Oberlandesgericht Düsseldorf: Keine Schufa Meldung nach Darlehenskündigung bei vorheriger geduldeter Kontoüberziehung – Was ist rechtlich erlaubt und richtig?
Die Wirtschaft blüht, der Konsum der Verbraucher steigt nach Prognosen der Privatbanken so stark wie seit rund 16 Jahren nicht mehr. Gleichzeitig sind die Verlockungen im Alltag groß: neuer Fernseher, neues iPhone oder ein neues Sofa. Schlagwörter wie schnelle Kredite, Sofortkredit, Kredit ohne Schufa schreien uns entgegen!
Datenauswertungen vom Statistischen Bundesamt, Destatis, Statista und der Schufa besagen, dass 9 von 10 Gebrauchtwagenkäufen in Deutschland mit Hilfe eines Kredits Zustandekommen. Wissen sollten wir, dass sich die Banken mehr als 18 Millionen Mal pro Jahr bei der SCHUFA erkundigen. Oder auch dass 2,5% der Deutschen ihre Kredite nicht ordnungsgemäß zurückzahlen. Oder dass 2% der Bevölkerung für den Sommerurlaub einen Kredit bei der Bank oder einem Kreditvermittler aufnehmen. Prof. Dr. Erik Kraatz von der Berliner Kanzlei Dr. Schulte und sein Team Rechtsanwälte mbB stellt nüchtern fest, dass der Bezug zu Krediten und deren Verwendung sich massiv in den letzten Jahren geändert hat: „Es wundert daher nicht, wenn umso plötzlicher schneller Geldbedarf bei den Verbrauchern besteht, der neben einem herkömmlichen Kredit kurzfristig um eine Kontoüberziehung gelöst wird. Doch Vorsicht, wo lauern die Gefahren?“
1. Die geduldete Kontoüberziehung
„Konsumrausch“ Deutschland? – Im Vorteil sind diejenigen, denen ihre Bank bereits einen Dispositionsrahmen eingeräumt hat. „Aber auch in allen Fällen kann es angesichts teils astronomischer Überziehungszinsen für die Bank sinnvoll sein, eine Überziehung des Kunden zu dulden und trotz festgestellter Kontoüberziehung diesen nicht unmittelbar – anzusetzen ist hier die Monatsfrist des § 505 Abs. 2 BGB – zur Rückführung des Betrages aufzufordern“, so Rechtsanwalt Dr. Kraatz. In einer derartigen Duldung liegt rechtlich eine konkludente Einigung zwischen Bank und Verbraucher über die Einräumung oder Erhöhung eines entsprechenden Kreditlimits im Rahmen des Girovertrages auf Antrag des Kunden. Seiner Rechtsnatur nach handelt es sich bei der stillschweigend erzielten Abrede um ein Handdarlehen und damit letztlich um eine vertraglich eingeräumte Überziehung, mit sämtlichen rechtlichen Konsequenzen.
2. Unwirksamkeit einer Kündigung nach geduldeter Kontoüberziehung
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat bereits am 5. Mai 2008 entschieden, dass die Kündigung eines Darlehensvertrages wegen Zahlungsrückständen unwirksam ist, wenn die Bank diese Zahlungsrückstände im Rahmen eines Sanierungsplans bereits über längere Zeit geduldet hatte (Aktenzeichen 17 U 131/07). Rechtsanwalt Dr. Erik Kraatz weist darauf hin, dass wenn die Bank dem Kunden ausdrücklich die Möglichkeit einer Kontenüberziehung einräumt, so könne in der Überziehung keine schuldhafte Pflichtverletzung des Kunden erblickt werden, die für eine fristlose Kündigung (wegen aufgelaufenen Zahlungsrückstandes) aber erforderlich ist.
3. Folge für Schufa-Meldungen
Die Folgen hieraus für Schufa-Meldungen hat nunmehr das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 12.9.2014 – I-16 U 7/14 klargestellt. Eine Übermittlung sogenannter Negativmerkmale an die Schufa über eine nicht vertragsgemäße Vertragsabwicklung (wie zum Beispiel eine Kündigung der Kontoverbindung oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen) dürfen nicht alleine mit Blick auf die in Darlehensverträgen enthaltene „Schufa-Klausel“ erfolgen, sondern einzig bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 28a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
Nach deren § 28a Absatz 1 Nummer 5 BDSG ist eine Meldung an die Schufa zwar zulässig, wenn das der Forderung zugrunde liegende Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und die verantwortliche Stelle den Betroffenen über die bevorstehende Übermittlung unterrichtet hat. Berechtigt aber eine geduldete Kontoüberziehung keine fristlose Kündigung, so ist § 28a Absatz 1 Nummer 5 BDSG nicht erfüllt und der Kunde hat einen Anspruch auf Widerruf der an die Schufa gemeldeten Daten (§§ 823 Absatz 1, 1004 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB).
