Recht und Gesetz

Privatinsolvenz für „Betrüger“ ausgeschlossen, § 302 Nr. 1 Insolvenzordnung

 

Privatinsolvenz für Betrüger Versagung der Privatrestschuldbefreiung für Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung, von Dr. Thomas Schulte, 2008 bis 20025

Die Restschuldbefreiung im Verbraucherinsolvenzverfahren soll es dem insolvent gewordenen Privatmann ermöglichen, unter bestimmten formalen Voraussetzungen nach sechs Jahren weitgehend schuldenfrei gestellt zu werden. Grundsätzlich ist es hierfür erforderlich, dass der Schuldner seinen Lohn, sein Gehalt oder andere laufenden Bezüge für die Zeit von sechs Jahren an einen Treuhänder abtritt.

Bestimmte einzelne Forderungen können aber von der Restschuldbefreiung ausgenommen werden. Eine der wichtigsten Fallgruppen ist hierbei die Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß § 302 Nr. 1 InsO. Diese versteckte Vorschrift ist weiten Teilen der Bevölkerung unbekannt. Beispiel: Der Bankräuber läuft in die Bank, lässt sich die Beute aushändigen und verprasst das Geld. Muss die Bank jetzt auf den Rückzahlungsanspruch verzichten, nur weil der Täter die Privatinsolvenz wählt? Natürlich nicht. Hier hält der Gesetzgeber den § 302 Nr. 1 Insolvenzordnung parat. Aber was sind Forderungen aus unerlaubter Handlung?

Privatinsolvenz für Betrüger ausgeschlossen

Dabei handelt es sich um solche Forderungen, die dadurch entstanden sind, dass der Schuldner widerrechtlich in ein fremdes Recht oder Rechtsgut eingegriffen hat. Dies sind zunächst natürlich alle Forderungen, die aus strafrechtlich relevantem Verhalten des Schuldners herrühren, so etwa Betrug, Diebstahl, Unterschlagung und ähnlichen Straftatbeständen. Aber auch Vergehen wie Körperverletzung oder Sachbeschädigung können zu Forderungen des Geschädigten führen, von denen sich der Schuldner auch im Rahmen der Restschuldbefreiung nicht befreien lassen kann.

Die Intention des Gesetzgebers liegt dabei auf der Hand: Diese Forderungen sind mit dem Unwert der unerlaubten Handlung des Schuldners behaftet, von ihnen soll er sich nicht befreien können. Die Restschuldbefreiung ist eine Begünstigung des Schuldners, keinesfalls soll der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte seine Forderung, die dazu dienen soll, den Schaden wiedergutzumachen, auf diesem Wege verlieren.

Wichtig ist, dass die unerlaubte Handlung vorsätzlich begangen worden sein muss. Vorsatz bedeutet letztendlich Wissen und Wollen aller Umstände, die zu der unerlaubten Handlung geführt haben. Ein fahrlässiges Handeln des Schuldners genügt nicht, nicht einmal, wenn ihm grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen kann.

Der Gläubiger, der seine Forderung als auch aus unerlaubter Handlung herrührend anmeldet, um sie von der Restschuldbefreiung auszunehmen, muss damit beweisen, dass der Schuldner bei der unerlaubten Handlung vorsätzlich gehandelt hat. Das kann schwierig sein, häufig werden Indizien im sonstigen Verhalten des Schuldners herangezogen werden müssen, um auf seine Absichten zu schließen.

Dies kann am Beispiel des Betruges verdeutlicht werden. Der Schuldner, der Waren bestellt im sicheren Wissen, sie nicht bezahlen zu können, begeht einen Betrug. Kann man ihm nachweisen, dass er um seine Zahlungsunfähigkeit schon bei Bestellung wusste, genügt das, um die Kaufpreisforderung des Warenlieferanten von der Restschuldbefreiung auszunehmen. Anders ist es jedoch, wenn das sonstige Verhalten des Schuldners darauf schließen lässt, er habe damit gerechnet, bald wieder zahlungsfähig zu sein. Dann kann man ihm allenfalls Fahrlässigkeit vorwerfen, und er kann sich von der Kaufpreisforderung befreien lassen.

