Vor fast sieben Monaten eröffnete das Amtsgericht Berlin Charlottenburg das Insolvenzverfahren über die Goya AG, Betreiberin des „Club der Aktionäre“, den bekannten, vermeintlichen Vergnügungstempel am Berliner Nollendorfplatz. Das ambitionierte Projekt scheiterte bereits nach wenigen Betriebswochen und verursachte einen Millionenschaden für die Anleger.
Der Plan war verlockend: Das etwas besser situierte Berliner Partypublikum sollte sich seinen eigenen Club finanzieren und im Gegenzug lebenslangen Eintritt erhalten. Die elitäre Kaste der „Goyaner“ sollte, ebenso wie Nicht-Aktionäre, zunächst die Möglichkeit haben, ein exquisites baskisches Abendmahl zu sich zu nehmen und anschließend in gepflegter Atmosphäre einen Clubabend zu verbringen. Die Kosten für den vom renommierten Architekten Hans Kollhoff vorgenommenen Umbau des ehemaligen Metropol-Theaters in Berlin Schöneberg, sollten hierbei einen zweistelligen Millionenbetrag erreichen und durch außerbörslich ausgereichte Aktien gedeckt werden können. Initiator und nach den Feststellungen des Insolvenzverwalters wohl mitverantwortlich für den Untergang des Vergnügungsdampfers war Peter Glückstein, bis dato Betreiber der Lützowbar Berlin.
Die Presse hatte Anfang 2006 bereits umfangreich über die vielfach fehlende Auslastung des Goya nach der Eröffnung im Dezember 2005 berichtet, ebenso darüber, dass es sich bei dem Objekt noch immer um eine Baustelle handle. Viel beachtet wurde auch der Diebstahl eines 600 kg schweren Tresors aus einem geschlossenem Raum innerhalb des Goya, in dem sich Einnahmen in erheblicher Höhe befanden. Letztlich musste das Projekt bereits nach wenigen Wochen Insolvenz anmelden, da die Schere zwischen Kosten und Einnahmen der Gesellschaft sich pro Monat auf ca. 130.000,00 € summierte. Hauptursache war eine fehlende Auslastung im Clubbetrieb und eine überhaupt nicht vorhandene Auslastung im Vermietungsgeschäft. Nach den Feststellungen des Insolvenzverwalters Peter Leonardt aus Berlin sind nahezu überhaupt keine Buchungen für die Lokalität vorgenommen worden, obwohl dies ein lukrativer Teil des Geschäftsbetriebs sein sollte. Ganz offensichtlich sind im Jahre 2005 keine entsprechenden Vertriebsaktivitäten entwickelt worden und keine entsprechenden Verträge festgezurrt worden. Zusätzlich sind die Baukosten um ein Vielfaches überschritten worden und die Eröffnung des Clubs erfolgte mit mehrmonatiger Verspätung. Ursprüngliche Eröffnung sollte bereits im Herbst 2005 sein.
Im laufenden Geschäftsbetrieb dann, stellt Insolvenzverwalter Leonhardt in seinem Insolvenzverwalterbericht fest, gab es erhebliche Unregelmäßigkeiten. Die Kassensysteme waren offensichtlich vollkommen unkontrolliert und stimmten am Ende des Tages nahezu nie. Das Belegwesen war nahezu nicht vorhanden, überall in den Geschäftsräumen flatterten nicht einsortierte Rechnungen und sonstige Belege herum.
Auf diese Weise war eine Insolvenzbeantragung unvermeidlich, wobei nach Ansicht des Insolvenzverwalters eine Vielzahl von Indizien dafür spricht, dass die Insolvenz tatsächlich in strafrechtlich relevanter Art und Weise verschleppt wurde. Nach dem Insolvenzverwalter Leonhardt versucht hatte, eine Sanierung vorzunehmen, scheiterte dieser Plan. Die Aktionäre waren nicht bereit, Geld in erforderlichem Umfang nachzuschießen. Die von den Aktionären gezahlten Einlagen sind daher im Rahmen der Insolvenz als verloren anzusehen, da Aktionäre nicht zu den entschädigungsberechtigten Gläubigern gehören. Es stellt sich nunmehr die Frage, was die einzelnen Anleger tun können, um ihre Schäden gering zu halten.
Die Antwort ist ernüchternd: Nahezu nichts. Nach den Feststellungen des Insolvenzverwalters gestehen eine Vielzahl von Indizien, das die Geschäftsführung der Goya AG nicht mit der vom Gesetz geforderten Sorgfalt arbeitete und gegen aktienrechtliche Vorschriften verstieß. Das Problem dabei: Schadensersatzansprüche in diesem Zusammenhang stehen nicht den einzelnen Gesellschaftern zu, sondern der Aktiengesellschaft. Es ist daher davon auszugehen, dass derartige Ansprüche vom Insolvenzverwalter im Rahmen des Insolvenzverfahrens auch noch geltend gemacht werden, ein möglicherweise eingeklagter Schadensersatzbetrag gegenüber den Vorständen oder sonstigen Geschäftsführern dann aber in die Insolvenzmasse fließen wird und letztlich den Gläubigern der AG zugute kommen wird und davon gibt es reichlich: Lieferanten und Handwerker haben teilweise hohe Forderungen offen.