4. Nicht geduldete Kontoüberziehung
Anders sieht es demgegenüber bei einer nicht geduldeten Kontoüberziehung aus, sprich: wenn die Bank den Kunden (unter Fristsetzung) unmittelbar (Monatsfrist) zum Saldenausgleich auffordert. Gleicht der Kunde den Saldo dann nicht fristgemäß aus, so liegt hierin eine Verletzung des Girovertrages, der nicht nur einen verzugszinsen-Anspruch der Bank auslöst, sondern diese auch zur fristlosen Kündigung sowie einer entsprechenden Meldung an die Schufa berechtigt. Der erfahrene Jurist warnt darum die Verbraucher eindringlich: „Vorsicht mit Kontoüberziehungen, mögen die Verlockungen noch so groß sein! Die Nachwehen eines Negativeintrages bei den Auskunfteien sind schmerzhaft spürbar, denn die Kreditwürdigkeit ist dadurch oftmals langfristig gefährdet.“
Die SCHUFA (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) ist Deutschlands größte Auskunftei, die eine entscheidende Rolle bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit von Privatpersonen und Unternehmen spielt. Hier ist ein Überblick über SCHUFA-Einträge, die rechtlichen Grundlagen und wie Sie Ihre Bonität schützen können:
Was die SCHUFA ist und welche Daten sie sammelt:
- Die SCHUFA sammelt laufend Daten von Verbrauchern. Zu den Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden, gehören:
- Personendaten (Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, Anschrift, frühere Anschriften)
- Informationen über die Aufnahme und vertragsgemäße Durchführung eines Geschäftes (z. B. Girokonten, Ratenkredite, Kreditkarten, Pfändungsschutzkonten, Basiskonten)
- Informationen über unbestrittene, fällige und mehrfach angemahnte oder titulierte Forderungen sowie deren Erledigung
- Die SCHUFA sammelt Daten aus verschiedenen Quellen, hauptsächlich von ihren Vertragspartnern. Dazu gehören:
- Bestehende Kredite
- Zahlungsausfälle
- Häufigkeit von Kreditanfragen
- Dauer bestehender Geschäftsbeziehungen
- Mobilfunkverträge
- Versandhändler
- Inkassounternehmen
- Girokonten mit Dispozinsen
- Anzahl der Kreditkarten
- Auch positive Daten wie pünktliche Zahlungen
- Die SCHUFA verfügt zwar über eine solide Datenbank, sammelt jedoch keine personenbezogenen Daten direkt von Verbrauchern, sondern ist auf die Daten ihrer Mitglieder angewiesen.
- Die SCHUFA speichert keine Informationen über Vermögen, Einkommen, Beruf, Familienstand, Nationalität oder politische und religiöse Überzeugungen.
Rechtliche Grundlagen:
- Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die SCHUFA unterliegt der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
- Gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO ist die Datenverarbeitung erlaubt, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist und die Grundrechte der Betroffenen nicht überwiegen.
- Die Übermittlung von Negativmerkmalen an die SCHUFA ist an strenge Bedingungen geknüpft (§ 31 Abs. 2 BDSG). Eine Forderung darf nur gemeldet werden, wenn der Schuldner zweimal gemahnt wurde und die Forderung nicht bestritten hat.
- Nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen vorliegt.
Ihre Rechte als Verbraucher:
- Auskunftsrecht: Sie haben das Recht, einmal jährlich kostenlos eine Auskunft über die bei der SCHUFA gespeicherten Daten zu verlangen (Art. 15 DSGVO, § 34 BDSG). Diese Auskunft muss Informationen über die Herkunft der Daten und die Empfänger enthalten. Am einfachsten geht die Bestellung online unter www.meineSchufa.de. Wählen Sie dort „Datenkopie (nach Art. 15 DSGVO)“ aus.
- Berichtigungsrecht: Sie haben das Recht, unrichtige oder unvollständige Daten korrigieren zu lassen (Art. 16 DSGVO).
- Recht auf Löschung: Gemäß Art. 17 DSGVO und § 31 Abs. 2 BDSG können Sie die Löschung von Daten verlangen, wenn diese nicht mehr erforderlich oder unrechtmäßig gespeichert wurden. Einträge über erledigte Forderungen oder Restschuldbefreiungen müssen nach einer bestimmten Frist gelöscht werden. Nach einer Restschuldbefreiung müssen Einträge spätestens nach sechs Monaten gelöscht werden (EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2023, C-634/21).
- Widerspruchsrecht: Gemäß Artikel 21 DSGVO können Sie Widerspruch gegen die Verarbeitung Ihrer Daten einlegen, wenn eine besondere Situation vorliegt. Beschreiben Sie Ihre Situation konkret und detailliert und legen Sie Belege bei.
- Verbraucher haben das Recht, sich gegen unberechtigte Einträge oder fehlerhafte Daten zu wehren.
Wie Sie Ihre Bonität schützen und verbessern können:
- Regelmäßige Überprüfung: Überprüfen Sie Ihre SCHUFA-Daten regelmäßig und fordern Sie mindestens einmal jährlich eine kostenlose Selbstauskunft an. Achten Sie dabei genau auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Einträge.
- Schnelles Handeln bei Fehlern: Wenn Sie fehlerhafte oder unrechtmäßige Einträge entdecken, handeln Sie sofort. Zögern Sie nicht, da Zeit ein entscheidender Faktor ist.
- Schriftlicher Einspruch: Erheben Sie schriftlich Einspruch bei der SCHUFA und dem Unternehmen, das den Eintrag veranlasst hat. Formulieren Sie Ihren Antrag auf Löschung klar und präzise, mit einer nachvollziehbaren Begründung und rechtlichen Verweisen.
- Pünktliche Zahlungen: Leisten Sie pünktliche Zahlungen, um Mahnungen und Zahlungsausfälle zu vermeiden.
- Wenige Kreditanfragen: Stellen Sie wenige Kreditanfragen, da zu viele Anfragen negativ wirken.
- Unnötige Konten und Kreditkarten schließen: Schließen Sie unnötige Konten und Kreditkarten, um die Übersicht zu behalten.
- Rechtliche Beratung: Lassen Sie sich im Zweifelsfall von einem Rechtsanwalt beraten.
Was tun bei einem ungerechtfertigten SCHUFA-Eintrag?
- Wenn Sie einen fehlerhaften oder ungerechtfertigten SCHUFA-Eintrag feststellen, sollten Sie aktiv werden:
- Einspruch erheben: Bei fehlerhaften Einträgen sollten Sie umgehend schriftlich Einspruch bei der SCHUFA und der einmeldenden Stelle erheben. Legen Sie alle relevanten Unterlagen bei, die Ihren Standpunkt untermauern (z.B. Verträge, Zahlungsnachweise).
- Frist setzen: Setzen Sie der SCHUFA eine Frist zur Klärung des Sachverhalts (z.B. zwei bis vier Wochen).
- Löschung beantragen: Fordern Sie die Löschung unrechtmäßiger Einträge. Nutzen Sie Ihr „Recht auf Vergessenwerden“ gemäß Artikel 17 DSGVO.
- Beschwerde einreichen: Wenn die SCHUFA nicht auf Ihren Einspruch reagiert oder den Eintrag nicht entfernt, können Sie eine Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde einreichen.
- Rechtliche Schritte einleiten: Bei Bedarf können Sie rechtliche Schritte einleiten, um die Löschung des Eintrags zu erzwingen und Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
- Dokumentation: Bewahren Sie alle relevanten Dokumente und Korrespondenzen sorgfältig auf.
Wirkung von negativen SCHUFA-Einträgen:
- Negative Einträge können weitreichende Folgen haben, wie z.B.:
- Ablehnung von Krediten
- Verweigerung von Mietverträgen
- Ablehnung von Mobilfunkverträgen
- Höhere Zinsen bei Krediten
- Einschränkungen bei Bankdienstleistungen
Schadensersatz:
- Wer durch einen falschen SCHUFA-Eintrag wirtschaftliche oder psychische Nachteile erleidet, kann nach Art. 82 DSGVO Schadensersatz verlangen. Dies kann sowohl finanzielle Schäden als auch immaterielle Schäden wie Stress, Unsicherheit und Rufschädigung umfassen.
- Art. 82 DSGVO bildet die Grundlage für Schadenersatzansprüche bei Verstößen gegen den Datenschutz.
- Das Gericht stellte in einem Urteil vom 19. März 2024 fest, dass ein Schadenersatzanspruch gegen die Schufa besteht, wenn Positivdaten ohne ausreichende Rechtsgrundlage übermittelt wurden.
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Anwaltliche Unterstützung:
- Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt aus Berlin, ist Experte für das Schufa-Recht und steht Ihnen mit seiner Expertise zur Seite, um Ihre Rechte durchzusetzen und Ihre Bonität zu schützen.Seit vielen Jahren unterstützen wir Mandanten erfolgreich bei der Bewältigung von Schufa-Problemen. Unsere Expertise hilft Ihnen, Ihre finanzielle Reputation wiederherzustellen. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren:
- E-Mail: dr.schulte@dr-schulte.de
- Telefon: +49 (0) 30 – 22 19 220 20