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Die englische Limited als Gesellschaftsform in Deu

Geschäftsgründer stehen vor der Frage, ob eine englische Limited als Gesellschaftsform sinnvoll ist. Die angeblichen Vorteile liegen auf der Hand: mit ein paar Pfund kann sofort gestartet werden. Die Haftung wird auf diese Einlage begrenzt. Die deutsche Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist tot. Stimmt das?
Eine preiswerte GmbH für jedermann oder unvorteilhafte Rechtsform?
Damit eine Volkswirtschaft wächst und floriert bedarf es Unternehmergeist derer, die am Wirtschaftsleben teilnehmen. Dies stellt sicher, dass der Wohlstand der Bürger sich mehren kann und der Staat auf mehr Steuereinnahmen hoffen darf. Demnach ist der Gesetzgeber bestrebt Anreize zu schaffen sich unternehmerisch zu betätigen. Freilich ist dies für einen Unternehmer mit einem nicht zu unterschätzenden Risiko verbunden, da die Haftungsgründe mannigfaltig sind und ein Geschäftsmann von heute auf morgen „auf der Straße stehen kann.“ Um solch einer Angst – und damit einer Lähmung der Volkswirtschaft – entgegen zu wirken wurde die juristische Person der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (kurz GmbH) erdacht. Der Unternehmer, der die Gesellschaftsform der GmbH wählt, handelt nur noch durch oder für diese z.B. als Geschäftsführer. Tatsächlich berechtigt und verpflichtet wird jeweils nur die juristische Person. Mit der Folge, dass für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch nur die Gesellschaft aufkommen muss und nicht mehr der dahinter stehende Geschäftsmann mit seinem Privatvermögen. Bei der GmbH beläuft sich das Mindestvermögen, die sog. Stammeinlage auf mindestens 25.000,- €, welche bei Insolvenz zur Haftungsmasse wird.

Gute alte GmbH in der Vertrauenskrise
Allerdings steckt die GmbH heutzutage in einer Vertrauenskrise. Auf der einen Seite werden Geschäftsleute von der Stammeinlage abgeschreckt und dem erheblichen bürokratischen Aufwand welcher bei der Gründung der GmbH getätigt werden muss. Hinzu kommen weitere Kosten für einen Notar und die Eintragung im Handelsregister.
Auf der anderen Seite stehen Gläubiger einer GmbH mit Skepsis gegenüber. Banken gewähren nur ungern Kredite für die Gründung einer GmbH und Geschäftspartner einer GmbH, welche möglicherweise Geschäfte in Millionen Euro Höhe tätigen möchten im Falle der Zahlungsunfähigkeit der GmbH nur ungern auf die 25.000,- € Stammeinlage verwiesen werden…

Der „Herausforderer“: Die englische Limited
Zur Zeit scheint eine Innovation aus Großbritannien der deutschen GmbH Konkurrenz zu machen: Die Rechtsform der Private Company Limited by Shares, kurz Limited. Wer das hiesige Wirtschaftsleben beobachtet wird dabei auf Vermittler aufmerksam, deren Bestreben es ist, Geschäftsleute zum Gründen einer Limited zu animieren, um dadurch Gebühren einfahren zu können. Angepriesen wird die Limited damit, dass sie alle Vorteile der GmbH in sich vereine, jedoch leichter, schneller und kostengünstiger zu gründen sei. Ermöglicht wurde diese Vermittlungstätigkeit durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, welcher feststellte, dass das deutsche Recht im Wege der Niederlassungsfreiheit im vereinten Europa auch die Limited voll anzuerkennen habe. Seit dieser Richtlinien Entscheidung ist die Limited auf dem Wege sich zu einer festen Größe im deutschen Rechts- und Wirtschaftsleben zu entwickeln.
Jedoch sollte man nicht vorschnell alle Bedenken fallen lassen und die Limited als der GmbH überlegen ansehen. Die Limited wird gerne als die ideale Rechtsform für Klein- und Kleinstunternehmer dargestellt, allerdings geht dies an der Realität vorbei! Tatsache ist, dass in Großbritannien die Mehrheit der Unternehmen keine Limitds sind.
Limited – auch in Deutschland lassen sich viele vermeintliche Vorteile entzaubern.
So einfach, wie die Gründung zuweilen dargestellt wird ist sie keineswegs. Eine Limited lässt sich nicht ins deutsche Handelsregister eintragen. Es ist daher notwendig die Limited nach englischem Recht zu Gründen und in Deutschland eine Zweigniederlassung ins Handelsregister eintragen zu lassen. Dies zieht die Notwendigkeit nach sich in Großbritannien ein sog. registered office einzurichten. Es genügt nicht einfach eine „Briefkastenfirma“ zu erstellen, denn hier sind Unterlagen zu verwahren die ggf. den Anteilseignern und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind. Folgekosten für die Mieträume und Büroverwaltung sind also vorprogrammiert.
Ferner kann das deutsche Handelsregister die Anmeldung der Zweigniederlassung mit Zwangsgeld durchsetzen. Hinzukommen Übersetzungskosten für die englischen Gründungsunterlagen, für die notarielle Beglaubigung und Handelsregistereintragung. Teilweise wird für die Eintragung ein Kostenvorschuss i.H.v. 2.000,- € verlangt.

