Schufa jako ośmiornica danych / Pixabay

Film- und Musiktausch im Internet – Massenabmahnung beendet


In einer gemeinsamen Aktion verweigern die Staatsanwaltschaften die Hilfe für Abmahnanwälte

Massenabmahnungen sind ärgerlich, weil häufig hohe Kosten durch Abmahnanwälte verursacht werden, die in keinem Verhältnis zu der angeblichen Rechtsverletzung des Verbrauchers stehen. Eine beliebte Praxis der Abmahnanwälte war es, Daten über Verbraucher über Staatsanwaltschaften zu beschaffen. Diese Praxis wird jetzt beendet.

Holger Rausch (Name geändert) bekam Anfang Mai 2008 unangenehme Post – eine Abmahnung. Sein 15 jähriger Sohn hatte offenbar in einer Tauschbörse im Internet einen Film für andere angeboten und das Urheberrecht eines internationalen Unterhaltungskonzerns nicht beachtet; 1.500 € Gebühren und Kosten sollte der Fehltritt kosten. Auf die Daten des Holger Rausch waren die Rechtsanwälte des Konzerns über eine Staatsanwaltschaft gekommen, die nach einer Strafanzeige die IP Adresse (also die individuelle Nummer des Internetusers Rausch) herausgegeben hatte. Diese verbraucherrechtlich umstrittene Praxis soll jetzt beendet werden.

 

Nur noch gewerbsmäßige Urheberrechtsverletzter werden verfolgt

Am 04.08.2008 wurde das En­de der so ge­nann­ten Fi­les­ha­ring-Ab­mah­nun­gen eingeleitet durch neue Leit­li­ni­en der Ge­ne­ral­staats­an­wäl­te. Die Ge­ne­ral­staats­an­wäl­te in Nord­rhein-West­fa­len ih­rem In­ter­net­-Fahn­dern be­reits Mit­te Ju­li 2008 emp­foh­len ha­ben, nur noch ge­werbs­mä­ßi­ge Ur­he­ber­rechts­ver­let­zer im In­ter­net zu ver­fol­gen. Nach ähn­li­chen „Leit­fä­den“ wür­den die Staats­an­walt­schaf­ten in Bay­ern, Ba­den-Wür­ttemberg und Sach­sen-An­halt vor­ge­hen. Die Staats­an­walt­schaf­ten in Nord­rhein-West­fa­len wollen ge­gen das il­le­ga­le Be­reit­stel­len von ur­he­ber­rechts­ge­schütz­ten Wer­ken in so ge­nann­ten Tausch­bör­sen erst dann vor­ge­hen, wenn mehr als 200 Da­tei­en von Nut­zern ab­ge­ru­fen wor­den sei­en. Die üb­li­chen Bun­des­län­der fa­vo­ri­sier­ten ei­ne Mess­lat­te von der Scha­dens­hö­he von cir­ca 3.000 Eu­ro, wäh­rend Sach­sen-An­halts-Be­am­te erst bei 3.000 Da­tei­en oder 200 Fil­men tä­tig wür­den. Von Ber­lin sei es be­kannt, dass man prak­tisch gar nicht ge­gen „Raub­ko­pie­rer“ vor­ge­hen wür­de. Bis da­hin ver­sand­ten vor al­len Din­gen ei­ne Rechts­an­walts­kanz­lei aus Frank­furt (Korn­mei­er und Part­ner) so­wie ein Bü­ro aus Ham­burg (Resch Rechts­an­wäl­te) in gro­ßer Zahl Ab­mah­nun­gen und mach­ten ih­re Man­dan­ten Ur­he­ber­rech­te gel­tend. Mit Hil­fe ei­ner Soft­ware wur­de zu­vor die IP-Ad­res­se ei­nes An­schlus­sin­ha­bers er­mit­telt, mit der an­geb­lich ur­he­ber­recht­lich ge­schütz­te Da­tei­en auf sei­nem Com­pu­ter an­de­ren Nut­zern zur Ver­fü­gung ge­stellt ha­ben soll (so ge­nann­te Tausch­bör­se). Die Staats­an­walt­schaft war bis­lang für die Ab­mah­nen­den not­wen­dig, um he­raus­zu­fin­den, wel­che Per­son sich hin­ter der IP-Ad­res­se ver­birgt. Da­bei stell­ten die Ver­tre­ter der Ur­he­ber­nut­zungs­be­rech­tig­ten einen Straf­an­trag bei der Staats­an­walt­schaft, die im Rah­men ei­nes Aus­kunft­ser­su­chens den An­schlu­sin­ha­ber mit Hil­fe der IP-Ad­res­se beim Pro­vi­der er­mit­telte. Spä­ter nah­men die ver­meint­lich Ge­schä­dig­ten Ak­ten­ein­sicht in die Er­mitt­lungs­ak­te und er­fuh­ren auf die­se Wei­se von der Per­son des An­schlus­sin­ha­bers, die da­rauf­hin zi­vil­recht­lich in An­spruch ge­nom­men wird. Bis­lang war es oh­ne die Hil­fe der Staats­an­walt­schaft nicht mög­lich, den An­schluss­in­ha­ber zu er­mit­teln. Die obersten Strafverfolger wollen damit Verbraucher links liegen lassen und sich auf die eigentlichen Hintermänner konzentrieren. Nach den neuen Regeln hätte Holger Rausch keine Abmahnung erhalten.

