Digitale Täuschung im Investmentmantel: Was hinter „Royals Fund“ wirklich steckt? Wenn der Unternehmenssitz in München nur Fassade ist – und die BaFin einschreiten muss
Fast 40 Prozent der deutschen Privatanleger nutzen inzwischen digitale Plattformen für ihre Finanzentscheidungen – Tendenz steigend. Doch mit der Digitalisierung wächst auch die Gefahr: Laut BaFin-Bericht 2024 wurden allein im letzten Jahr über 150 Anbieter wegen unerlaubter Finanzdienstleistungen gemeldet. Ein neuer Fall sorgt aktuell für besondere Aufmerksamkeit: „Royals Fund“, ein Anbieter, der mit Sitz in München, eleganter Webseite und Krypto-Versprechen Seriosität suggeriert – aber offenbar keine Lizenz besitzt.
Was bedeutet das rechtlich? Wie können Verbraucher überhaupt erkennen, ob ein Anbieter legitim agiert – und was geschieht, wenn der Schaden bereits eingetreten ist? Die Warnung der BaFin ist ein starkes Signal. Doch reicht das aus? Oder brauchen wir neue juristische Instrumente gegen diese Form digitaler Täuschung?
Als erfahrener Anwalt im Bank- und Kapitalmarktrecht stellt sich Dr. Thomas Schulte aus Berlin genau diese Fragen – und liefert zugleich Antworten für Betroffene, Unternehmen und die Rechtspolitik.
Ein Trugbild der Regulierung – Die Rolle erfundener Behörden
Besonders brisant ist die Tatsache, dass Royals Fund offenbar versucht, Seriosität vorzutäuschen, indem es sich auf eine fiktive „European Financial Supervisory Authority“ beruft. Eine derartige Behörde existiert nicht. Diese Behauptung ist nicht nur irreführend, sondern stellt auch einen klaren Verstoß gegen geltendes Recht dar. Als langjähriger Rechtsanwalt ist Dr. Schulte bewusst, dass solche Methoden oftmals gezielt genutzt werden, um Anleger in eine trügerische Sicherheit zu wiegen.
„Wer sich hinter einer erfundenen Finanzaufsicht versteckt, versucht ganz offensichtlich, den rechtlichen Rahmen zu umgehen. Das ist gefährlich und inakzeptabel“, kommentiert Dr. Schulte den Sachverhalt.
Zulassungspflicht nach dem Kreditwesengesetz und Kryptomärkteaufsichtsgesetz
Grundsätzlich bedarf in Deutschland jeder, der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen gewerbsmäßig erbringt, einer schriftlichen Erlaubnis der BaFin nach den Vorschriften des Kreditwesengesetzes (KWG). Die gesetzliche Grundlage dazu findet sich in § 32 Absatz 1 Satz 1 KWG:
„Wer im Inland Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben will, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, bedarf der vorherigen schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt.“
Ebenso sind Anbieter von Kryptodienstleistungen gemäß § 10 Absatz 7 des neuen Kryptomärkteaufsichtsgesetzes (KryptMA) verpflichtet, über eine entsprechende behördliche Zulassung zu verfügen. Das KryptMA wurde eingeführt, um die steigende Anzahl an Kryptoangeboten verlässlich und rechtssicher zu regulieren und so Verbraucherinnen und Verbraucher vor unseriösen Machenschaften zu schützen.
Unerlaubt tätige Anbieter – ein wachsendes Problem
Im Zuge der Digitalisierung nehmen Betrugsversuche in der Finanzwelt dramatisch zu – ein Umstand, der auch der BaFin und dem Bundeskriminalamt (BKA) zunehmend Sorge bereitet. Solche unerlaubten Angebote zielen häufig auf unerfahrene Kleinanleger ab, die mit Versprechungen hoher Renditen und angeblicher europäischer Regulierung in die Irre geführt werden. Dabei verlieren viele Geschädigte nicht nur ihr investiertes Kapital, sondern auch das Vertrauen in den gesamten Finanzsektor.
Als Rechtsanwalt, der sich auf die rechtliche Bewertung digitaler Kommunikation spezialisiert hat, sieht Dr. Thomas Schulte eine alarmierende Entwicklung: „Die neue Masche der Täter besteht darin, mit grafisch hochwertig aufbereiteten Webseiten und künstlicher Intelligenz das Bild absoluter Professionalität zu erzeugen – und diese Taktiken funktionieren leider nur allzu gut.“
Verbraucherschutz durch Aufklärung und rechtliche Begleitung
Verbraucherinnen und Verbraucher sind angehalten, sich vor jeder Form der digitalen Geldanlage umfassend zu informieren. Der erste Schritt sollte immer ein Blick in die BaFin-Datenbank sein, um zu prüfen, ob ein Anbieter tatsächlich über die erforderliche Lizenz verfügt. Die sogenannte Unternehmensdatenbank ist öffentlich zugänglich und bietet aktuelle Informationen über zugelassene Institute.