Der einzelne Anleger hat allerdings die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche aus so genannter Prospekthaftung gegen die Initiatoren und Hintermänner der Goya AG geltend zu machen. Dies dann, wenn die Prospekte inhaltlich fehlerhaft waren und der Anleger darlegen kann, bei Kenntnis der Fehlerhaftigkeit nicht abgeschlossen zu haben und sein Geld nicht in der Goya AG investiert zu haben. Hier nun ergeben sich aus dem Insolvenzverwalterbericht hinreichend Anhaltspunkte dafür, dass die in dem Emissionsprospekt zur Ertragsprognose herangezogenen Werte vielfach zu optimistisch waren. Sowohl der prognostizierte Pro-Kopf-Verbrauch des einzelnen Gastes, als auch die Gesamtzahl der Gäste waren viel zu optimistisch angesetzt. Nur: reicht das für eine Haftung? Eine Prognose ist eine Prognose und wird notwendigerweise für zukünftige Zeiträume aufgestellt. Irren kann sich jeder. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch, dass eine Vielzahl der Aktionäre gerade aus dem gastronomischen Bereich kommen und sich offensichtlich an den zugrunde gelegten Zahlen nicht gestört haben. Ob also eine zu optimistische Berechnung des täglichen Umsatzes der Goya AG für eine Prospekthaftung gegenüber den verantwortlichen Hintermännern und Initiatoren der Gesellschaft ausreichen wird, erscheint fraglich.
Einen anderen Ansatzpunkt könnte man verfolgen, wenn man sich den Mietvertrag ansieht. Die Goya AG hat die Räumlichkeiten im Metropol-Theater lediglich gemietet. Es bestand hier ein langlaufender Mietvertrag mit einer zweimaligen Verlängerunsoption bis längstens 2031. Die Kosten für den Umbau des Metropol beliefen sich auf ca. 9 Millionen Euro. Der Clue an dem Mietvertrag, den der Vorstand Peter Glückstein mit dem Vermieter abschloss, war, dass nach Beendigung des Mietverhältnisses sämtliche Ein- und Umbauten entschädigungslos in das Eigentum des Vermieters fallen sollten. Eine Vereinbarung für eine vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses sah der Vertrag nicht vor. Mit anderen Worten: Bei einer Insolvenz der Goya AG oder einer vorzeitigen Kündigung des Mietverhältnisses in Folge Zahlungsschwierigkeiten oder Ähnlichem, wäre der Vermieter der Räumlichkeiten der lachende Dritte: Er hätte ein für mehrere Millionen Mark vom Star-Architekten Kollhoff saniertes Gebäude ohne jegliches eigenes Zutun in Händen und könnte dies nach Gutdünken weiter nutzen. Vor diesem Hintergrund hat der Vermieter auch wenig Gesprächsbereitschaft mit dem Insolvenzverwalter signalisiert und es ist zu vermuten, dass das Metropol in nächster Zeit, nach Abschluss der Rechtsstreitigkeiten, unter neuem Namen wieder eröffnet wird und sich die Gäste dann wieder an der Architektur erfreuen können. Ohne dass die Aktionäre der Goya AG hiervon etwas haben.
Die Vereinbarung dieses Mietvertrages war für die Aktionäre sicherlich nachteilig. Wäre der Vermieter bei einer Beendigung des Mietvertrages aus welchen Gründen auch immer verpflichtet gewesen, Kompensation für die Einbauten zu leisten, wäre eventuell bei einer dann eingetretenen Insolvenz genug Kapital vorhanden, dass der Insolvenzgrund Überschuldung eventuell nachträglich wegfällt und die Goya AG ausgelöst und die Restwerte an die Aktionäre verteilt werden könnten. Dann wäre die Angelegenheit vielleicht nicht mit einem Totalschaden beendet worden. Auf diese Art und Weise jedoch hat die Goya AG es geschafft, Eigenkapital der Aktionäre einzusammeln und keine äquivalenten Wirtschaftsgüter dafür zu schaffen. Anders als beispielsweise ein Industrieunternehmen, welches immerhin Lagerhallen oder ähnliche Kapazitäten in eigenem Eigentum aufbauen können.
Sofern ein Gericht diese Argumente zu einem Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung anerkennen würde, stellt sich allerdings die größte Frage des prozessualen Vorgehens: Ist der Schuldner solvent? Insbesondere beim ehemaligen Vorstand Glückstein ist zu erwarten, dass dieser mit einer Vielzahl von Schadensersatzprozessen konfrontiert sein wird. Nicht nur von Seiten der Aktionäre. So hat schon der Insolvenzverwalter angekündigt, die der AG zustehenden Schadensersatzansprüche zu verfolgen. Zugleich gab der Insolvenzverwalter in seinem Gutachten einen Hinweis darauf, dass möglicherweise außenstehende Gläubiger aus der Spätphase der Betriebstätigkeit der Goya AG gegebenenfalls Klagen wegen Eingehungsbetruges einreichen könnten. Diesen soll der Vorstand mitgeteilt haben, die Bezahlung ihrer Lieferungen sei gesichert, da die Hausbank der Goya AG schriftlich ein Darlehen in beträchtlicher Höhe zugesichert habe. Ein derartiges Schriftstück konnte vom Insolvenzverwalter jedoch zu keinem Zeitpunkt gefunden werden. Ob Glückstein also genügend Geld zur Verfügung hat, sowohl die Ansprüche des Insolvenzverwalters als auch der außenstehenden Lieferanten und sonstiger Gläubiger zu bedienen und auch noch die Schadensersatzklagen der Aktionäre, ist offen.
Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung verjähren üblicherweise in sechs Monaten ab Kenntnis vom Schadensersatzgrund und in drei Jahren ab Beitritt zur jeweiligen Kapitalanlagegesellschaft.