Junk Bonds a la General Motors – Wohlklingende Wertpapiere auf dem Grauen Kapitalmarkt

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Inhaltsverzeichnis
Recht und Gesetz

Seit Jahren warnen Verbraucherschützer vor verlustbringenden Kapitalanlagen. Nun haben Bewertungsunternehmen einen der größten privaten Schuldner der Erde, den Autohersteller General Motors im Mai 2005 als Junk Bonds (mit anderen Worten als Schrottwertpapier) eingestuft und damit faktisch verkündet, dass die Geldanleger keine besonders hohe Sicherheit haben können, ihre Ersparnisse, die diese in Wertpapiere des Autoherstellers angelegt haben, jemals wieder zu sehen. Dieser traurige Anlass gibt Gelegenheit nochmals zu betonen: Wertpapiere müssen keinen Wert haben. Es kommt entscheidend darauf an, wie solide das Unternehmen ist, welches das Wertpapier herausgegeben hat. Das gilt für alle Wertpapiere, nicht nur für Aktien, sondern auch für die hier betroffenen Anleihen. Trotz allem boomt der Markt für Kapitalanlagen mit klingenden Namen, welche angeblich mehr Rendite bei hoher Sicherheit bringen. Ein Beispiel ist eine Direktanleihe, die z.B. bei der Petro Carbo Chem AG und GmbH einen Zinsertrag von 7% pro Jahr bringen soll. Hierbei handelt es sich um ein Wertpapier, welches auch Bond, Obligation oder Schuldverschreibung genannt wird. Der Begriff Wertpapier bedeutet dabei nicht, dass dieses Stück Papier einen Wert in Geld hat, sondern nur, dass es sich um eine Urkunde handelt, in der ein privates Recht verbrieft ist. Ob dieses Recht werthaltig ist oder nicht kommt auf den Schuldner an. Die Bonität des Schuldners ist entscheidend. Verwechslungen sind allerdings möglich und vermutlich auch beabsichtigt, da auch die öffentliche Hand Anleihen herausbringt, um den Haushalt zu finanzieren. Es handelt sich dabei um staatlich garantierte Anleihen des Bundes, der Länder, Kommunen oder Sondervermögen des Bundes. Unternehmen versuchen ohne den Umweg über Banken in der Regel im Strukturvertrieb Geldanleger zu finden, welche das Kapital zur Verfügung stellen.