Die Abmahnanwälte haben weiterhin Verbraucher im Visier

Ob­wohl die Staats­an­walt­schaf­t in ei­ni­gen Bun­des­län­dern zu­künf­tig straf­recht­li­che Er­mitt­lungs­ver­fah­ren auf­grund ei­nes feh­len­den öf­fent­li­chen In­te­res­ses eins­te­llen möch­te, scheint das En­de der Fi­les­ha­ring-Ab­mah­nung da­mit noch nicht ge­kom­men zu sein. Nun­mehr se­hen die Ab­mah­nan­wäl­te näm­lich die Chan­ce, auch oh­ne die Hilf­e der Staats­an­walt­schaft, den An­schluss­in­ha­ber zu er­mit­teln. Nach ei­ner neu­en Rechts­la­ge kann un­ter Um­stän­den ein Aus­kunfts­an­spruch des Ur­he­ber­nut­zungs­be­rech­tig­ten ge­gen den Pro­vi­der zu­kom­men. Ein Urhebernutzungsberechtigte ist häufig ein internationaler Konzern. Ins­be­son­de­re die Land­ge­richt Köln und Düs­sel­dorf ver­pflich­te­ten erst kürz­lich die Te­le­kom, ei­ne dem­ent­spre­chen­de Aus­kunft an die Ur­he­ber­nut­zungs­be­rech­tig­ten zu er­tei­len. Der Um­weg über die Staats­an­walt­schaft wä­re da­mit nicht mehr not­wen­dig. Vo­raus­set­zung für den Aus­kunfts­an­spruch ist je­doch ei­ne Ver­let­zung von Ur­he­ber­rech­ten im „ge­werb­lichen Aus­maß“. Be­son­ders pi­kant ist je­doch, dass der Nut­zer in dem Fall vor dem Land­ge­richt Köln nur ein ein­zi­ges Al­bum zum Ab­ruf für Drit­te an­ge­bo­ten hat­te. Be­reits bei die­sem ei­nen Al­bum ist das Ge­richt von ei­nem ge­werb­li­chen Aus­maß aus­ge­gan­gen. Mit­ dem erst seit An­fang Sep­tem­ber 2008 neu in Kraft ge­tre­tenen § 101 des Ur­he­ber­rechts­ge­set­zes kön­nen die Ur­he­ber­nut­zungs­be­rech­tig­ten nun von Spe­di­teu­ren, von Mu­sik­tausch­bör­sen und In­ter­net­pro­vi­dern Aus­künf­te ver­lan­gen. Im Fall von Ver­stö­ßen im In­ter­net wer­den je­doch be­son­de­re Da­ten be­nö­tigt, da­her muss ei­ne ge­richt­li­che An­ord­nung be­an­tragt wer­den. Wie die Gerichte die neue Vorschrift auslegen werden ist noch unbekannt.

Betroffene Verbraucher sollten sich jedenfalls erst einmal genau erkundigen, ob sie verpflichtet sind die hohen Kosten eines Abmahnanwalts zu bezahlen. Die Rechtslage ist in Bewegung und die Staatsanwaltschaften möchten nicht mehr Erfüllungsgehilfen von Massenabmahnkanzleien.

Betroffene sollten daher prüfen, wie sie sich zur der Abmahnung stellen.

Kontakt:

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Bildmaterial: Frau Antje König (Bürovorsteherin)

e-Mail: antje.koenig@dr-schulte.de

Unser Büro ist mit einem Team von vier Rechtsanwälten wirtschaftsberatend tätig und deckt ein breites Spektrum wirtschaftsrechtlicher Themenstellungen ab. Der Verfasser arbeitet schwerpunktmäßig im Bereich des Banken- und Kapitalmarktrechtes. Die Rechtsanwälte sind ebenfalls im Bereich des Immaterialgüterrechtes (Namensrecht, Wettbewerbsrecht, Urheberrecht, Marken, Patente, Gebrauchsmuster, Sorten und Design), des Versicherungsrechtes sowie des Immobilienrechtes aktiv. Interdisziplinär kooperieren die Rechtsanwälte mit Steuerberatern. Die Kanzlei verfügt über Büros in Berlin (2 x), Freiburg und Dresden.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 545 vom 29. September 2008 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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