Der deutsche Staat macht es Steuersündern bis zum 31. März 2005 einfach und will die Sünden amnestieren
Berlin, November 2004 Freddy Quinn hat es zu bunt getrieben. Offiziell hat der berühmte Künstler, der mit Evergreens wie „Junge komm bald wieder“ seit Jahrzehnten Millionen verdient hatte, in den neunziger Jahren in der Schweiz gelebt. Vor Gericht gestand Freddy vor kurzem, dass er sich ständig in Hamburg aufgehalten hatte. Damit waren 900.000 € Einkommenssteuer in Deutschland strafbar nicht gezahlt worden. Eine empfindliche Strafe droht nun: bis zu fünf Jahren Haft oder eine hohe Geldstrafe. Zusätzlich müssen die Steuerschulden nachgezahlt werden.
Freddy ist kein Einzelfall: Man munkelt, dass jährlich hohe Milliarden Euro Beträge durch Steuerhinterziehungen dem deutschen Staat an Steuern entgehen. Im Ausland seien riesige schwarze Geldbeträge, unter anderem in Spanien, von Deutschen deponiert. Geld kann der Staat in konjunkturell schlechten Zeiten gut gebrauchen.
Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber in Deutschland den Steuersündern ermöglicht bis zum 31. März 2005 ihre Sünden zu beichten und eine Amnestie zu genießen. Da Europas Steuerbehörden inzwischen enger zusammenarbeiten und das Bankgeheimnis so gut wie aufgehoben ist, sollten auch Deutsche, die in Spanien leben, sowie jeder andere prüfen, ob die Möglichkeit einer strafbefreienden Erklärung genutzt werden kann. Für die Jahre 1993 bis 2002 sind strafbefreiende Erklärungen bei dem Finanzamt einzureichen. Für das Jahr 2002 ist zu beachten, daß diese nur möglich ist, falls die Steuererklärung bis zum 17. Oktober 2003 eingereicht worden ist. Dieser Stichtag ist von dem Gesetzgeber ausdrücklich festgelegt worden. Mit der Einreichung der Beichte auf dem speziellen Formular der Behörde sollte der Geldbetrag, der errechnet worden ist, sofort gezahlt werden. Dieses besondere Verfahren der strafbefreienden Erklärung steht neben der bisher möglichen Selbstanzeige im Falle einer Steuerhinterziehung. Der Vorteil der strafbefreienden Erklärung ist, dass für diesen genannten Zeitraum eine pauschale wirtschaftliche günstige Nachbesteuerung anfällt. Im Falle der Selbstanzeige ist der normale Steuersatz fällig. Die Flucht nach vorne ist in keinem Falle mehr möglich, nachdem die Steuerhinterziehung durch die Behörden entdeckt worden ist. Da das Verfahren kompliziert ist, sollte unbedingt ein versierter Steuerberater oder Rechtsanwalt eingeschaltet werden. Der Betroffene hat die Chance ohne das quälende Strafverfahren einen einfachen Schlußstrich zu ziehen und zudem noch sehr preiswert und ohne peinliches öffentliches Gerichtsverfahren seinen Frieden mit den deutschen Steuerbehörden zu schließen. Der Vorteil des Staates: Schwarzgelder werden legalisiert und Einnahmequellen eröffnet. Der Fiskus hat durch verschiedene Maßnahmen sichergestellt, dass die nutznießenden Steuersünder in Zukunft nicht intensiver oder schikanöser durch die Steuerbehörden behandelt werden sollen als andere Steuerbürger. Die strafbefreiende Erklärung soll möglichst unbürokratisch und reibungslos durchgeführt werden. Neben der Nachzahlung muss nur noch das amtliche Formular ausgefüllt werden und die Zahlung geleistet werden. Auf Nachweise und Belege verzichtet das Finanzamt. Erstaunlich für Fachleute ist, dass die goldene Brücke bisher nur von einigen überschritten worden ist. Um die Hemmschwelle zu senken, hat das Bundesfinanzministerium auf der Internetseite www.bundesfinanzministerium.de umfangreiche und leicht nachvollziehbare Informationen zur Verfügung gestellt. Da die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung von Steuersünden erheblich gestiegen ist, sollten Nutznießer der Amnestiemöglichkeit die Alternativen unbedingt durchrechnen lassen. Dabei ist zu bedenken, dass innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren der deutsche Fiskus jederzeit die alten Besteuerungsbescheide ändern kann. So können zum Beispiel die Bescheide des Jahres 1994 ohne weiteres geändert werden.
Freddy Quinn hat diese Möglichkeiten nicht genutzt und wurde am 22.12.2004 zu zwei Jahren auf Bewährung und Geldbuße von 150.000 € verurteilt. Er bestätigt die alte Faustregel: jeder hinterzogene Euro kostet schlußendlich drei Euro. Hans Eichel als deutscher Finanzminister hat jetzt bis zum 31. März 2005 dem reuigen Sünder erlaubt die Regel zu ändern: jeder hinterzogene Euro kostet zur Zeit weniger als ein Euro. Die tägliche Beratungspraxis zeigt, dass zum Beispiel die Erbengeneration häufig die steuerlichen Verhältnisse klären und Nachversteuerungen hinnehmen. Die einmalige Chance sich und anderen das Leben zu vereinfachen, sollten Betroffene unbedingt nutzen.