„Unverhofft kommt oft“, sagt ein altes Sprichwort. Auch rechtliche Konflikte treten zumeist unerwartet auf. Die Anlässe sind vielfältig: Ein Streit mit dem Nachbarn, ein Verkehrsunfall, eine Auseinandersetzung unter Erben oder eine Kündigung durch den Vermieter sind nur einige typische Beispiele für Streitigkeiten. Die Betroffenen wenden sich zumeist umgehend an einen Rechtsanwalt. Sie erwarten zügige und umfassende Beratung sowie eine sachgerechte und kostengünstige Durchsetzung ihrer Interessen. Viele Ratsuchende haben aber auch Vorbehalte und fragen sich: Nützt mir anwaltliche Hilfe in dieser Lage überhaupt? Was kann der Anwalt denn für mich tun? Nach § 3 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ist der Rechtsanwalt der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten. Jedermann hat grundsätzlich das Recht, sich eines Rechtsanwalts zu bedienen. In kurzen Worten: Der Anwalt berät und vertritt in Rechtsangelegenheiten. Er haftet im übrigen für die Richtigkeit seiner Aussagen.[1] Wer zahlt?[2][3]
Was „Rechtsangelegenheiten“ sind, erklärt ein Überblick über die unsere Rechtsordnung: Das deutsche Recht unterteilt sich in das öffentliche Recht und das Privatrecht. Letzteres wiederum besteht aus dem allgemeinen Bürgerlichen Recht (das BGB) und den so genannten Sonderprivatrechten (zum Beispiel das Handels-, Wettbewerbs- oder Arbeitsrecht). Das Privatrecht regelt die Rechtsbeziehungen der Menschen untereinander. Es stellt das häufigste Aufgabenfeld eines Rechtsanwaltes dar. Die erwähnten Auseinandersetzungen mit dem Vermieter, dem Arbeitgeber, den Miterben oder dem Verkehrsunfallgegner sind Angelegenheiten des Privatrechts. Im öffentlichen Recht stehen sich dagegen Staat und Bürger gegenüber. Es kann ebenfalls in zwei Hauptgebiete unterteilt werden: Das Verwaltungsrecht und das Strafrecht. Im Verwaltungsrecht geht es um die Beurteilung behördlichen Handelns. Ist etwa die nachbarliche Baugenehmigung rechtens? Ist der Steuerbescheid des Finanzamtes fehlerfrei? Durfte das falsch geparkte Auto durch die Polizei abgeschleppt werden? Das Strafrecht schließlich wird definiert als Gesamtheit aller Rechtsnormen, die Art und Umfang des staatlichen Strafanspruchs bestimmen. Dieser wird ausgelöst durch eine strafbare oder ordnungswidrige Handlung des Bürgers. Erhebliche Praxisbedeutung hat beispielsweise das Verkehrsstrafrecht. Hier geht es in vielen Fällen um Rechtsfolgen einer Trunkenheitsfahrt oder einer Unfallflucht.
Die Beratung durch einen Rechtsanwalt kann in jedem Stadium einer rechtlichen Angelegenheit erfolgen. Ein qualifizierter Rechtsrat kann kaum früh genug eingeholt werden. Erfahrungsgemäß gilt dies insbesondere für die individuelle Vertragsgestaltung. Zunehmende Bedeutung hat die Ausarbeitung von Eheverträgen, Erbverträgen oder Testamenten. Hier dient die Vertragsformulierung der Vermeidung eines späteren Konfliktes, der nicht nur teuer, sondern auch nervenaufreibend und zermürbend sein kann. In den letzten Jahren sind zudem so genannte Patiententestamente in die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gerückt. In einer solchen Urkunde trifft der Erklärende vorsorglich Anordnungen für den etwaigen Fall seiner späteren Pflegebedürftigkeit. Vorherige anwaltliche Rücksprache kann in diesem Bereich nur nachdrücklich empfohlen werden, weil vorformulierte Formularverträge der individuellen Situation des Mandanten nur selten Rechnung tragen. Auch bei Mietverträgen kann es sich empfehlen, diese vor der Unterzeichnung mit einem Rechtsanwalt zu besprechen. Denn nicht selten enthalten solche Vertragswerke unwirksame oder nachteilige Klauseln. Die frühe Beratung dient auch hier der Vermeidung einer späteren, möglicherweise vor Gericht ausgetragenen Auseinandersetzung.
Soweit der Rechtsanwalt zur Vertretung seines Mandanten bevollmächtigt ist, nimmt er gegenüber Dritten, Behörden und Gerichten dessen Angelegenheiten wahr. In privatrechtlichen Auseinandersetzungen führt er die erforderlichen Korrespondenzen und Verhandlungen mit dem Gegner. Kommt es zum Prozess, erhebt er für seinen Mandanten Klage oder verteidigt ihn gegen die Klageforderung, wobei seine Hauptaufgabe in der Stellung sachgerechter Anträge besteht. Vor den Landgerichten und den übergeordneten Instanzen herrscht deswegen Anwaltszwang. Auf dem Gebiet des Strafrechts wird der Anwalt zumeist als Verteidiger des Beschuldigten tätig. Hierbei befindet er sich nicht selten in einem Konfliktfeld, denn als Organ der Rechtspflege darf er gleichzeitig deren Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigen. So trifft ihn beispielsweise einerseits eine Wahrheitspflicht gegenüber den Ermittlungsbehörden und Gerichten, deren Verletzung eine Strafbarkeit wegen Strafvereitelung nach § 258 StGB zur Folge haben kann. Andererseits hat jeder Beschuldigte im Strafverfahren ein umfassendes Schweigerecht. Aus diesem Grund darf der Anwalt über strafwürdige Handlungen seines Mandanten schweigen, die dieser ihm anvertraut hat. Es gilt also lediglich ein „Verbot der Lüge“. Mit anderen Worten muss alles wahr sein, was der Verteidiger gegenüber den Ermittlungsbehörden oder den Gerichten erklärt, er muss aber nicht alles mitteilen, was ihm bekannt ist.
Man sollte allerdings vorher klären:
1. Kennt der Rechtsanwalt sich in meinem speziellen Rechtsgebiet aus?
2. Welche Erwartungen habe ich?
3. Welche Kosten kommen auf mich zu?
[1] https://www.dr-schulte.de/haftung_ rechtsanwalt.htm
[2] https://www.dr-schulte.de/Prozesskostenhilfe_ Ihr_gutes_Recht_kann_teuer_sein.htm
[3] https://www.dr-schulte.de/Neue_Rechtsschutzversicherungspolicen_ fragwuerdig_bitte_pruefen.htm