Recht und Gesetz

Immobilienbranche: Es gibt nichts, was es nicht gibt!

Infoveranstaltung am 24.01.2013 zu dem Themenschwerpunkt mit rechtlicher Diskussion: Wertermittlung durch Gutachter und Sachverständige in der Immobilienbranche. Veranstaltungsleiter Rechtsanwälte Dr. Thomas Schulte und Geschäftsführer der Brunzel Bau GmbH, Hans-Heiko Brunzel aus Velten.

Die Brunzel Bau GmbH seit mehr als zwanzig Jahren erfolgreich in der Bauwirtschaft in Berlin und Brandenburg tätig, sammelte bereits große Erfahrungen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Hochbau.

„Um den Immobilienmarkt bewerten zu können, wird der Marktwert, auch Verkehrswert genannt, ermittelt. Dabei sollen subjektive und besondere Einflüsse möglichst ausgeschaltet werden. Hierfür werden von den Ländern nach § 192 BauGB selbstständige, unabhängige Gutachterausschüsse bei eigens dafür eingerichteten Geschäftsstellen gebildet. Diese sowie auch speziell ausgebildete und ggf. öffentlich bestellte und vereidigte oder zertifizierte Sachverständige (Gutachter) führen daher die Wertermittlung durch. Generell sollte den Gutachterausschüssen, öffentlich bestellten und vereidigten oder den von einer registrierten Zertifizierungsstelle des Deutschen Akkreditierungsrates (DAR) zertifizierten Sachverständigen der Vorzug gegeben werden“, eröffnet Rechtsanwalt Dr. Schulte die Veranstaltung. Doch leider kommt es in der Immobilienbranche immer wieder zu negativen Störungen, wie folgendes Beispiel aus der Praxis verdeutlicht:

Von Gutachtern und Sachverständigen erwartet niemand ein großangelegtes Abzocke-System? Wie geht das?

Plötzlich und unerwartet erhalten Erwerber von Immobilien Schreiben mit den Betreffzeilen wie beispielsweise „Wichtiger Rückruf erbeten“ oder „Bitte sofort zurückmelden“.

Absender dieser dubiosen Schreiben sind angeblich Diplom-Ingenieure, Architekten oder Sachverständigenbüros, die behaupten, man hätte den Empfänger der Briefe telefonisch nicht erreicht und bittet in „Dringender Angelegenheit“ um schnellen Rückruf. Der Inhalt dieser Anschreiben ist meist inhaltsgleich, allerdings stammen die Schreiben von vermeintlich unterschiedlichen Absendern.

In der Vergangenheit erhielten Erwerber auch Anschreiben von Wirtschaftsdetekteien mit Betreffzeilen wie „Ermittlungen: Schrottimmobile xy, in Berlin“. Absender sind angeblich Wirtschaftsdetektive, die Ermittlungen wegen „Immobilienbetruges in der oben genannten Eigentumswohnanlage“ durchführen. Der Empfänger wird um „schnellstmöglichen“ Rückruf zur „effektiven Aufklärung und Beweissicherung“ gebeten. Die Schreiben sind inhaltsgleich und stammen wiederum von vermeintlich unterschiedlichen Absendern.

Dr. Schulte hierzu: „Alle angeblichen ‚Experten‘ ist jedoch eins gemein: Sie sind keine Immobilienexperten oder Sachverständige. Vielmehr existieren die benannten Büros in der oben genannten Form nicht. Nach Recherche steht fest, dass weder Klingelschilder noch entsprechende Briefkästen an den angegebenen Adressen vorhanden sind und die Büros nicht existieren. Dazu gab es natürlich auch niemals einen gescheiterten Kontaktversuch, der einen dringenden Rückruf notwendig macht.“

Doch was haben diese Schreiben für einen Hintergrund?

Rechtsanwalt Dr. Schulte: „Die Empfänger der Schreiben sollen dazu gebracht werden, sich mit anwaltlicher Hilfe von dem vermeintlich nachteilhaften Immobilienkauf zu befreien. Kapitalanleger, die bislang hochzufrieden mit ihrer Anlage waren, werden verunsichert.“

Was passiert dann bei einem Rückruf unter der angegebenen Handy-Telefonnummer?

„Erwerber von Eigentumswohnungen und auch Bauträger berichten übereinstimmend, dass in dem nachfolgenden persönlichen Gespräch der Ausstieg aus dem bislang tadellosen Investment empfohlen wird. Dabei wird die Verbindung zu bestimmten Rechtsanwaltskanzleien hergestellt, mit deren Hilfe im Rahmen eines kostenpflichtigen Anwaltsbriefes der Ausstieg aus der Kapitalanlage erfolgen soll. Neben den „teilnehmenden“ Rechtsanwaltskanzleien verdienen auch die vermeintlichen „Gutachter“ und „Sachverständigen“ bei dieser Mandantenschaufel kräftig mit. Für ihre Dienste verlangen die Briefschreiber bis zu 2.000,00 Euro“, so Dr. Schulte.

Doch es geht noch weiter: Sobald ein verunsicherter Erwerber bereit ist, den angebotenen Weg zur „Rückabwicklung“ des Immobilieneinerbes zu wählen und einen Rechtsanwalt bevollmächtigt hat, kann dieser im Namen des Kunden auch weitere Eigentümer in gleichen Immobilienprojekten anschreiben und um „Hilfe“ bei der Mandatsbearbeitung bitten. So kommt ein Anwalt gleich an die Adressen aller Eigentümer in einem Immobilienobjekt von der betreffenden Hausverwaltung. Natürlich werden diese Eigentümer auch angeschrieben.

Ob die Eigentumswohnungen wirklich überteuert sind, erfahren die angeschriebenen Immobilieneigentümer frühestens in einem Gerichtsverfahren und auch nur dann, wenn der zuständige Richter ein Gutachten in Auftrag gibt. Nur ein neutrales Sachverständigengutachten, unabhängig von Interessen Dritter, kann den Verkehrswert einer Immobilie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bestimmen. Hintergrund ist, dass es verschiedene Methoden gibt, den Verkehrswert einer Eigentumswohnung zu ermitteln. Teilweise können sich die ermittelten Verkehrswerte je nach Art der Bewertungsmethode erheblich unterscheiden.

Kunden, die sich vertrauensvoll an den Verkäufer ihrer Immobilie gewandt haben, berichten, dass regelmäßig nur bestimmte Rechtsanwaltskanzleien von den „Gutachtern“ und „Sachverständigen“ empfohlen werden.

Im Rahmen einer regen Diskussion wurden diese Punkte vertieft besprochen.

Dr. Thomas Schulte stellt Folgendes fest: „Natürlich hat sich in den letzten Jahren auch der Wettbewerb unter Rechtsanwälten deutlich verschärft, schließlich gibt es beispielsweise in Berlin über 11.000 Berufskollegen. Diese neue Methode der Mandatsakquise stellt jedoch eine „neue Qualität“ anwaltlicher Berufsauffassung dar. Die ganze Sache gipfelt darin, dass die angeblichen Sachverständigenbüros und Gutachter in Wirklichkeit, wie sich zwischenzeitlich herausgestellt hat, früher selbst Immobilien von zweifelhafter Qualität und Wert vermittelt haben. Diese kennen das Geschäft natürlich gut und haben so neue Einkommensquellen erschlossen.“

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 921 vom 30. Januar 2013 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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