Gerade die unerlaubte Handlung des Betruges bereitet bei der Restschuldbefreiung oft Probleme, denn mit dem Zeitpunkt, an dem die Finanzen des Schuldners unübersichtlich werden, kommt es oft zur Bestellung von Waren oder zur Aufnahme von Krediten unter falschen Angaben. Sicherlich werden einige Schuldner hier vorsätzlich handeln, oft genug ist die finanzielle Situation jedoch einfach so unübersichtlich geworden, dass der Schuldner sie selbst nicht mehr durchschaut und die vermeintliche Täuschung allenfalls auf ein fahrlässiges Handeln zurückzuführen ist.

Es ist Sache des Gläubigers ist, das vorsätzliche Handeln des Schuldners zu beweisen. Lassen die sonstigen Umstände den Schluss auf ein bewusst unerlaubtes Handeln zu, ist dieser Vorwurf natürlich schwer aus der Welt zu schaffen. Dennoch kann eine genauere Darlegung der Situation des Schuldners und der Umstände, die zu der falschen Angabe geführt haben, dazu führen, dass der Vorsatz des Schuldners verneint werden muss.

Der Gläubiger muss die Forderung, die seiner Ansicht nach aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung herrührt, unter Angabe dieses Rechtsgrundes anmelden; der Schuldner hat dann die Möglichkeit, dieser Behauptung zu widersprechen. Das Ausnehmen bestimmter Forderungen von der Restschuldbefreiung kann oft den gesamten Erfolg des Privatinsolvenzverfahrens gefährden. Der Schuldner sollte daher die Möglichkeit, sich gegen den Vorwurf der vorsätzlichen unerlaubten Handlung zu wehren, nicht vorschnell aus der Hand geben. Vielfach kann so auch noch weiteres Konflikpotential vermieden werden.

Aus Sicht des Gläubigers ist hier natürlich der Nachweis eines vorsätzlichen Handelns des Schuldners für den weiteren Bestand seiner Forderung meist die einzige Möglichkeit, hier seine Rechtsposition zu behaupten. Es sollte deshalb schon im Vorfeld einer vertraglichen Bindung über mögliche Maßnahmen der Beweissicherung nachgedacht werden, wenn hier eine schwierige finanzielle Situation des Vertragspartners bestehen könnte, bzw. bereits eine Privatinsolvenz beim zukünftigen Schuldner droht. Es gilt auch hier der Grundsatz: „Darum prüfe wer sich ewig bindet.“

Update 2025

Versagung der Privatrestschuldbefreiung für Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung – Privatinsolvenz für Betrüger

Restschuldbefreiung im Verbraucherinsolvenzverfahren

Die Restschuldbefreiung im Verbraucherinsolvenzverfahren (Privatinsolvenz) soll überschuldeten Privatpersonen die Chance auf einen wirtschaftlichen Neustart bieten. Unter bestimmten Voraussetzungen wird der Schuldner nach einer Wohlverhaltensphase weitgehend von seinen restlichen Schulden befreit. Ursprünglich betrug diese Phase sechs Jahre, doch seit einer Gesetzesreform 2020 wurde sie auf drei Jahre verkürzt. Während dieser Zeit muss der Schuldner regelmäßig seinen pfändbaren Lohn, sein Gehalt oder andere laufende Einkünfte an einen vom Gericht bestellten Treuhänder abtreten. Hält sich der Schuldner an alle Auflagen und werden keine Verstöße festgestellt, entscheidet das Insolvenzgericht nach Ablauf der (nun dreijährigen) Abtretungsfrist über die Erteilung der Restschuldbefreiung.

Die Rechtswirkung der Restschuldbefreiung ist, dass die Insolvenzgäubiger ihre Forderungen gegen den Schuldner nicht mehr zwangsweise durchsetzen können. Nicht beglichene Schulden aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung erlöschen zwar nicht, sind aber nach erteilter Restschuldbefreiung dauerhaft unvollstreckbar. Auf diese Weise erhält der redliche Schuldner die Möglichkeit eines schuldenfreien Neuanfangs. Allerdings gilt dies nicht für alle Schulden – bestimmte Verbindlichkeiten nimmt das Gesetz von der Restschuldbefreiung ausdrücklich aus. Das bedeutet, solche Schulden bleiben trotz Insolvenz weiterhin vollstreckbar, und der Schuldner muss sie auch nach der Insolvenz begleichen. Andernfalls kann der Gläubiger aus dem entsprechenden Titel die Zwangsvollstreckung betreiben.

