Dr. Thomas Schulte

Haftet Anwalt bei Schufaeintrag?

Anwaltshaftung aus übereifrigem Negativvermerk bei der Schufa

Schaden kann für Selbstständige existenziell bedrohlich werden.

So ist es Sophie G. aus Bayern als Hauptstellenleiterin eines großen Versicherungskonzerns ergangen. Nach einem zunächst gar nicht bemerkten Schufa-Eintrag flog Sophie G. ihr gut gesichert geglaubtes Leben als Selbstständige um die Ohren. Eine unglaubliche Geschichte.

„Dumm gelaufen“: Zahnarzt verhaftet -Zähne beschlagnahmt

Ihr langjähriger Zahnarzt hatte zunächst einen umfangreichen Sanierungsplan im Wert von über € 20.000,– gemacht und die Behandlungen eingeleitet. Es war gerade der letzte Zahn gezogen, die Implantate lagen bereit, als es an der Tür des Zahnarztes klopfte. Alles beschlagnahmt – inklusive des vorgefertigten Zahnersatzes von Sophie G. Der Zahnarzt wurde später wegen gewerbsmäßigem Betrug verurteilt. Eine Berufshaftpflicht hatte der nicht. Das für den Zahnersatz bereits gezahlte Geld war futsch. Und auch Zähne hatte sie keine, dafür aber Schmerzen.

Private Krankenversicherung sagt Kostenübernahme zu – und zahlt dann nicht

Nach Rücksprache mit Ihrer privaten Krankenversicherung begab sie sich in die Hände eines weiteren Mediziners. Die Versicherung rügte dann bei Einreichung der Rechnung des Zahnmediziners eine angeblich doppelte Abrechnung und kündigte der Selbstständigen dann den Versicherungsvertrag. Dies kann diese sich nicht erklären. Zähne hat sie zwar jetzt, aber die klappern ihr jetzt vor Angst. Auf Grund gerade getätigter Investition in die von ihr geleitete Filiale kann sie nach Zahlungsverweigerung ihrer Krankenkasse die Zahnarztrechnung nicht begleichen. Der gibt die Forderung weiter an die Gesellschaft für Forderungseinzug, die einen Mahnbescheid beantragt und den Vorgang an die Rechtsanwältin K. abgibt.

Beauftragte Rechtsanwältin veranlasst sofort Schufa-Eintrag –mit herber Konsequenz

Rechtsanwältin K teilt die offene Forderung der Gesellschaft sofort an die Schufa mit und behauptet ein Abwicklungskonto. Dies geschah ohne vorherige Ankündigung und ohne Unterzeichnung einer Schufa-Klausel durch die Betroffene. Zeitgleich beantragt die Rechtsanwältin K. einen Mahnbescheid, gegen den Sophie G. sofort Widerspruch einlegt und damit die Forderung strittig stellt. Der Schufaeintrag war damit eklatant rechtswidrig, da nur unbestrittene oder titulierte Forderungen eingetragen werden dürfen.

Zwischenzeitlich hatte Sophie K.  eine Zahlungsvereinbarung geschlossen und gemeinsam hatte man ein Darlehen beantragt.

Darlehen abgelehnt – Kreditkarte eingezogen –Dispo gekündigt

Die Bank lehnte ob der schlechten Schufa eine Darlehensgewährung ab. Danach erhob die Rechtsanwältin K. sofort Klage. Die überraschte Sophie G., die erst durch die Ablehnung des Darlehens von dem Negativvermerk Kenntnis bekam, versuchte nun auf Ihren Wegen das Geld zu beschaffen und vor dem Verhandlungstermin hatte sie die Forderung durch Zahlung von € 10.000,00 auf ca. € 3.500,00 bereits reduziert. In Kenntnis dessen beantragte die Rechtsanwältin K. ein Versäumnisurteil in voller Höhe, welches sodann erlassen wurde. Zwischenzeitlich hatten Hausbank und Leasingfirmen sich gegen sie verschworen. Kreditkarte, Dispo, und auch die geleasten Firmenfahrzeuge weg!
Sophie G. ist mehr als empört. Sie fragt sich nun, ob nicht auch schon die private Krankenversicherung nur auf Grund des Negativvermerks den Krankenversicherungsvertrag gekündigt hatte und möchte nun gegen Rechtsanwältin K. vorgehen.

Rechtsanwältin muss gesamten entstehenden Schaden ersetzen, § 823 BGB

Nachdem die Krankenversicherung Abstand von einer Zahlung genommen hatte, hätte Sophie G. auf Grund ihres ansonsten untadeligen Verhaltens ohne Weiteres ein Darlehen aufnehmen können, die Zahnarztrechnung begleichen und entspannt den Rechtsstreit  mit der Krankenversicherung abwarten können. Dadurch, dass Rechtsanwältin K. hier rechtswidriger Weise den Schufa-Eintrag veranlasste, steht sie gegenüber Sophie G. in voller Haftung. Sie hat ihr jedweden kausalen Schaden aus der unberechtigten Eintragung gem. § 823 BGB zu ersetzen. Wäre der Eintrag nicht gewesen, wären weder Gerichts und Anwaltskosten noch Zinsen angefallen, die späteren Fremdfinanzierungskosten wären niedriger gewesen.

Sorgfältige Abwägung im Einzelfall vor Mitteilung an Schufa erforderlich

Rechtsanwältin K. hätte in Kenntnis der Situation auch wissen müssen, dass Sophie G. durch den Negativvermerk auch ihre wirtschaftliche Existenz verlieren würde. Das Versicherungsunternehmen war sofort an sie herangetreten. Man hatte ihr mitgeteilt, sich von ihr trennen zu müssen, würde der Eintrag aufrechterhalten. Bei einer ordnungsgemäßen Abwägung unter Beachtung des Verlaufs wäre jedoch das Interesse von Sophie G. überwiegend, so dass ein Eintrag unverhältnismäßig wäre. Die Abwägung der Interessen der Öffentlichkeit und denen von Sophie G. –Erhaltung Ihrer wirtschaftlichen Existenz- ist nicht korrekt erfolgt. Ein Eintrag kann angesichts des Verlaufs des Sachverhalts schon nicht rechtmäßig sein.

Fazit: Gläubiger aufgepasst – es kann hoher Schadensersatz drohen

Jeder Gläubiger sollte sich zweimal überlegen, ob ein Negativvermerk gerechtfertigt ist, bevor eine entsprechende Mitteilung an die Schufa rausgeht. Nicht dass er dann selbst in der Schufa steht –weil er die hohen Schadensersatzforderungen nicht zahlen kann. Die Einstellung, „Leben und leben lassen“ kann zur Vermeidung von Fehlern ein guter erster Ansatz sein.

Tipps und Tricks für den Verbraucher

Soweit eine Forderung nicht sofort beglichen werden kann, womöglich auf der Gläubigerseite bereits ein Rechtsanwalt eingeschaltet ist, das Schufaregister besonders im Auge behalten. Gem. § 39 Bundesdatenschutzgesetz bzw.  Art. 15 DS-GVO ist die Schufa einmal jährlich zur kostenlosen Auskunft über etwaige Eintragungen verpflichtet. Oder aber man nutzt das kostenpflichtige Angebot der Schufa und bekommt bei jeder Änderung der Eintragungen sofort darüber eine Mitteilung. Wartet man solange wie in dem geschilderten Fall, kann die gesamte Existenz des Betroffenen durch einen einzigen Eintrag zerstört werden.

 

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
23. Jahrgang - Nr. 2492 vom 19. März 2019 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich