Architektur / Pixabay

N24 Wirtschaftsreport 2303.2006, 12.30

Thema „Testperson“
 
Testpersonen sind Menschen, die im Interessen von Firmen oder Agenturen Produkte im täglichen Leben nutzen und so deren Qualität, Wirksamkeit, etc. testen und so Informationen und Daten sammeln. Im medizinischen Bereich werden solche Test mit und an Menschen auch als „Menschenversuch“ bezeichnet. Dabei handelt es sich dann um einen Versuch oder ein Experiment an einem oder mehreren Probanden zum Zwecke des Erkenntnisgewinns. Im engeren Sinn handelt es sich um einen wissenschaftlich durchgeführten Versuch, der auch einen körperlichen Eingriff beinhalten kann, d.h. den Gesundheitszustand der Versuchsperson zu beeinflussen geeignet ist. Da Erkenntnisse von Tierversuchen nur begrenzt auf Menschen übertragbar sind, sind Menschenversuche in der Medizin notwendig.

 
Es gibt jedoch nicht nur seriöse Anbieter. Häufig ist es auch so, dass die Interessenten durch die Angebote gelockt werden, bspw. teure 0900-Nummern anzurufen oder/ und Daten zu offenbaren. Besonders wichtig für unseriöse Anbieter ist es auch Daten über potentielle Kunden zu sammeln um diese für die Gestaltung der Werbung zu sammeln. Häufig werden auch sozial Schwache oder einkommenslose Personen durch vermeintlich vorteilhafte Angebote gelockt. Ein Beispiel dafür ist im letzten Jahr bekannt geworden: der Lobbyverband der chemischen Industrie in den USA, unterstützte mit 2 Millionen Dollar die sogenannte CHEERS-Studie. Hier sollten die Pestizidwerte von Kindern in 60 Haushalten in Florida gemessen werden, in denen besonders viele Pestizide verwendet werden. Für den zweijährigen Versuch sollten die Eltern auch das Verhalten der Kinder mit Video aufnehmen, nachdem diese Pestizide aufgenommen hatten. Als Entschädigung sollten die Eltern 970 Dollar, die Videokamera, Kleidung und andere Kleinigkeiten erhalten. Mit den Ergebnissen sollten gesundheitliche Richtlinien erarbeitet werden.
 
Ein weiteres Bespiel für einen medizinischen Test an Menschen ist im Mai des letzten Jahres bekannt geworden. Der Chemiekonzern Bayer hatte über eine Privatklinik das Pestizid Azinphosmethyl an Menschen über 18 Jahren in Schottland testen lassen. Sie wurden über Zeitungsannoncen gesucht und erhielten 700 Euro für ein paar Tage im Krankenhaus, um herausfinden, wann das in Kapseln eingenommene Pestizid zu wirken beginnt.
 
Häufig gibt es aber nicht einmal eine finanzielle Entschädigung, sondern kleine „Dankeschön“-Geschenke wie Handtücher, Feuerzeuge oder Taschenlampen. Die Testpersonen werden mit markigen Slogans wie: „Es ist schon eine interessante Sache, Produkte mit beeinflussen zu können“ oder  „Tausende von Euro an extra Einkommen möglich.“ gelockt und verpflichten sich dann zu nicht immer risikolosen Tests.
 
So operieren auch unseriöse Anbieter mit solchen Tests und versuchen durch verlockende Angebote Interessenten zu werden. Es ist dabei oft schwierig bei der Fülle von Angeboten, insbesondere im Internet einen unseriösen Anbieter auf Anhieb zu erkennen (Alleine bei der Eingabe des Wortes „Testperson“ finden sich bei Google 322.000 Einträge).
 
