Marions Kochbuch“ klingt nach Kartoffelsalat und Rotbarschfilet, vielleicht auch nach Käsekuchen und Schokomuffins. Wer die Internetseite „Marions Kochbuch“ jedoch lediglich mit Rezepten in Verbindung bringt, täuscht sich in der Geschäftstüchtigkeit ihrer Betreiber. Lebensmittelfotos, Urheberrecht und Abmahnungen verbanden sie anscheinend zu einem einträglichen Geschäftsmodell. Gekippt hat dies nun der Hamburger Oberlandesgericht, das damit auch die Entscheidungen des Landgerichts Hamburg konterkarierte.
Mehrere Jahre verschickten die Betreiber von „Marions Kochbuch“ zahlreiche Briefe an andere Seiten- und Forenbetreiber. Ihr Ziel: deren kostenpflichtige Abmahnung wegen Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Inhalte. Der Grund: In Foren- oder Blogbeiträgen waren Fotos von Lebensmitteln veröffentlicht worden: hier ein Brötchen, dort ein bisschen Sauerkraut. Im Gegensatz zum Landgericht Hamburg schob das Oberlandesgericht der Stadt diesem Ansinnen nun einen Riegel vor und beurteilte die Haftung der Betreiber für Nutzerinhalte grundsätzlich anders.
Beiträge in Foren oder Blogs stellen nach Auffassung des Gerichts fremde Inhalte dar, für die der Betreiber nach dem Telemediengesetz (TMG) nur eingeschränkt haftet. Die Haftung tritt dabei erst dann ein, wenn der Betreiber von der Urheberrechtsverletzung Kenntnis erhält. Irrelevant ist dabei, ob es sich um ein nicht-kommerzielles oder kommerzielles Forum handelt. Eine Verpflichtung zur vorsorglichen Überprüfung sämtlicher Inhalte vor der Veröffentlichung sieht das OLG nicht. Eine derartige Pflicht würde zum einen die Überwachungspflichten des Betreibers überspannen, zum anderen aber auch Presse- und Meinungsfreiheit, Fotos noch schwieriger als Texten anzusehen, ob sie geschützt seien oder nicht. Damit widerspricht das OLG der Rechtsprechung des LG Hamburg, das eine sogenannte Störerhaftung der Forenbetreiber bejaht hatte. Seine Pflicht erfüllt der Forenbetreiber bereits dann, wenn er nach Kenntnisnahme der Urheberrechtsverletzung die entsprechenden Inhalte von der Seite entfernt.
Zur Freude aller Foren- und Blogbetreiber lehnt es auch die bisher vom LG Hamburg anerkannte Pflicht zur Übernahme der Anwaltskosten für das Abmahnschreiben ab. Da er erst durch dieses Schreiben von der Rechtsverletzung erfährt, liegt ein erstes Schreiben im alleinigen Interesse des Inhabers der Urheberrechte. Dieser möchte dadurch seine Interessen durchsetzen und den Betreiber unter Umständen bei weiteren Verstößen als Störer in Haftung nehmen können. (OLG Hamburg 5 U 180/07, 4. Februar 2009)
Der Verfasser Dr. Thomas Schulte leitet die Kanzlei Dr. Thomas Schulte, in der vier Anwälte tätig sind. Die Kanzlei ist seit 1995 schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Kapitalanlagen- und Bankenrechts sowie auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes tätig und vertritt bundesweit die Interessen einzelner Anleger. Die Kanzlei verfügt über zwei Büros in Berlin, sowie Büros in Dresden und Frankfurt am Main.
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