um die Landesverteidigung zu unterstützen. In Deutschland wurde die Wehrpflicht 1956 eingeführt, und sie galt bis 2011 für alle wehrdiensttauglichen Männer zwischen 18 und 27 Jahren. Während dieser Zeit waren die Betroffenen entweder im Wehrdienst (Bundeswehr) oder im Zivildienst tätig, falls sie sich gegen den militärischen Dienst entschieden hatten.
2011 wurde die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt, sodass seitdem der Militärdienst nur noch auf freiwilliger Basis erfolgt. Es besteht jedoch weiterhin die Möglichkeit, die Wehrpflicht durch gesetzliche Änderungen wieder einzuführen. Die aktuelle politische Diskussion über die Wehrpflicht dreht sich oft um Fragen der Gerechtigkeit, Gleichbehandlung und der Anpassung an die modernen Anforderungen an die Gesellschaft und das Militär. Verschiedene Parteien und Politiker haben in der Vergangenheit unterschiedliche Standpunkte zur Wehrpflicht vertreten, von der Wiedereinführung bis hin zu einer Verstärkung der Freiwilligkeit.
Das Thema Wehrpflicht ist also eng mit gesellschaftlichen, politischen und ethischen Überlegungen verknüpft, da es Fragen der Gleichbehandlung, der nationalen Sicherheit und der persönlichen Freiheit betrifft.
BIS 2011 Deutsch-Türken seltener einberufen – Ungerechtigkeiten
Warum Deutsch-Türken seltener einberufen werden zur Ableistung des Wehrdienstes? Die meisten jungen Männer, die zur Ableistung von Wehr- oder Zivildienst einberufen werden, haben bessere zu tun. Entweder steht die Ausbildung an oder sie haben bereits beruflich Verantwortung übernommen.
Viele Betroffene sind bereits beruflich aufgestiegen oder sind selbstständig. Andere sind am Ende einer Ausbildung häufig auch eines Universitätsstudiums. Die Einberufung kommt daher in der Regel ungelegen. Warum ist die Einberufung so ungerecht? Andere – teilweise Personen, die gerade ohne sinnvolle Beschäftigung sind – werden nicht zur Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes herangezogen.
In einem Rechtsstaat geht man davon aus, dass die Gleichbehandlung des Bürgers selbstverständlich ist. So haben unsere Verfassungsväter 1949 in das Grundgesetz hineingeschrieben, dass alle Bürger vor dem Gesetz gleich sind. Das ist der so genannte allgemeine Gleichheitsgrundsatz.
Das Grundgesetz schreibt in Art. 3:
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Seit dem es die allgemeine Wehrpflicht gibt, also 1956, wird darum gestritten und beklagt, dass die Einberufung von Wehrdienst- oder Zivildienstpflichtigen ungerecht sei. Zum einen ist kein Grund erkennbar, warum nicht auch junge Frauen den Dienst verrichten können. Militärische, technische, philosophische oder religiöse Aspekte, die einen Dienst unmöglich machen, sind nicht mehr erkennbar.
Neben dieser nicht nachvollziehbaren Ungerechtigkeit erscheint vielen unvorstellbar, warum manche kerngesunde Personen keinen Dienst leisten müssen und Andere gezwungen sind, ihr Studien oder ihre Berufsausbildung oder gar ihre berufliche Tätigkeit zu unterbrechen, um einen staatlichen Zwangsdienst, dessen Sinnhaftigkeit häufig angezweifelt wird, zu folgen. Nun ist bekannt geworden, dass es eine weitere Auffälligkeit in Bezug auf die Nichtheranziehung von Deutsch-Türken gibt.
Es ist so, dass statistisch erwiesen ist, dass Personen mit einem Integrationshintergrund, die gleichwohl die deutsche Staatsangehörigkeit haben, statistisch seltener zur Ableistung des Wehr- und Zivildienstes herangezogen werden als Deutsche. Im Durchschnitt leisten wehrdiensttaugliche Deutsche in zwei von drei Fällen Wehr- oder Zivildienst, bei deutschen jungen Männern mit türkischem Hintergrund sind es nur einer von dreien.