Wichtig ist daher für die Interessenten immer sich zunächst  zu vergegenwärtigen, wer der Vertragspartner ist: Wen hat man vor sich, was zeichnet denjenigen aus, der die Testperson sucht. Unseriöse Angebote kann man bspw. durch die Aufmachung der der Anzeigen erkennen. Wie tritt das Unternehmen am Markt auf, das die Testperson sucht? Gibt es Möglichkeiten weitere Hintergrundinformationen über den Test und den Auftraggeber
herauszufinden; dies ist bei medizinischen Tests besonders wichtig. Bei Internetrecherchen in meiner Kanzlei haben wir festgestellt, dass es häufig sehr schwierig ist, auf den entsprechenden Internetseite auf den ersten Klick eine Kontaktadresse herauszufinden. Die Anzeigen sind häufig so gestaltet, dass nur die Vorzüge des Test dargestellt werden; über etwaige Risiken wird zunächst nicht aufgeklärt. Bei Reaktionen auf Internetanzeigen ist daher besondere Vorsicht geboten. Stimmt das gesetzlich vorgeschriebene Impressum ist zu fragen?
 
Es gibt aber auch seriöse Anbieter. Dies ist insbesondere im medizinischen Bereich sehr wichtig. Die Anforderungen, die dem Schutz der an der klinischen Prüfung teilnehmenden Probanden dienen, sind dann sehr hoch. Zum anderen werden detaillierte Anforderungen an Prüfer und Sponsor zur Planung, Durchführung, Dokumentation, Auswertung und Berichterstattung, die die Qualität der Daten, Ergebnisse und Schlussfolgerungen und deren Nachvollziehbarkeit sicherstellen sollen, gestellt. Zum Schutz der Probanden gehört bspw., dass jede Prüfung vor Beginn und fortlaufend von einem unabhängigen Ethikkomitee zu befürworten ist, das beurteilen soll, ob die Durchführung der Prüfung ethisch gerechtfertigt ist, ob die Prüfstelle für die Durchführung geeignet ist, und ob die Materialien zur Einholung des Einverständnisses der Probanden angemessen sind. Die GCP gibt Richtlinien zur Zusammensetzung des Ethikkomitees und zu seiner Arbeitsweise vor und bestimmt, welche Dokumente dem Komitee vorzulegen sind.
 
Im Unterschied zu den medizinischen Tests sind die Produkttests zu sehen: Oft wird hier kein Geld, sondern die Nutzung der Geräte als Gegenleistung versprochen. Dies ist für den Tester nicht ohne Risiko: Zum einen bekommt er ein Gerät, das er sich nicht selbst aussuchen konnte; er weiß dann nicht, was ihn erwartet, insbesondere nicht, welche Risiken von dem gerät ausgehen. Zum anderen kann auch ein Gerät, das nur zur Verfügung gestellt wurde und nach dem Test behalten werden darf, Schäden verursachen. Mangelt es an einem wirksamen Kaufvertrag, so fallen Mangelgewährleistungsansprüche und auch vertragliche Schadensersatzansprüche von vornherein aus. Man ist dann auf die deliktische, gesetzlichen Ansprüche reduziert, die stets eine Rechtsgutsverletzung voraussetzen. Wird die dauerhafte Überlassung des Gegenstandes dagegen als Schenkung vereinbart, so ist auch in diesem Zusammenhang der die Haftung beschränkt (§ 521 BGB). So muss der Schenker hier nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haften.
 
Ein ethnisch besonders umstrittenes Feld sind die Medikamententests. Hunderte von Wirkstoffen werden hier jährlich an Menschen getestet. Nach Angaben des Rats für medizinische Forschung verlaufen die meisten Tests ohne größeren Probleme. Freiwillige Testpersonen bestätigen, dass die Versorgung und Betreuung während der Tests hervorragend sei. Experten kritisieren jedoch, dass viele junge Menschen solche Versuche auf die leichte Schulter nähmen, denn ein Risiko gebe es immer. Es sei vor allem problematisch, dass einige an zu vielen Tests teilnähmen und die empfohlenen Zeitabstände zwischen den Versuchen nicht einhielten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, sich über die medizinischen Risiken aufklären zu lassen und sich für den Fall von auftretenden Schäden möglichst vertraglich abzusichern. Generell sollte man bei medizinischen Tests ganz besonders vorsichtig sein, da die Risiken in diesem Bereich kaum zu kalkulieren sind. Häufig ist es auch so, dass man als Testperson selbst gar nicht weiß, ob sie das neue Medikament einnimmt, oder nur einfache Traubenzuckertabletten verabreicht bekommt. Informationen über die durchgeführten Tests sind das aller wichtigste. Erschreckend ist hier das Beispiel einer Patientin, die über an ihr durchgeführte Tests folgendes sagt: „Die Krankenschwestern sprachen immer von einem Medikament. Vor dem Test erhielt ich zwar Informationsmaterial, aber die Fachausdrücke darin habe ich nicht verstanden.“. Unter anderem wurden unerwünschte Ergebnisse verschwiegen, Probanden mangelhaft auf Risiken hingewiesen und Testpersonen gesundheitlich geschädigt.
 