Ausnahmen von der Restschuldbefreiung (§ 302 InsO) nicht für Privatinsolvenz für Betrüger

Die Insolvenzordnung (§ 302 InsO) legt fest, welche Forderungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen sind. Hintergrund ist der Gedanke, dass die Restschuldbefreiung nur ehrlich bemühten Schuldnern zugutekommen soll, während bestimmte schuldhaft verursachte Verbindlichkeiten vom Schuldenerlass ausgenommen bleiben sollen. Insbesondere Straftäter, Steuerhinterzieher oder Unterhaltsschuldner, die vorsätzlich ihre Pflichten verletzt haben, sollen den angerichteten Schaden weiterhin wiedergutmachen müssen. § 302 InsO wahrt damit sowohl die Ausgleichsfunktion des Deliktsrechts als auch den Sanktionscharakter von Geldstrafen und -bußen.

Wichtige Ausnahmen von der Restschuldbefreiung sind in § 302 InsO (aktuelle Fassung) unter anderem folgende Forderungen:

  • Deliktische Forderungen: Verbindlichkeiten des Schuldners aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen (siehe unten detaillierter).
  • Vorsätzlich verweigerter Unterhalt: Rückständiger gesetzlicher Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat (z. B. vorsätzlich nicht gezahlter Kindesunterhalt).
  • Steuerschulden aus Steuerstraftaten: Forderungen aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner in diesem Zusammenhang rechtskräftig wegen einer Steuerstraftat verurteilt wurde (etwa Steuerhinterziehung).
  • Geldstrafen und -bußen: Geldstrafen, Geldbußen sowie diesen gleichgestellte Ordnungsgelder oder Zwangsgelder, also Geldforderungen aus straf- oder ordnungsrechtlichen Sanktionen.

All diese genannten Verbindlichkeiten bleiben vom Insolvenzverfahren unberührt und können vom Gläubiger trotz erteilter Restschuldbefreiung weiterhin geltend gemacht werden. Eine der wichtigsten Fallgruppen in der Praxis – und vielen Verbrauchern wenig bekannt – sind dabei die Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß § 302 Nr. 1 InsO. Im Folgenden wird erläutert, was sich dahinter verbirgt und was Schuldner und Gläubiger in diesem Zusammenhang beachten müssen.

Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung (Deliktsforderungen)

Unter Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung versteht man Schulden, die dadurch entstanden sind, dass der Schuldner widerrechtlich und vorsätzlich in die Rechte oder Rechtsgüter eines anderen eingegriffen hat. Es geht also um Schadensersatzansprüche, die auf einer vorsätzlichen rechtswidrigen Tat des Schuldners beruhen. Die Rechtsgrundlage solcher Ansprüche findet sich in den §§ 823 ff. BGB (unerlaubte Handlungen) und oft auch in § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einem Schutzgesetz (d. h. der Verletzung eines Gesetzes, das dem Schutz eines anderen dient).

Typische Beispiele für derartige Deliktsforderungen sind unter anderem:

  • Vermögensdelikte: Forderungen des Geschädigten aus Betrug, Diebstahl, Unterschlagung oder ähnlichen Straftatbeständen, bei denen der Schuldner jemanden vorsätzlich finanziell schädigt. Ein häufiges Beispiel ist der Eingehungsbetrug: Der Schuldner bestellt Waren oder nimmt Kredite auf in dem vollen Wissen, diese nicht bezahlen zu können.
  • Delikte gegen Leib oder Eigentum: Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche der Opfer einer vorsätzlichen Körperverletzung oder einer vorsätzlichen Sachbeschädigung. Hier hat der Schuldner das Leben, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht des Gläubigers vorsätzlich verletzt und damit einen Schaden verursacht.

Beispiel: Ein Bankräuber erzwingt von einer Bank die Herausgabe von Geld und verprasst die Beute. Die Bank hat einen Rückzahlungsanspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung (Raub/Diebstahl). Selbst wenn der Täter Privatinsolvenz beantragt, fällt dieser Anspruch nicht unter die Restschuldbefreiung. Die Bank könnte also trotz der Insolvenz weiterhin die Rückzahlung verlangen – der Gesetzgeber hat für solche Fälle bewusst § 302 Nr. 1 InsO geschaffen, damit der Täter sich nicht durch Insolvenz seiner Verantwortung entziehen kann.

Die Intention des Gesetzgebers bei dieser Ausnahme ist klar: Forderungen, die mit dem Unwert eines vorsätzlichen Fehlverhaltens behaftet sind, sollen dem Schuldner nicht erlassen werden. Die Restschuldbefreiung soll zwar dem redlichen Schuldner helfen, aber kein Täter soll durch eine Insolvenz die berechtigten Ersatzansprüche seiner Opfer vereiteln. Der durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung Geschädigte soll seinen Anspruch auf Wiedergutmachung des Schadens behalten und nicht wegen der Insolvenz des Schädigers leer ausgehen.

Vorsatz als Voraussetzung – Abgrenzung zur Fahrlässigkeit

Wichtig zu verstehen ist, dass nur vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen unter diese Ausnahme fallen. Fahrlässiges Handeln des Schuldners genügt dagegen nicht – selbst grobe Fahrlässigkeit reicht nicht aus, um eine Forderung von der Restschuldbefreiung auszunehmen. Vorsatz bedeutet juristisch, dass der Schuldner Kenntnis von den wesentlichen Umständen hat und willentlich den Tatbestand verwirklicht. Es reicht bereits bedingter Vorsatz aus, d. h. der Schuldner hält den Schaden für möglich und nimmt ihn billigend in Kauf. Bloße Fehleinschätzungen oder leichtfertiges Verhalten (selbst grob fahrlässig) fallen nicht unter § 302 InsO.

Die Abgrenzung zwischen (bedingtem) Vorsatz und bloßer Fahrlässigkeit kann in der Praxis schwierig sein. Oft wird dies am Verhalten des Schuldners und an den Umständen des Einzelfalls festgemacht. Insbesondere beim Vorwurf des Betruges in der Insolvenz kommt es hier auf Details an:

  • Kannte der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit? Hat jemand z. B. Ware bestellt oder einen Kredit aufgenommen, obwohl er sicher wusste, dass er die Verbindlichkeiten nicht würde begleichen können, spricht viel für Vorsatz (vorsätzliche Täuschung). Kann der Gläubiger nachweisen, dass der Schuldner bereits zum Zeitpunkt der Bestellung von seiner hoffnungslosen Finanzlage wusste, liegt ein Eingehungsbetrug vor – die daraus resultierende Forderung wird als Deliktforderung eingestuft und nicht von der Restschuldbefreiung erfasst.
  • Lag nur eine Fehleinschätzung vor? Anders sieht es aus, wenn der Schuldner zwar zahlungsunfähig war, jedoch subjektiv damit rechnete, seine finanzielle Lage werde sich bald wieder bessern (etwa durch erwartete Zahlungen, Gehaltserhöhungen, Erbschaft etc.). Bestellt er in dieser Hoffnung Waren und kann dann doch nicht zahlen, so hat er sich zwar verrechnet, aber nicht bewusst täuschen wollen. In diesem Fall kann man ihm allenfalls Fahrlässigkeit vorwerfen – dann liegt kein vorsätzliches Delikt vor, und die Forderung kann ihm im Insolvenzverfahren ganz normal erlassen werden.

Gerade bei Insolvenzverschleppung, Betrug und ähnlichen Konstellationen kommt es häufig zu solchen Streitfragen. Sobald die finanzielle Situation des Schuldners unübersichtlich wird, besteht die Gefahr, dass weitere Schulden gemacht werden – teils vorsätzlich, teils aber auch aus schlichter Überforderung oder Unwissen. Für die Betroffenen (sowohl Gläubiger als auch Schuldner) ist es dann entscheidend, im Zweifel zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit zu differenzieren. Die Beweislast für den Vorsatz liegt nämlich ganz klar auf Seiten des Gläubigers, wie der nächste Abschnitt zeigt.

