Oberlandesgericht Bremen stärkt Rechte von Verbrauchern
Das Oberlandesgericht Bremen hat mit Urteil vom 02.03.2006 den Weg für Klagen von Verbrauchern gegen Banken, die als Darlehensgeberin an dem Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Hauses beteiligt waren, und wo bei Vertragsschluss eine Haustürsituation vorlag, gestärkt. Dem Urteil des OLG Bremen liegt ein längerfristiges Verfahren zugrunde. Ein Urteil des OLG Bremen war zuvor durch den BGH aufgehoben worden. Daraufhin hatte das OLG Bremen Rechtsfragen zum EuGH vorgelegt, welche dieser im Sinne des Verbraucherschutzes positiv beantwortet hatte. Das Urteil des OLG Bremen stellt nun die erste mit Spannung erwartete Umsetzung der neuen Vorgaben des EuGH dar.
Die Entscheidung:
Das OLG Bremen hat nunmehr in seiner Entscheidung vom 02.03.2006 die Klage der darlehensgebenden Crailsheimer Volksbank eG auf Zahlung der fälligen Darlehenssumme abgewiesen.
Zur Begründung verwiesen die Richter darauf, dass die in dem vorliegenden Verfahren fehlerhafte Widerrufsbelehrung, welche dem Darlehensvertrag zugrunde lag, nicht nur, wie dies bisher in der Rechtsprechung gesehen wurde, eine so genannte Obliegenheit der Bank sei, vielmehr sei die korrekte Widerrufsbelehrung gemäß der Rechtsprechung des EuGH nunmehr als echte Rechtspflicht zu verstehen, deren Verletzung zu Schadenersatzansprüchen führen könne.
Das OLG Bremen versucht mit dieser Entscheidung den Kunstgriff gelingen zu lassen, dem hier geschädigten Verbraucher doch noch zu einer möglichen Lösung vom Darlehensvertrag zu verhelfen. Bisher war dieses nicht möglich, da die Gerichte ein verbundenes Geschäft abgelehnt hatten und somit davon ausgingen, dass der Verbraucher zwar den Darlehensvertrag widerrufen könne, ihn dieses jedoch nicht von der Zahlungspflicht entbinde. Die bisher in ähnlichen Verfahren ergangenen Entscheidungen stellten den Verbraucher daher eher schlechter und nicht, wie dies eigentlich der Sinn des Widerrufsrechts gewesen wäre, besser bzw. so wie er stehen würde, wenn er den Vertrag nicht geschlossen hätte.
Über seine neuartige Konstruktion versucht nunmehr das OLG Bremen dem Verbraucher die Widerrufsmöglichkeit einzuräumen und ihm zu dem eigentlich intendierten Ergebnis des Europäischen Richtliniengebers zu verhelfen, nämlich das er so gestellt wird, wie er stehen würde, wenn er den Vertrag nicht unterzeichnet hätte.
Rechtsfolge ist demnach hier, dass der jeweilige Verbraucher den Darlehensvertrag mit der Bank widerrufen kann. Er hat danach keine Zahlungsverpflichtungen mehr gegenüber der Bank und kann seine bisher eingezahlten Darlehensbeiträge zurückverlangen. Im Gegenzug kann der Verbraucher die nicht rentierliche Wohnimmobilie an die Bank zurückübertragen und auch sämtliche ihm entstandenen Schäden von der kreditgebenden Bank zurückverlangen.
Bewertung:
Die Entscheidung des OLG Bremen ist durchaus begrüßenswert, da sie die Rechte des Verbrauchers stärkt und diesem eine Möglichkeit gibt, sich von dem für ihn ungünstigen Kreditvertrag zu lösen, da nunmehr die Bank als Verantwortlicher angesehen wird. Ob die Entscheidung allerdings Bestand haben kann, erscheint fraglich. Die Revision vor dem BGH kann auch in diesem Falle andere Ergebnisse hervorbringen. Dieses ist vor allem vor dem Hintergrund wahrscheinlich, dass das OLG Bremen nunmehr der Bank eine Pflichtverletzung vorwirft, für die diese haften müsse.
Wenn man sich aber den normalen Kausalverlauf ansieht, der vorhanden wäre, wenn die Bank nicht fehlerhaft belehrt hätte, so ist festzustellen, dass in diesem Fall (nämlich dem einer korrekten Belehrung) das Widerrufsrecht des Verbrauchers innerhalb kürzester Frist zu löschen wäre und dieser somit nun gar keine Ansprüche gegen die Bank hätte. Ein richtiges Verschulden der Bank bzw. von anderen Vertragspartnern, die nicht über ein Widerrufsrecht belehrt haben, erscheint lediglich dann vorzuliegen, wenn über das Widerrufsrecht gar nicht belehrt wurde. Hier erscheint eine Differenzierung zwischen nicht erfolgter und fehlerhafter Belehrung angezeigt. Weshalb beide Problematiken dieselbe rechtliche Lösung verdienen sollten, erschließt sich hier nicht zwingend.
Es bleibt also weiter spannend bei der Frage des kreditfinanzierten Immobilienerwerbes im Zusammenhang mit Darlehensverträgen, welche in Haustürsituationen geschlossen wurden und bei denen eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erfolgt ist. Vor allem die Frage, ob Verschulden des Vermittlers auch der Bank gegenüber zugerechnet werden muss, wurde in der Entscheidung des OLG Bremen offen gelassen, so dass auch hier noch gegebenenfalls weitere Ausführungen, welche die Rechtsprechung in Zukunft weiterführen könnten, zu erwarten und auch zu erhoffen sind.
Wir werden in der Sache weiter berichten.