Auch ist eine vertragliche Regelung über Schadensersatzansprüche in diesem Bereich besonders wichtig. Auch sollte man eine vertragliche Regelung für den Fall möglicher (erst nach langer Zeit erkannter) Spätschäden finden. Kommt es nach einem medizinischen Test dennoch zu gesundheitlich nachteiligen Folgen, so wirkt sich die durch die Patienten unterschriebene Einwilligungserklärung nachteilig auf die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen aus. Unter Umständen ist bei einem Menschenversuch der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt (siehe auch §§ 223 und folgende im deutschen StGB). Eine erteilte Einwilligung bleibt dann erst unberücksichtigt, wenn das Experiment sittenwidrig wäre. Welche Anforderungen an die Sittenwidrigkeit zu stellen sind, ist Thema einer breiten Rechtssprechung. Im strafrechtlichen Sinne ist es jedoch gängig, die Sittenwidrigkeit dann anzunehmen, wenn die Folgen vom Grade nach die Intensität einer schweren Körperverletzung erreichen (bspw.: Verlust der Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, des Gehörs, des Sprechvermögens oder der Fortpflanzungsfähigkeit)
 
Bei Internetrecherchen stößt man auf eine Reihe von Internetseiten, auf denen man sich als Testperson anmelden kann, da bei jedoch persönliche Daten offen legen muss: Über das Leben seiner Testpersonen will der Auftraggeber fast alles wissen: Alter, Einkommen, Wohnsituation, Einkaufsverhalten und Konsumgewohnheiten. „Wir wissen sogar, was bei den Leuten im Kühlschrank steht“, sagen manche Agenturchefs. Rund 15 DIN A 4-Seiten mit Fragen muss ein neuer Tester beantworten, bevor er loslegen darf. Generell muss dabei eine Abfrage und eine Information erfolgen, dass die Daten auch anderweitig genutzt werden dürfen. Niemand darf einfach Informationen über Personen sammeln um diese später zur wirtschaftlichen Verwertung einzusetzen. Daher ist immer zu raten sich bei Internetseiten und -angeboten die Zeit nehmen und auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu studieren. Datenschutzrechtlich kompliziert wird die Verwendung von Daten besonders bei medizinischen Tests. Hier muss der Patient/ Testperson immer ausdrücklich zu einer Verwendung der Daten zustimmen. Sollte man jedoch Zweifel an einem rechtsmäßigen Umgang mit den eigenen Daten haben, kann man sich jederzeit mit den Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes in Verbindung setzen.
 
Für Personen, die bereits einen Vertrag mit einem Anbieter unterschrieben haben, stellt sich die Situation etwas schwieriger dar: Sie sollten zunächst beginnen sofern sie es nicht vor der Vertragsunterzeichnung schon getan
haben- Informationen über den Anbieter zu bekommen. Wo hat dieser seinen Sitz? Wer ist Ansprechpartner? Zu welcher Leistung habe ich mich überhaupt verpflichtet? Sollten man sich dann unbedingt von dem Vertrag lösen wollen, so kommt immer noch die Möglichkeit der Kündigung in Betracht.
1.       Prüfungsschemata:
1.       Seriöser Anbieter
2.       0900 Rufnummer dürfen nicht gewählt werden.
3.       Fragestellung: Was passiert mit meinen Daten? Ist das Angebot nur ein Lockmittel für Datenmissbrauch?
Grundregel: Im Internet muss der Verbraucher genauso vorsichtig sein wie im wirklichen Leben!
Dr. Schulte, RA

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 286 vom 22. März 2006 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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