Die Beratung in eine konservative Anlagestrategie beinhaltet keine Investition in Aktienfonds und Inhabergenussscheine – gute Beratung zum Anlegerschutz.
Besteht konkreter Bedarf für Anlegerschutz bei Investments in Wertpapieren? Viele Anleger fühlen sich sicher im Umgang mit Investments, die Informationsbeschaffung ist dank Internet kinderleicht, aber welche Gefahren lauern? Fakt ist, dass Wertpapierkäufer sich in einer im Verhältnis zur Bank zumeist schwächeren Situation befinden, besitzen sie doch nicht die Sachkenntnis, um bestimmte Geldanlagen einschätzen zu können. Geldanlagen und Investments sollen für den Anleger Sicherheit und Schutz bieten, dies mussten viele persönlich aus vergangenen Finanzkrisen lernen. Aus diesem Grunde verlangt die Rechtsprechung eine „anlegergerechte“ Beratung, d.h. der Bankberater hat zunächst den Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft zu berücksichtigen, also vor allem, ob es sich um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigen Fachwissen handelt und welches Anlageziel er verfolgt.
Bedeutung einer konservativen Anlagestrategie und Aktienfonds:
Besonders strenge Anforderungen gelten hierbei, wenn der Kunde eine „konservative“ Geldanlage begehrt, wie es grundlegend bereits das Landgericht Berlin vor fast 10 Jahren (Urt.v. 01.12.2003 – 10 O 448/03) aussprach und Aktienfonds als mit dieser Anlagestrategie unvereinbar erklärte: „Das Adjektiv `konservativ´ wurde im 19. Jahrhundert aus dem gleichbedeutenden englischen Wort `conservative´ entlehnt, das auf das lateinische `conservativus´ zurückgeht, was `erhaltend´ heißt. Zugrundeliegendes lateinisches Verb ist `conservare´, was erhalten bedeutet. In Bezug auf eine Geldanlage meint konservativ dem Sprachsinn entsprechend, dass das eingesetzte Kapital erhalten bleibt. Das ist bei einer Anlage in einem Fonds, der in Aktien investiert, nicht der Fall. Aus der Natur der Aktien, die ihren Wert in voller Höhe verlieren können, und deren sich meist ständig ändernden Wertentwicklung nicht genau vorhersagen lässt, ist nicht sichergestellt, dass die eingezahlten Beträge erhalten bleiben“; auf die Definition des Wortes „konservativ“ durch die Bank selbst im Rahmen der Risikoeinstufung komme es hingegen nicht an.
Empfehlung eines Inhabergenussscheines und mündliche Aufklärungspflichten gegenüber älterer Dame mit beginnender Demenz:
Leider verstoßen Bankberater immer wieder gegen diese Anforderungen, wie ein kürzlich ergangenes Urteil des OLG Brandenburg (Urt. v. 17.07.2013 – 7 U 120/12) zeigt: Einer 75-jährigen, an Demenz leidenden Rentnerin wurde ein nicht frei handelbarer Inhabergenussschein mit einer Laufzeit von 15 Jahren empfohlen, der ihre bisherige Anlage in einem Investmentfonds ablösen sollte. Das Oberlandesgericht sprach ihr einen Schadensersatzanspruch auf Rückgängigmachung der Anlage (§§ 280 Abs. 1, 281, 249 BGB) zu, da der Inhabergenussschein, deren Werthaltigkeit durch das Marktverhalten des hinter dem Emittenten stehenden Unternehmen maßgeblich beeinflusst wird, ein „deutlich erhöhtes, spekulatives Risiko“ aufweise und daher „insgesamt das Gegenteil einer „konservativen Anlage“ sei; zudem hätte die Beratung derart ausführlich erfolgen müssen, dass dem Berater die (bei längerem Gespräch augenfällige) beginnende Demenz und damit, dass die Kundin den Ausführungen des Beraters nicht voll gedanklich folgen konnte, hätte während der Beratung auffallen müssen.
Ausreichende Aufklärung durch Überreichung eines Prospekts?
Obgleich die hinreichende Aufklärung über das Risiko einer Anlageform (z.B. Risiko des Totalverlustes wegen fehlender Absicherung) auch mittels des Prospekts der Geldanlage (z.B. einen „fact sheet“) erfolgen kann, so setzt dies aber voraus, dass der Prospekt dem Anleger so rechtzeitig vor der Anlageentscheidung übergeben wird, dass der Anleger sich mit dem Prospektinhalt vertraut machen kann (BGH, Urt. v. 14.05.2013 – XI ZR 431/10), die Übergabe erst beim Verkaufsgespräch genügt nicht (BGH, Urt. v. 8.?5. 2012 – XI ZR 262/10) – der genaue Zeitraum bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls (BGH, BGH, Beschl. v. 19. 7. 2011 – XI ZR 191/10). Wurde der Prospekt rechtzeitig übergeben, kann sich ein Schadensersatzanspruch einzig aus unrichtiger mündlicher Beratung ergeben, die dem Prospekt vorgeht (BGH, Urt. v. 27. 9. 2011 – VI ZR 135/10); hierfür trägt aber leider – trotz entsprechender Kritik im juristischen Schrifttum – der Kunde die Beweislast, so dass diese Konstellation zuvor sorgfältig mit einem Rechtsanwalt abgewogen werden sollte.
Fazit:
Aus Fehlern lernt man am besten: Vor der letzten Finanzkrise haben zehntausende Anleger ihrem Finanzberater blind vertraut. Das Vertrauen der Bevölkerung zu den Banken wurde durch die vielen Krisen auf eine harte Probe gestellt und erschüttert. Anleger haben sich zu verschiedenen Investitionen hinreißen lassen und glaubten zumeist an die Integrität ihres Beraters und an die Sicherheit ihrer Geldanlage. Deshalb wurde in Gesprächen auf Zeugen verzichtet und leider nur in den wenigsten Fällen ein Beratungsprotokoll angefertigt. Für den Anleger fatal, denn die Beweislast liegt beim Anleger. Dieses Vertrauen zwischen den Banken, den Beratern und Anlegern wieder aufzubauen sollte Ziel für die Stärkung des Finanzsystems und der Volkswirtschaft sein. Dies bedarf eine konkrete Bewegung in Richtung Ethik und Moral auf Seiten der Banken, Berater, Kunden und der Gesetzgebung.