Im Fall der Direktanleihe der Petro Carbo Chem AG handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung. Diese Anleihe wird an denjenigen gezahlt, der das Papier vorlegt. Eine Wertpapierkennnummer kann ohne weitere Prüfung der Bonität bei dem Bundesamt für Wertpapierhandel bzw. Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht beantragt werden. Eine unternehmerische Beteiligung mit Stimmrechten wird nicht erworben. Weiterer Nachteil: es besteht für diese Papiere kein Markt, sie können nicht wie bestimmte Fondsanteile oder börsennotierte Aktien ohne weiteren Aufwand gehandelt werden. Damit verschlechtert sich die Position der Anleger weiter, die keinerlei gesetzlich verbriefte Bucheinsichtsrechte und Kontrollrechte mehr haben.
Sehr aufwändig beworben wird zur Zeit die Inhaberteilschuldverschreibung der Wohnungsbaugenossenschaft Leipzig West AG. Inhaberteilschuldverschreibungen werden diese genannt, weil jedes Stück des unterteilten Papiers das Gläubigerrecht an einem bestimmten Teil der Anleihe verbrieft. In bundesweiten Postwurfsendungen wird für eine Inhaberteilschuldverschreibung geworben mit einem Zinssatz von 6,75% pro Jahr. Richtigerweise wird auf der Internetseite erläutert, dass es keine Sicherheit z.B. durch  einen Einlagensicherungsfond gibt. Der sogenannte Einlagensicherungsfond sichert nur Gelder ab, die als Spareinlage angelegt sind. Anleihen sind grundsätzlich nur durch den Emittenten besichert, das gilt für Bundesschatzbriefe genauso wie für jede Unternehmensanleihe. Zumindest weist diese Gesellschaft darauf hin, daß die Bonität des Emittenten von entscheidender Bedeutung ist.
Ähnliches gilt für Genussscheine. Diese Wertpapiere verbriefen einen Anspruch auf Zahlung eines Teils des Gewinns der Gesellschaft. Mit bis zu 12 Prozent jährlicher Rendite lockt z.B. Vobag Volksbau AG aus Lübeck Zeichner für ihre Genussrechte. Die notwendigen Gewinne wollen die Initiatoren mit Immobilieninvestments erzielen. Die Mittelverwendung können die Investoren indes nicht kontrollieren, und etwa 18 Prozent der Anlegergelder gehen für angebliche Emissionskosten ab. Auch hier wird ein durch die Wortbedeutung Genussschein in Verbindung mit Wertpapier im Rahmen des Vertriebs der Eindruck erweckt, es handele sich um eine sichere und stabile Investition. Der Genuss mit dem Genusschein kann aber bitter sein, falls die Gesellschaft in eine Krise gerät und keine Gewinne ausschüttet. Vertrieben wird dieses Papier durch Vermittler, die auch bereits im Bereich der Vermittlung der Kapitalanlagen der insolventen Real Direkt AG aktiv waren.
Risikoreich sind auch die zur Zeit vertriebenen partiarischen Darlehen. Hierbei handelt  es sich um Darlehen, deren Verzinsung sich am geschäftlichen Erfolg und am Gewinn des anbietenden Unternehmens orientiert. Daneben können auch feste Zinsen vereinbart werden. Auch hier besteht keinerlei Einsichtsrecht des Geldgebers, so dass die Gestaltung des Gewinns in die Verantwortung des Unternehmers gestellt wird. In den allermeisten Fällen vereinbaren die Unternehmen einen Rangrücktritt mit den Darlehensgebern. Dies bedeutet, dass das Darlehenskapital wie Eigenkapital behandelt wird um im Falle der Insolvenz der Darlehensgeber nicht einmal Ansprüche zur Insolvenztabelle anmelden kann. Vor diesen Angeboten ist daher dringend abzuraten, da es sich um eine Vertrauensinvestition bei gleichzeitiger Rechtlosstellung handelt. Ob die Papiere nun Schuldverschreibung, Obligation, Anleihe, Pfandbrief, Rentenbrief, Partialobligation, Verpflichtungsschein oder Schuldversprechen genannt werden, ist im Grunde ohne Bedeutung.
Gesellschaften, die den technisch und organisatorischen mühsamen Weg der Ausgabe von Wertpapieren gehen, vermeiden allerdings auch die Kontrolle durch eine Bank, die in der Regel bei der Kreditvergabe das Unternehmen sehr intensiv prüft und nur dann einen Kredit gewährt, falls die Bonität ausreichend erscheint. Im Falle der Ausgabe von Wertpapieren aller Art kann diese Prüfung vermieden werden und sieht sich das Unternehmen unterlegenen Kapitalgebern gegenüber, die so gut wie keine Rechte haben. Da die Banken aufgrund der restriktiven rechtlichen Erfordernissen (Basel II) die Anforderungen sehr hoch geschraubt haben, bietet sich für die Gesellschaften an, sich des Publikums als Kapitalgeber zu bedienen. Diejenigen, die die Mühen und den Aufwand der eigenen Prüfung der Bonität des Kapitalsuchenden scheuen, ist zu raten sich an Bundesschatzbriefe zu halten, die auch noch kostenfrei von der Bundesschuldenverwaltung verwaltet werden und die zwar keine besonders hohe Rendite bieten, aber auch keine Anlegergelder dem Vertrieb zuführen muß.
Die internationalen Finanzmärkte haben im übrigen auf die Einordnung der Anleihe von General Motors gelassen reagiert. Warum? Der Verlust trifft niemanden, der wichtig ist, konkret, nur Millionen kleinerer Anleger auf der ganzen Erde.

Dr. Thomas Schulte

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Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 338 vom 21. September 2007 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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