Die Organisation der Limited weicht von der der GmbH ab.
Sie besteht aus directors (vergleichbar mit einem Geschäftsführer), einem secretary (zuständig für die Verwaltung) und members (Gesellschafter). Der secretary nimmt verantwortungsvolle juristische Tätigkeiten vor. Er ist verantwortlich für den Ablauf der Gesellschafterversammlung oder die ordnungsgemäße Führung der Protokollbücher und Register der Gesellschaft. Der secretary ist ein Pflichtorgan der Gesellschaft und ist im Idealfall mit einem im Gesellschaftsrecht spezialisierten Anwalt mit guten Englischkenntnissen besetzt. Ein solcher ist aber allein schon deshalb notwendig, weil bei den Gerichten hierzulande noch keine Einigkeit darüber besteht, wann welche Rechtsordnung anzuwenden ist.
Sollte eine Rechtsstreitigkeit vor einem englischen Gericht verhandelt werden, so ist es zudem notwendig die dort herrschende Rechtssprechung zu kennen. Ein Gläubiger kann nach Artikel 22 EuGVVO eine englische Limited mit deutschem Geschäftssitz wahlweise auch in Großbritannien verklagen, wobei dort die Prozesskosten das zehnfache betragen. Anders als bei der GmbH gibt es in Großbritannien kein einheitliches Limited Gesetz. Ferner ist das case law herrschend, d.h. die Richter legen das Recht anhand entschiedener Fälle neu aus. Die Risiken sind in solch einem Fall kaum abzuschätzen und die Honorarkosten für einen Spezialisten im englischen Recht entsprechend hoch.

Nach 22 Monaten kommt das Erschrecken – englisches Steuerrecht
In Großbritannien muss jede Limited spätestens 22 Monate nach ihrer Gründung dann jährlich ihren account (Jahresabschluss) beim englischen Register einreichen. Die Rechnungslegung der Limited richtet sich nach englischem Recht, den UK-GAAP. Steuererklärungen müssen sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland abgegeben werden. Die Gewinnermittlung muss nach britischen Bilanzierungsregeln erfolgen und muss für die Besteuerung in Deutschland in eine deutsche Steuerbilanz übergeleitet werden. Dies gilt auch wenn die Limited keine Geschäfte in Großbritannien tätigt. Sie muss wegen ihres englischen Satzungssitzes beim britischen Finanzamt eine Steuererklärung abgeben.
Das Argument, dass das englische Steuerrecht vorzugswürdig vor dem deutschen sei, ist auch nicht gänzlich richtig. Denn werden in Deutschland Gewinne erwirtschaftet so fallen für diese Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer an. Mithin dieselben Kosten die auch eine GmbH verursacht hätte.
Gesellschafter einer Limited mit Wohnsitz in Deutschland unterfallen, wenn Gewinne an sie ausgeschüttet werden, den Regelungen über Einkünfte aus Kapitalvermögen und müssen demnach in Deutschland Kapitalertragssteuer i.H.v. 20% des ausgeschütteten Gewinns bezahlen. Da auch hier das sog. Halbeinkünfteverfahren zur Anwendung kommt ergeben sich keine Unterschiede zur GmbH.

Vorteil Haftungsriskio bei der Limited Null?