Dr. Schulte hat bereits zahlreiche Mandanten vertreten, die Opfer solcher betrügerischen Angebote wurden. Häufig stellt sich dabei heraus, dass Gelder auf ausländische Konten transferiert wurden, was eine Rückholung erschwert, aber nicht unmöglich macht. „Erste Maßnahmen müssen schnell erfolgen. Wer geschädigt wurde, sollte umgehend juristische Hilfe in Anspruch nehmen“, rät er allen Betroffenen.
Gesetzgebung zieht nach – aber reicht das?
Mit dem Kryptomärkteaufsichtsgesetz haben deutsche Gesetzgeber erste wichtige Schritte unternommen, um den weitgehend unregulierten Sektor der digitalen Vermögenswerte einem klaren Rechtsrahmen zu unterstellen. Dabei stellt sich die Frage, ob die bestehenden Regelungen bei der Geschwindigkeit der digitalen Entwicklung überhaupt noch ausreichen. Die Täter operieren zunehmend international und nutzen länderspezifische Unterschiede im Aufsichtsrecht zu ihrem Vorteil.
Hier ist auch der europäische Gesetzgeber gefordert, einheitliche Standards und Kontrollmechanismen zu schaffen. Bis dahin bleibt der nationale Gesetzgeber gefragt, regelmäßig nachzuschärfen, bestehende Lücken zu schließen und die strafrechtliche Verfolgung zu erleichtern. Auch sollten Plattformanbieter verpflichtet werden, ihre Kunden und deren Zahlungsströme stärker zu kontrollieren, um Geldwäsche und Betrug effektiv zu verhindern.
Rechtsdurchsetzung im digitalen Raum
Ein Problem bei der Rechtsdurchsetzung besteht in der Anonymität des Internets. Die Websites solcher Anbieter sind häufig auf ausländischen Servern gehostet, die Betreiber lassen sich nur schwer identifizieren. Trotzdem dürfen Betroffene nicht den Mut verlieren. Die Zusammenarbeit mit spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien eröffnet häufig neue Wege, etwa über zivilrechtliche Rückforderungsansprüche oder über internationale Amtshilfeverfahren.
„Die Ermittlungsbehörden arbeiten intensiver denn je mit ausländischen Kollegen zusammen. In vielen Fällen konnten Gelder aus dem Ausland zurückgeführt werden, wenn man zeitnah und strukturiert handeln konnte“, so Schultes Einschätzung nach Jahren der Praxis in diesem Bereich.
Digitalisierung als Chance und Risiko
Trotz aller Gefahren sollte man nie vergessen, dass die Digitalisierung auch erhebliche Chancen mit sich bringt. Der Zugang zu weltweiten Investitionen, die Demokratisierung von Kapitalanlagen und der technologische Fortschritt wären ohne sie nicht möglich gewesen. Die entscheidende Frage ist, wie wir diese Entwicklung in geordnete Bahnen lenken können, ohne Innovationen im Keim zu ersticken.
Eine strenge Regulierung, gepaart mit einem hohen Maß an Transparenz für die Nutzer, könnte den Markt nachhaltig stärken. Aber auch die Aufklärung der Bevölkerung ist zentral – Schulen, Verbraucherzentralen und Medien tragen eine wichtige Mitverantwortung, wenn es um Themen wie finanzielle Bildung und digitale Wachsamkeit geht.
Fazit: Wachsamkeit und gesetzliche Kontrolle sind unverzichtbar
Der Fall Royals Fund zeigt einmal mehr, wie wichtig ein funktionierendes und aktives Aufsichtsrecht im Finanzbereich ist. Gelder, die in dubiose Anbieter fließen, gelangen oft nicht mehr zurück – zu groß sind die technischen und juristischen Hürden. Doch Betroffene sind nicht schutzlos. Die bestehenden Vorschriften in KWG und KryptMA bieten eine tragfähige Rechtsgrundlage, auf die man aufbauen kann.
„Was wir nun brauchen, ist Durchsetzungskraft – sowohl im juristischen als auch im gesellschaftlichen Sinne. Illegaler Zahlungsverkehr und Anlagetäuschung dürfen sich nicht lohnen“, so Dr. Schultes abschließendes Statement. Die Anzeichen mehren sich, dass viele solcher Anbieter aus einem Netzwerk identischer Strukturen stammen – auch hier beginnt die Justiz, tiefer zu graben.
Wer Opfer eines solchen Anbieters geworden ist oder sich unsicher bezüglich einer digitalen Geldanlage fühlt, sollte dringend rechtlichen Rat einholen. Es gibt keine Frage, die zu klein oder zu komplex wäre, wenn es um den Schutz des eigenen Vermögens geht.