Anmeldung der Forderung und Beweislast im Insolvenzverfahren

Damit eine Forderung aus unerlaubter Handlung tatsächlich von der Restschuldbefreiung ausgenommen wird, muss der Gläubiger aktiv werden. Er ist verpflichtet, seine Forderung ordnungsgemäß zur Insolvenztabelle anzumelden und dabei den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ausdrücklich anzugeben. Nach § 174 Abs. 2 InsO sind die Tatsachen darzulegen, aus denen sich nach Ansicht des Gläubigers ergibt, dass die Forderung auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht. Es genügt also nicht, einfach nur pauschal eine „Deliktforderung“ zu behaupten – der Gläubiger muss bereits bei der Anmeldung konkrete Anhaltspunkte für das vorsätzliche Fehlverhalten des Schuldners liefern, beispielsweise durch Schilderung des Sachverhalts, Strafanzeigen oder vorhandene Gerichtsurteile. Versäumt er diesen Zusatz bei der Forderungsanmeldung, fällt die Forderung unter die normalen Insolvenzforderungen und wäre von der Restschuldbefreiung erfasst. (Allerdings hat die Rechtsprechung klargestellt, dass ein nachträgliches Nachschieben des Deliktsvorwurfs unter Umständen noch möglich ist, falls der Gläubiger den Zusatz zunächst vergessen hat – dies sollte man jedoch nicht riskieren und den Anspruch von Anfang an korrekt anmelden.)

Der Schuldner seinerseits hat das Recht, der angemeldeten Forderung zu widersprechen, insbesondere was den Deliktscharakter angeht. Bestreitet der Schuldner den Vorwurf der vorsätzlichen unerlaubten Handlung, so muss der Gläubiger seinen Anspruch außerhalb des Insolvenzverfahrens gerichtlich feststellen lassen. In einem eigenständigen Feststellungsprozess vor dem Zivilgericht ist dann zu klären, ob die Forderung tatsächlich auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht. Die volle Beweislast liegt beim Gläubiger: Er muss überzeugend darlegen und nachweisen, dass der Schuldner die Tat vorsätzlich begangen hat. Gelingt ihm dieser Nachweis (etwa durch Zeugen, Urkunden, Indizien oder eine vorherige strafrechtliche Verurteilung des Schuldners), stellt das Gericht die Deliktseigenschaft fest – damit bleibt die Forderung gemäß § 302 InsO trotz Restschuldbefreiung bestehen. Scheitert der Gläubiger jedoch mit seinem Nachweis (oder unternimmt er keinen Feststellungsprozess, nachdem der Schuldner widersprochen hat), so wird die strittige Forderung wie eine normale Schuld behandelt und dem Schuldner am Ende erlassen.

Hinweis: Widerspricht der Schuldner nicht und lässt die Behauptung unwidersprochen, gilt die Forderung im Insolvenztabelle-Verfahren als festgestellt (anerkannt) inklusive des Deliktsgrundes. In diesem Fall würde die Forderung definitiv nicht von der Restschuldbefreiung umfasst sein. Als Schuldner sollte man eine Forderung daher niemals leichtfertig als „Deliktforderung“ durchwinken, wenn man den Vorsatzvorwurf bestreiten kann. Nur durch rechtzeitigen Widerspruch hält man sich die Möglichkeit offen, die Entlastung von dieser Schuld doch noch zu erreichen.

Für den Schuldner kann das Ausnehmen auch nur einer einzelnen großen Forderung von der Restschuldbefreiung fatal sein. Ist er nach Abschluss der Insolvenz weiterhin mit dieser Schuld belastet, verfehlt das gesamte Verfahren sein Ziel, nämlich schuldenfrei zu werden. Der Schuldner sollte daher die Gelegenheit, sich gegen den Vorwurf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung zu wehren, nicht vorschnell aus der Hand geben. Oft lassen sich durch eine sorgfältige Darstellung der eigenen Situation und Beweggründe gegenüber Gericht und Gläubiger Indizien entkräften, die auf Vorsatz hindeuten. Im besten Fall kann so erreicht werden, dass kein vorsätzliches Delikt angenommen wird und die Forderung in die Restschuldbefreiung mit eingeht.

Konsequenzen und Praxistipps für Schuldner und Gläubiger

Für Schuldner: Wer in der Insolvenz mit dem Vorwurf konfrontiert ist, eine Schuld stamme aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung, sollte diesen ernst nehmen. Eine solche Deliktforderung kann die gesamte Restschuldbefreiung gefährden. Wichtig ist, frühzeitig Rechtsrat einzuholen und aktiv zu handeln: Widersprechen Sie der Anmeldung als Deliktforderung, wenn der Vorwurf aus Ihrer Sicht unberechtigt ist. Stellen Sie die Situation aus Ihrer Sicht ausführlich dar und liefern Sie Entlastungsgründe (z. B. dass keine Absicht vorlag, sondern eine unverschuldete finanzielle Notlage). Kooperieren Sie mit Insolvenzverwalter und Gericht, aber geben Sie nicht vorschnell alles zu, nur um „Ruhe“ zu haben – denn ein nicht bestrittener Deliktvorwurf bleibt Ihnen finanziell erhalten. Behalten Sie im Hinterkopf, dass die Beweislast beim Gläubiger liegt. Wenn tatsächlich kein Vorsatz vorlag, stehen die Chancen gut, dass dies im Zweifel auch nicht festgestellt werden kann.

Für Gläubiger: Für Gläubiger ist die Einstufung einer Forderung als vorsätzlich unerlaubte Handlung meist die einzige Möglichkeit, trotz Insolvenz des Schuldners an ihr Geld zu kommen. Entsprechend sollten Gläubiger frühzeitig daran denken, Beweise zu sichern, falls sie ahnen, dass ihr Schuldner in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Dokumentieren Sie z. B. Schriftverkehr, Vertragsangaben oder falsche Zusicherungen, aus denen sich ein Vorsatz ableiten ließe. Im Falle einer Insolvenz melden Sie Ihre Forderung fristgerecht mit dem Deliktsvorbehalt an (§ 302 InsO) und liefern Sie eine schlüssige Begründung dafür. Seien Sie sich bewusst, dass Sie im Bestreitensfall den Vorsatz nachweisen müssen – etwa durch Zeugenaussagen, Indizien oder eine Strafanzeige, die zum Urteil geführt hat. Ist Ihre Forderung bereits tituliert (gerichtlich festgestellt) und als vorsätzlich unerlaubte Handlung deklariert, haben Sie bei der Vollstreckung später sogar erweiterte Möglichkeiten: Sie können unterhalb der üblichen Pfändungsfreigrenzen vollstrecken – dem Schuldner bleibt dann nur das gesetzliche Existenzminimum. Trotz dieser Vorteile gilt aber auch für Gläubiger: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet.“ Man sollte das Risiko einer möglichen Insolvenz des Vertragspartners nicht ignorieren. Wo möglich, ziehen Sie Sicherheiten oder Vorauszahlungen in Betracht, um gar nicht erst in die Lage zu kommen, mühsam einen Betrugs- oder Deliktsnachweis führen zu müssen.

Fazit: Die Versagung der Restschuldbefreiung für Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung ist ein wichtiges Instrument, um Missbrauch des Insolvenzverfahrens zu verhindern. Ehrliche Schuldner brauchen diese Ausnahme nicht zu fürchten – ihnen bietet die Privatinsolvenz weiterhin eine schuldenfreie Zukunft nach drei Jahren Wohlverhalten. Gläubiger wiederum haben in Fällen des Betrugs oder anderer vorsätzlicher Schädigungen die Möglichkeit, ihre Ansprüche zu retten und durchzusetzen. Im Idealfall tragen beide Seiten bereits vor einer Insolvenz dazu bei, solche Konflikte zu vermeiden: der Schuldner durch redliches Verhalten und der Gläubiger durch sorgfältige Bonitätsprüfung seiner Vertragspartner. So bleibt die Restschuldbefreiung das, was sie sein soll – eine zweite Chance für den redlichen Schuldner – ohne den berechtigten Ausgleich für vorsätzliche Schädigungen aus den Augen zu verlieren.

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Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
23. Jahrgang - Nr. 515 vom 14. Februar 2008 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich