Diskussionsbeitrag von Hendrik Lehmann, Niederlassungsleiter A.Lebensversicherung S.A., Saarbrücken und Dr. Thomas Schulte und Team, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Dr. Schulte
Regelmäßige Diskussionsbeiträge und Inhouse Veranstaltungen stärken das öffentliche und gesellschaftliche Interesse am Einfluss auf die zukünftige Bedeutung der Beratung.
Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte und Team, Partner der Berliner Kanzlei Dr. Schulte und sein Team Rechtsanwälte mbB erläutert das Geschäftsfeld rund um die kapitalbildenden Lebensversicherungen und deren Tilgungsmodalitäten. „Clevere Banken haben in den letzten Jahrzehnten zusammen mit der Lebensversicherungsbranche eine Zusatzmöglichkeit entwickelt, weitere Provisionen und Kosten zu erlangen. Es wurden Darlehen verkauft und gleichzeitig kapitalbildende Lebensversicherungen, die später durch ihre Ablaufleistung zur Tilgung des Kredites dienen sollten. Damit entsteht eine Kapitallebensversicherung bei einer Versicherungsgesellschaft neben dem Darlehensvertrag bei einer Bank. Ein schöner Nebeneffekt für die Bank besteht darin, dass im Falle des Todes des Darlehensnehmers der Kredit aus der Ablaufleistung der Lebensversicherung getilgt werden kann“, so Rechtsanwalt und Experte im Versicherungsrecht Dr. Thomas Schulte und Team.
Der übliche Weg ist eigentlich ein anderer. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch gilt normalerweise, dass ein Darlehen zurückgeführt werden muss, indem neben den Zinsen durch eine Geldzahlung die Schuld getilgt wird. So jedenfalls ist es in § 488 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorgesehen.
Unklare Tilgungsleistung
„Aufgrund der nun seit Jahren andauernden Niedrigzinsphase und der damit verbundenen gesunkenen Überschussbeteiligung innerhalb der klassischen Kapitallebensversicherungen und negativen Entwicklungen häufen sich jetzt Fälle, bei denen die Ablaufleistung des ursprünglich abgeschlossenen Kapitallebensversicherungsvertrages nicht ausreicht, um die Schuld aus dem Kreditvertrag zu tilgen. Die Bank möchte am Fälligkeitstag also einen höheren Geldbetrag als die Versicherungsleistung“, so Rechtsanwalt Dr. Schulte.
Hier stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, denn grundsätzlich ist dieser Fall im Bürgerlichen Ge-setzbuch nicht geregelt, so dass von den Gerichten entwickelte Leitlinien zur Anwendung kommen.
Ausnahme gesetzliche Regelung
In der Diskussion wird die Frage nach der gesetzlichen Regelung herausgearbeitet. Rechtsanwalt Dr. Schulte erläutert: „Eindeutig ist der Fall, wenn die Bank mit dem Darlehensnehmer vereinbart hat, dass die Tilgung des Darlehens durch die Leistung der Lebensversicherung erfolgt; so hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in einer Entscheidung vom 04.04.2003 (15 U 8/02) das Risiko der nicht ausreichenden Deckung der Bank zugewiesen. In dem vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall hieß es in dem Darlehensvertrag, „die Tilgung erfolgt durch eine Lebensversicherung bei der Ö-Versicherung laut besonderer Anlage“. Sämtliche anderen Bestimmungen zur Tilgung des Festdarlehens in den Vertragsbedingungen der dort finanzierenden Bank waren von Hand durchgestrichen worden. In einem derartigen Fall kam das OLG Karlsruhe durch Auslegung der Vertragsbestimmungen zu dem Schluss, dass hier die Tilgung ausschließlich durch die Ablaufleistung der Lebensversicherung erfolgen sollte und die Bank eine weitere Forderung an den Darlehensnehmer nicht mehr stellen kann. Insofern handele es sich um eine so genannte Leistung an Erfüllung statt, § 364 Abs. 1 BGB. Solche eindeutigen Formulierungen sind jedoch selten.“
Lösungsstrategie der Rechtsprechung bei anderen Fällen
In einer Entscheidung vom 03.04.1990 (XI ZR 261/89) heißt es im amtlichen Leitsatz, dass der Kredit-nehmer von der Bank Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss verlangen kann, wenn er nicht über die speziellen Nachteile und Risiken der Vertragsbindung von Lebensversicherungsprämie und Festdarlehen informiert wurde. Dieses sei bei Verbraucherkrediten zu berücksichtigen.
Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.01.2004, NJW 2004, S. 1868, können sich Ansprüche gegen eine Bank bei der Vermittlung eines Kredites nur zusätzlich aus einem selbständigen, neben dem Kreditvertrag stehenden, Beratungsvertrag oder einem vorvertraglichen Schuldverhältnis ergeben. Insbesondere dann kommt ein Beratungsvertrag zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlageentscheidung eine tatsächliche Beratung stattfindet.
Fazit: Transparenz und Vertrauensverhältnis – Risiko und Interesse
Eine Risikoaufklärung ist nur notwendig, wenn die Bank über die Rolle der bloßen Kreditgeberin hinaus einen besonderen Gefährdungstatbestand schafft oder Interessenkonflikte bestehen sowie Informationsvorsprünge.
Atlanticlux Niederlassungsleiter Hendrik Lehmann gibt zu bedenken, dass für sämtliche EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer unabhängigen Anlageberatung zu schaffen sei, um weitere Risiken und Interessenkonflikten langfristig entgegen zu wirken. Der versicherungsrechtliche Druck auf die deutsche Versicherungswirtschaft aus Europa von Seiten EIOPA und der damit verbundenen Zielrichtung wird die Zukunft der Beratung beeinflussen. Zu einem müssen insbesondere die rechtlichen Regularien auf die neue Form der Versicherungsberatung angepasst werden, dass sowohl der Versicherungsmakler/-vermittler als auch der Versicherungsnehmer für beide Seiten rechtsicher die Vergütung für die Beratungsleistung und Vermittlerhaftung angemessen und flexibel vereinbaren können. Die immer stärker werdende Forderung nach verbraucherfreundlichen und transparenten Regelungen stärken das Interesse und Betreffen viele weitere Bereiche für kapitalbildende Lebensversicherungen.
Seit vielen Jahren unterstützen wir Mandanten erfolgreich bei der Bewältigung von Schufa-Problemen. Unsere Expertise hilft Ihnen, Ihre finanzielle Reputation wiederherzustellen. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren:
Die Kanzlei Dr. Thomas Schulte ist Vertrauensanwalt des Netzwerks ABOWI LAW und Mitglied der ASSOCIATION OF EUROPEAN ATTORNEYS.
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Update 2025
Festdarlehen Lebensversicherung Tilgung sicher regeln: 5 entscheidende Punkte
Wenn Sie ein Festdarlehen abgeschlossen haben und die Tilgung durch eine Lebensversicherung erfolgen soll, droht bei schlechter Vertragsgestaltung ein böses Erwachen. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie Risiken vermeiden und worauf Banken sowie Versicherungsnehmer jetzt achten müssen, um die Tilgung sicher zu gestalten. Dabei beleuchten wir rechtliche Grundlagen, konkrete Praxisbeispiele aus verschiedenen Regionen Deutschlands, aktuelle Urteile und geben wertvolle Handlungstipps, wie Sie Ihre finanzielle Planung absichern.
Die Kombi-Falle: Wenn Festdarlehen und Lebensversicherung nicht aufgehen
Viele Darlehensnehmer haben sich in den letzten Jahrzehnten für eine besondere Finanzierungsform entschieden: das sogenannte Festdarlehen mit Tilgung über eine kapitalbildende Lebensversicherung. Dabei wird während der Laufzeit nur der Zins gezahlt. Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt dann am Ende durch die Ablaufleistung der Lebensversicherung.
Allerdings hat sich seit den frühen 2000er-Jahren das Kapitalmarktumfeld drastisch verändert. Die anhaltende Niedrigzinsphase, wirtschaftliche Turbulenzen sowie gesetzliche Eingriffe haben dazu geführt, dass viele dieser Policen heute deutlich geringere Ablaufleistungen erzielen als ursprünglich prognostiziert – mit der Folge einer gefährlichen Tilgungslücke.
Hauptrisiko dieser Tilgungsart: Die Tilgungslücke
Das zentrale Risiko bei der Tilgung eines Festdarlehens durch eine Lebensversicherung besteht in der sogenannten Tilgungslücke. Diese entsteht, wenn die Ablaufleistung der Versicherung – etwa aufgrund gesunkener Überschüsse, niedriger Zinsen oder Marktverluste – nicht ausreicht, um die gesamte Darlehensschuld zu begleichen. In solchen Fällen muss der Darlehensnehmer aus eigenen Mitteln nachzahlen, was schnell existenzbedrohend werden kann.
Ein weiteres Problem: Nur bei klarer vertraglicher Vereinbarung gilt die Versicherungsleistung als „Leistung an Erfüllung statt“ (§ 364 BGB). Fehlt diese Formulierung, bleibt der Bank ein Anspruch auf die volle Rückzahlung erhalten – trotz gezahlter Versicherungsbeiträge. Das macht diese Tilgungsart so risikobehaftet.
Relevante Paragrafen und Gerichtsurteile im Überblick (erläutert)
§ 488 BGB: Rückzahlungsanspruch der Bank
Der Paragraf regelt die Grundverpflichtung des Darlehensnehmers, das Darlehen inklusive Zinsen zurückzuzahlen.
§ 364 Abs. 1 BGB: Leistung an Erfüllung statt
Nur wenn Gläubiger und Schuldner vereinbaren, dass die Lebensversicherung anstelle der Geldzahlung tritt, kann die Tilgung durch die Versicherung als erfüllt gelten.
§§ 491 ff. BGB: Verbraucherdarlehensverhältnisse
Enthalten Schutzmechanismen und Informationspflichten. Fehlerhafte Belehrungen ermöglichen einen Widerruf auch nach Jahren.
OLG Karlsruhe, Urteil v. 04.04.2003 – 15 U 8/02
Die Bank konnte bei Unterdeckung nichts nachfordern, da die Tilgung ausschließlich über die Versicherung vereinbart war.
BGH, Urteil v. 19.12.2017 – XI ZR 152/17
Schadensersatzanspruch bei fehlender Aufklärung über Zins- und Tilgungsrisiken.
BGH, Urteil v. 28.01.2025 – XI ZR 524/20
Verbraucherkredit kann widerrufen werden, wenn Widerrufsbelehrung fehlerhaft war.
EuGH, Urteil v. 19.12.2019 – C-355/18 ff. („Rust-Hackner“)
Unklare Widerrufsbelehrung führt zu unbefristetem Widerrufsrecht.