Keine Haftungsbegrenzung im Prospekt

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Inhaltsverzeichnis
Recht und Gesetz

 
Über die Folgen fehlerhafter Überreichung eines Prospekts bei Immobilienfonds hatten wir bereits berichtet. Mit der Übergabe des Prospektes erfüllen die Banken und Anlagevermittler aber nicht nur ihre Beratungspflichten, Sie versuchen zudem, sich hinsichtlich der Haftung wegen Beratungsfehlern zum Teil frei zu zeichnen. So heißt es zumeist auf dem Zeichnungsschein an versteckter Stelle: „Mit dem Haftungsvorbehalt im Emissionsprospekt erkläre ich mich einverstanden" und im Prospekt dann: „… Die Haftung der gegenwärtigen und zukünftigen Vertragspartner, einschließlich der Vertriebsgesellschaft oder der von ihr Beauftragten und deren Mitarbeiter, für unrichtige oder unvollständige Prospektangaben oder für Verletzung eventuell bestehender Aufklärungs- und Hinweispflichten gegenüber dem Zeichner ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt […] Eventuelle Ersatzansprüche gegen die vorgenannten Personen, Gesellschaften oder Gesellschafter, gleichgültig aus welchem Rechtsgrund, verjähren vorbehaltlich kürzerer gesetzlicher oder vertraglicher Fristen in sechs Monaten nach Kenntniserlangung durch den Zeichner, spätestens in drei Jahren seit dem Beitritt zur Gesellschaft." Vor allem die sechsmonatige Verjährungsfrist sorgt dafür, dass viele Anleger, wenn Sie den Prospekt einmal vollständig lesen, von einer Rechtsverfolgung absehen, wenn ihnen der Vermittler einen Fonds empfohlen hat, den sie gar nicht haben wollten oder unrichtige Versprechungen gemacht hat.


Doch dieser Zweifel ist unberechtigt, wie nunmehr der Bundesgerichtshof (Urteil v. 11. Dezember 2003, III ZR 118/03) entschieden hat. Es sei zwar grundsätzlich zulässig, Haftungsbegrenzungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch von einem Vertragspartner gegenüber dem anderen Vertragspartner zum Schutz eines Dritten zu vereinbaren, sie dürfte aber nicht überraschend iSd § 305c Abs. 1 BGB sein, also von den Erwartungen des Kunden so deutlich abweicht, dass dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Hierzu führt der Bundesgerichtshof aus: „Der durchschnittliche Anleger brauchte dagegen nicht damit zu rechnen, dass sein mit einem Anlageprospekt operierender Vertragspartner – die Objektgesellschaft, der er beitreten sollte – den Prospekt mit dem darin enthaltenen "Kleingedruckten" benutzen würde, um zugleich auch auf den Inhalt weiterer selbständiger Vertragsverhältnisse des Anlegers zu Dritten Einfluss zu nehmen, die bei der Anbahnung der Vertragsbeziehung oder im Rahmen des Anlagemodells mit dem Anleger in Berührung kommen konnten. Sieht man einmal von dem – hier nicht gegebenen – Fall ab, dass der Prospekt des Anlagemodells für die vom Anleger gegebenenfalls einzugehenden weiteren Rechtsverhältnisse vorformulierte Vertragstexte enthält, so ist die Regelung solcher (weiteren) Vertragsverhältnisse im allgemeinen grundsätzlich Sache des Anlegers selbst beziehungsweise der betreffenden – unter Umständen mit eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen operierenden – Vertragspartner. […] Der Umstand, dass der Anlagevermittler/-berater möglicherweise als mit dem Prospektherausgeber "in einem Lager" stehend erschien, rückte ihn nicht allgemein in eine solche Nähe zu dem Vertrag zwischen Anleger und Objektgesellschaft, dass für den Anleger ohne weiteres nahegelegen hätte, dieser Vertrag könnte (auch) Regelungen zur Begrenzung der Haftung des Anlagevermittlers/-beraters enthalten.“
Der Überraschungscharakter einer derart ungewöhnlichen, nicht vertragstypkonformen Klausel sei im allgemeinen nur dann beseitigt, wenn die Klausel wenigstens drucktechnisch so hervorgehoben ist, dass erwartet werden kann, der Kunde werde von ihr Kenntnis nehmen, was weder im zu entscheidenden Fall noch in der Regel der Fall sein wird.
Das Urteil bringt damit für den Anleger die wichtige Erkenntnis, dass Schadensersatzansprüche wegen Beratungsfehlern nach wie vor gemäß § 37a WpHG erst in drei Jahren ab Anspruchsentstehung verjähren und trotz einer entsprechenden Vertragsklausel nicht schon in 6 Monaten. Mehr Anleger können so den erst zu spät bemerkten Aufklärungsmangel gerichtliche Schritte folgen lassen.

Dr. Thomas Schulte

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Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 387 vom 30. November 2004 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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