Grundsätzlich ist bei der Limited das Haftungsrisiko der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Jedoch kann es auch zu einer unbeschränkten persönlichen Haftung des directors kommen, wenn dieser gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen oder Sorgfaltspflichten missachtet hat. Anders als bei der GmbH welche mit dem GmbHG und dem BGB klare Vorgaben hat, sind die Grenzen bei der Limited undurchsichtig.
Ein Haftungsgrund könnte sich aus den Grundsätzen der wrongful trading rule ergeben. Demnach haftet ein director nach Eröffnung eines Insolvenzverfahren, wenn er wusste oder hätte wissen können, dass eine realistische Chance besteht, die Insolvenz der Gesellschaft zu vermeiden, und er nicht alle Maßnahmen getroffen hat, um die Nachteile für die Gläubiger zu minimieren. Ab wann eine solche Vorhersehbarkeit gegeben ist, kann nicht eindeutig bestimmt werden und ist vom Einzelfall abhängig und unterliegt der Einschätzung des Richters. Jedenfalls kann eine Insolvenzgefahr vorhergesehen werden, wenn die Gesellschaft bei ihrer Gründung mit unzureichendem Kapital ausgestattet ist. Dies ist bei den geringen Gründungsvoraussetzungen keineswegs fernliegend.
In einem solchen Fall könnte der Gesellschafter gehalten sein, seiner Gesellschaft ein Darlehn zu gewähren. Anders als bei der GmbH erhöht ein solches Darlehn jedoch nicht die Haftungsmasse der Gesellschaft, sondern kann kurz vor Eröffnung der Insolvenz an den Gesellschafter zurückgezahlt werden. Wird die Gesellschaft dann jedoch überschuldet weiterbetrieben haftet der director persönlich für die folgende Insolvenz und hat sich zudem strafbar gemacht. Allgemein unterfällt der director den Haftungsregelungen des fraudulent trading, wenn er bewusst gegen Gläubigerinteressen verstoßen hat.
Ein Fall der Durchgriffshaftung kommt auf den director zu, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Errichtung einer Limited bloße Fassade zur haftungsrechtlichen Abschirmwirkung war. Man spricht vom „piercing the corporate veil“.

Bußgelder drohen
Um Gläubigerinteressen zu sichern, wurden – angesichts des geringen Mindestkapitals – andere Sicherungsmechanismen installiert. Anders als in Deutschland unterliegt die Gesellschaft zwingenden Publizitätsregelungen welche die Geschäfte und Verfahrensweise der Gesellschaft transparenter machen sollen und somit den Gläubigern Klarheit über den Geschäftspartner geben kann. Beispielsweise werden in Großbritannien Fristverstöße bei Einreichung der Jahresbilanz mit erheblichen Bußgeldstrafen belegt. Bei wiederholten Verstößen kann dies in einem Berufsverbot des directors gipfeln oder gar die Löschung der Gesellschaft aus dem Register.

Deutsche Rechtssprechung in Bewegung
Aufsehenerregend ist ein Urteil des AG Hamburg. Danach tritt eine persönliche Haftung der Gesellschafter ein, wenn die Limited als Scheinauslandsfirma betrieben wird 14.05.2003, Az. 67g IN 358/02. Eine unterkapitalisierte englische Limited werde nicht als Kapital-, sondern als Personengesellschaft (OHG) angesehen, denn es handele sich lediglich um eine Scheinauslandsgesellschaft. Daher hätten die rechtsmissbräuchlich auftretenden Gründer als Gesellschafter einer Personengesellschaft persönlich für die Schulden der insolventen Limited zu haften.
Limited-Vermittler erklären, wie einfach und günstig es ist, seine Limited über das Companies House für 10 Pfund amtliche Gebühren wieder löschen zu lassen. Eine in England im Gesellschaftsregister gelöschte Limited existiere nach englischem Recht – und damit auch nach europäischen und deutschen Recht – nicht mehr. Die Limited und damit auch ihre Niederlassung seien nicht mehr insolvenzfähig.
Jedoch wird vielfach unterschlagen, dass wenn vor dem Löschungsantrag der Limited beim Companies House nur ein Gläubiger nicht befriedigt wurde, der Gläubiger dort auch noch 20 Jahre später beantragen kann, die Gesellschaft wieder neu einzutragen. Die zur einfachen Löschung beantragte Limited darf keine Verbindlichkeiten haben. Für falsche Angaben im Löschungsantrag sieht das englischen Strafrecht empfindliche Geld- und Haftstrafen für die verantwortlichen Geschäftsführer vor. Lebt die Limited wieder auf, kann das deutsche Insolvenzverfahren beginnen.
Anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass die Limited zwar eine Chance dank des verneinten Europas darstellt, jedoch bei weitem nicht die überzogenen Erwartungen erfüllt die teilweise mit ihr verbunden werden. In Zeiten wirtschaftlicher Engpässe stehen bei Gläubigern diejenigen Unternehmer höher im Kurs, welche das Risiko einer persönlichen Haftung eingehen und durch ihre Qualität einer Haftungsbegrenzung nicht bedürfen. Zudem sollte man sich auch immer die Frage stellen, was man selber bevorzugen würde wenn man ein Geschäft mit jemanden tätigen möchte? Einen grundsoliden Unternehmer der für sein Handeln haftet oder eine Gesellschaft wie die Limited von der man gar nicht so genau weiß worum es sich hierbei handelt. Die ausgereifteste Gesellschaftsform hat auch dann keinen Wert, wenn sie nicht vom Markt akzeptiert wird.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 300 vom 16. Januar 2006 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich