Deutsche Kunden verlieren Altersicherung
Derzeit gibt es weltweit einige Bankenpleiten, ausgelöst durch unseriöse Geschäfte ihres Managements. In den letzten Wochen sind auch einige sehr große US-Banken insolvent geworden oder wurden übernommen. Zu ersteren gehören auch Lehman-Brothers und ihre europäischen Töchter. Obwohl der US-Markt weit weg scheint, sind doch viele deutsche Privatleute betroffen, da deutsche Banken ihren Kunden häufig zum Kauf von Lehman-Zertifikaten geraten haben.
R. hat sein Leben lang immer gearbeitet. Jetzt wird es Zeit für ihn, an seine Alterssicherung zu denken. In Aktien hat er kein Vertrauen, sein Großvater hat sein Vermögen bei der Weltwirtschaftskrise verloren und ihn immer ermahnt, mit Geld keine Risiken einzugehen. R. weiß, dass Banken und Sparkassen durch Einlagensicherungssysteme geschützt sind. Also macht er sich auf zu seiner Bank und fragt nach einer sicheren Geldanlage. Die Bank verkauft ihm Zertifikate der Lehman Brothers Investmentbank und ihrer europäischen Töchter. Auf seine Frage, ob dies denn auch sicher sei, erhält R. die Mitteilung, dass es sich bei Lehman um eine erstklassige Adresse handele und trotz der hohen Sicherheit höhere Zinsen als bei klassischen Einlagen wie Festgeldanlagen oder Sparbriefen gezahlt würden. Eine Information, dass die Zertifikate anders als Einlagen weder von der Einlagensicherung der Hausbank von R. noch von der Sicherungseinrichtung von Lehman geschützt sind, erhält er hingegen nicht.
Anfang September hört R. in den Nachrichten einen Bericht, wonach die us-amerikanischen Investmentbanken von der Bankenkrise stärker als erwartet betroffen sind. R. erkundigt sich voller Sorge bei seiner Hausbank. Dort beruhigt man ihn und rät ihm davon ab, seine Papiere zum jetzigen Zeitpunkt zu verkaufen. Wenige Tage später erfährt R., dass die Lehman Brothers Investmentbank und ihre Töchter Insolvenz angemeldet haben. Jetzt sind die Papiere praktisch wertlos; R. hatte auf Rat seines Bankenberaters alles auf eine Karte gesetzt und steht nun ohne Altersvorsorge da.
Beratungsfehler beim Kundengespräch
R. ist kein Einzelfall. Anlegerschützer sprechen von Beratungsfehlern bei einzelnen Banken. So werden immer mehr Fälle bekannt, bei denen den Kunden so wie R. die möglichen Verlustrisiken vorenthalten wurden. Gegenteilig wurden Zertifikate als absolut sichere Geldanlage angepriesen. Hieraus ergibt sich möglicherweise ein Anspruch gegen die Bank wegen fehlerhafter Beratung.
Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) regelt außerdem, dass eine Bank keine Anlageempfehlungen geben darf, die nicht mit dem Interesse ihres Kunden übereinstimmen. Auch Fehler in den Verkaufsunterlagen können einen Schadensersatzanspruch ergeben. Hat ein Emittent eines Wertpapiers Risiken nicht ausreichend oder sogar falsch dargestellt, kann daraus ein Fall für die Prospekthaftung werden. Hier sollte unbedingt ein Fachmann zurate gezogen werden.
Dresdner Bank – Kundenwarnung blieb aus
Brisanterweise ist nun auch ein internes Papier der Dresdner Bank an die Öffentlichkeit gelangt, welches als „Argumentationsunterstützung im Kundengespräch“ von der Bank an ihre Berater nur drei Tage vor der Lehman-Pleite verschickt wurde. In diesem Papier werden die Kundenberater auf die „enttäuschenden Quartalszahlen“ der US-Bank hingewiesen und deren Lage bereits als kritisch und ungewiss eingestuft. Ob die Dresdner Bank zu Recht keinen Handlungsbedarf sah, ihre Kunden zu warnen, werden wohl Anwälte klären müssen.
Verjährungsfristen berücksichtigen – jetzt handeln
Geschädigten Verbrauchern wird empfohlen, sich frühzeitig von erfahrenen Experten beraten zu lassen, da eventuelle Ansprüche durch Verjährungsfristen verloren gehen könnten.
Der Verfasser Dr. Thomas Schulte leitet die Kanzlei Dr. Thomas Schulte, in der sieben Anwälte tätig sind. Die Kanzlei ist seit 1995 schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Kapitalanlagen-und Bankenrechts sowie auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes tätig und vertritt bundesweit die Interessen einzelner Anleger.