Ein neues Anlageprodukt scheint die Herzen deutscher Privatanleger zu erobern: Crowdinvesting. Es gilt als das Jahrhundert-Anlageprodukt, birgt aber auch erhebliche Risiken. Die Kanzlei Dr. Schulte und sein Team verrät, worauf interessierte Anleger achten sollten.
Crowdinvesting – Fehlende Gesetzesregelung erfordert besondere Vorsicht
Das Crowdinvesting oder Crowdfunding, häufig als Schwarmfinanzierung oder Schwarmbeteiligung übersetzt, erfreut sich auch in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Hinter der scheinbar neuen Form der Investition verstecken sich altbekannte Anlageprodukte: Zur Finanzierung ihrer Geschäftsidee oder zur Verwirklichung einzelner Projekte sammeln zumeist junge Unternehmen (Startups) von zahlreichen Anlegern Kapital in der Gestalt eines partiarischen Darlehens oder einer (atypisch) stillen Beteiligung. Versprochen werden hohe Renditen. Die Anleger erhalten im Erfolgsfall Anteile am Unternehmensgewinn oder am Unternehmenswert.
Das Internet macht es möglich – Die Frage nach Sicherheit bleibt
Soweit also nichts Außergewöhnliches. Neu ist allerdings, dass die Emission der Anlagen über hierauf spezialisierte Internetseiten erfolgt. Sogenannte Crowd-Anbieter wie Seedmatch, Innovestment oder Berlin Crowd stellen Online-Plattformen zur Verfügung, auf der die Kapital suchenden Unternehmen ihre Beteiligungsmodelle anbieten. Je nach angebotener Beteiligungsform und Crowd-Anbieter sind verschiedene Vertragsgestaltungen denkbar. Dabei vermitteln die Crowd-Anbieter zwar die Beteiligungen, wollen sich aber bislang nicht als Wertpapier- und Finanzdienstleister sehen – nach geltendem Recht wohl auch zu recht. Die Anbieter solcher Plattformen agieren daher bislang in einer rechtlichen Grauzone. Sie werden weder ausreichend staatlich kontrolliert, noch ist klar, welche Aufklärungs- und Prüfungspflichten sie zu erfüllen haben.
Und genau hier liegt das Problem, meint der Kapitalmarktrechts-Experte Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte und Team und führt weiter aus: „Eine spezielle gesetzliche Regelung für Crowdinvesting fehlt bislang. Die entscheidende Frage lautet daher, ob die bisherigen Gesetze ausreichen oder ob wir ein neues Crowdinvesting-Gesetz wie in den USA benötigen. Hierüber herrscht noch große Uneinigkeit. Zumindest in Hinblick auf etwaige Haftungsfragen der Crowd-Anbieter wäre eine handgreifliche Regelung begrüßenswert. Denn bislang ist nicht eindeutig, welche Anforderungen die Plattform-Anbieter im Einzelnen zu erfüllen haben. Tür und Tor stehen weit offen für unseriöse, betrügerische Anbieter.“
Anleger sind somit zunächst weitgehend auf sich selbst gestellt. Sie müssen genau prüfen, ob der Crowd-Anbieter, das emittierende Unternehmen und die angebotene Beteiligung seriös sind.
Von fehlender Transparenz bis Totalrisiko – altbekannte Chancen und Risiken
Twitter, Facebook und Amazon gelten als Paradebeispiele für den Erfolg junger Unternehmen. Die Investoren der frühen Jahre verdienten sich an diesen Unternehmen eine goldene Nase, sind teilweise millionenschwer für ihre Anfangsinvestition belohnt worden. Doch die überwiegende Wirklichkeit sieht anders aus. Fehlende Marktakzeptanz und Erfahrung machen gerade jungen (Startup-)Unternehmen das Leben schwer. Oft enden solche Investitionen daher in einem Totalverlust. Der Anleger ist hiergegen regelmäßig machtlos. Ihm steht als Darlehensgeber oder stiller Beteiligter kein Mitspracherecht zu. Er kann weder auf die Unternehmenspolitik noch auf Personalentscheidungen Einfluss nehmen.
Die Risiken solcher Beteiligungen können somit erheblich ausfallen. Eine sichere Altersvorsorge stellen sie jedenfalls nicht dar, mahnt Rechtsanwalt Schulte. „Bei vielen der angebotenen Beteiligungen handelt es sich um klassische Graumarktprodukte. Und egal wie die Beteiligung zustande kommt – ob auf Crowd-Plattformen oder durch die klassische Vermittlung eines Finanzmaklers. Die Risiken von Graumarktprodukten bleiben dieselben. Verbraucher sollten sich dieser einfachen Tatsache bewusst sein“, ergänzt Schulte.
Umso wichtiger sind daher Transparenz und Aufklärungsbereitschaft der Unternehmen. Fehlen diese, sollten die Alarmglocken läuten. Auch sollten sich potentielle Anleger ausreichend Zeit lassen, Unternehmen, Geschäftsidee und die versprochenen Renditen kritisch zu überprüfen. Denn nicht selten verbirgt sich hinter einer scheinbar innovativen Idee ein zum Scheitern verurteiltes Modell.
Damit es kein böses Erwachen gibt – was betroffene Anleger tun sollten
Anleger, die sich bereits an einem Unternehmen beteiligt haben, sollten sich möglichst genau nach den Geschäftsunternehmungen und Geschäftszahlen erkundigen. Entscheidend sind in erster Linie die nackten Zahlen – weniger die schillernden Unternehmenspräsentationen auf Webseiten oder Broschüren.
Kommen Zweifel auf, weil die bisherige Entwicklung von der versprochenen abweicht, sollten betroffene Anleger rechtlichen Rat suchen und sich über etwaige Ausstiegsmöglichkeiten beraten lassen. Die Erfahrungen der Berliner Kanzlei Dr. Schulte und sein Team zeigen, dass die Crowd-Investoren oft unzureichend über die Risiken ihrer Anlage aufgeklärt wurden. Auch Prospektfehler oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung können den Weg zu einer vorzeitigen, verlustlosen Vertragsbeendigung eröffnen.
Wer gerade erst investieren will, sollte wissen, dass Crowd-Investitionen mit hohen Risiken belastet sind. Wer als Anleger das ersparte Geld nicht lediglich als Spielgeld und das Investment als interessante Art des Zockens ansehen möchte, macht es Sinn, vor der Investition einer größeren Summe einen vertrauensvollen Anwalt aufzusuchen. Meist kann ein Fachmann leicht eine belastbare Zweitmeinung und eine Erklärung der rechtlichen Konstruktion der Anlage liefern. Danach trifft der Anleger dann hoffentlich eine gut informierte und damit richtige Entscheidung.