Europahaus insolvent – Anleger um Millionen geprellt?

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

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Courthouse / Pixabay

Die Gesellschaft Europahaus Fertigungswerke GmbH und Co. Dorsten KG hatte in der Vergangenheit gewerbliche (atypisch stille) Gesellschafter eingeworben, die laut Gesellschaftsvertrag mindestens 10.000 DM als Einmalanlage bzw. mindestens 200 DM pro Monat über eine Mitteltreuhänderin einzahlen mussten. Mindestens 17 Millionen EURO sind bereits gezeichnet worden. Treuhänderin war zunächst eine Rechtsanwältin Karoline Seibt aus Gelsenkirchen, bis diese (ebenso wie ihre Nachfolgerin) die Zusammenarbeit von sich aus aufkündigte. Ziel der Gesellschaft war es, ein weltweit einmaliges Produktionsverfahren für Fertighäuser in Massivbauweise zu entwickeln, so zumindest die Selbstanpreisung der Europahaus. Es sollten so ungekannte niedrige Fertigungskosten entstehen. Die Gesellschaft selbst ging offenbar von einem rasanten Wachstum der Idee aus. Allein 1,2 Mio Kunden wollte man in Deutschland ausgemacht haben. Auch für einen Vergleich mit Bill Gates, dem Microsoft Gründer war man zu haben, so hieß es: Beispiele wie Intel, Mannesmann oder Microsoft zeigen, dass sich Investitionen in innovative Unternehmen phantastisch entwickeln können. So angelockt, haben viele Verbraucher die Beteiligung, die über Strukturvertriebe verkauft worden ist, gezeichnet. Diese „tolle“ Geschäftsidee führte jetzt in die Insolvenz der Europahaus, obgleich die Gesellschaft den Anlegern noch im Frühjahr erklärte, man habe eine Finanzierung an der Hand und würde die Durststrecke überwinden. In den letzten Jahren war der Gesellschaft immer wieder vorgeworfen worden, sie hätte den Anlegern nicht konkret gesagt, wie das Geld verwandt werden würde und hätte im Grunde nur einen diffusen Traum von dem billigen Bauen für jedermann erläutert. Gekontert hat die Gesellschaft stets: Es drohe Industriespionage. Die Ideen seien geheimhaltungsbedürftig. Im Jahre 2001 und 2002 herrschte zudem im Hause Krach, weil ein wichtiger Vertriebspartner aussteigen wollte. Die Anleger stehen vor einem Scherbenhaufen. Neben der angeblich innovativen Geschäftsidee wurden die Anleger mit Steuervorteile geködert, – er ist quasi gewerblich tätig, weshalb auch die Beschreibung „gewerbliche Beteiligung“ verwendet wird. Bei gewerblichen Beteiligungen gibt es die Haftungsproblematik der Nachschusspflicht. Eine Nachschusspflicht kann dann entstehen, wenn eine Gesellschaft (Unternehmung) Schulden hat und das Gesellschaftsvermögen nicht ausreicht, um den Gläubigern diese Schulden zu bezahlen. Ähnliches gilt, wenn ein Unternehmen hohe Verluste hat. Dann sind die Gesellschafter der Unternehmung verpflichtet, entsprechend ihrer Unternehmensanteile, die Fehlbeträge auszugleichen. Sollte ein Gesellschafter kein Privatvermögen mehr haben, um seinen Verlustanteil an die Gesellschaft zu erbringen, so haben die übrigen Gesellschafter anteilsmäßig diesen Verlust auszugleichen Es steht zudem zu befürchten, dass bei Ratensparern gemäß § 236 Abs. 2 HGB der eingesetzte Insolvenzverwalter die offenen Raten einfordern könnte (ähnliches ist bei Insolvenz der Real Direkt im Jahre 2004 geschehen). Die Insolvenz ist für die Betroffenen ein zusätzlich schwerer Schlag, weil viele Anleger auf Vermittlung des Vertriebes Kredite aufgenommen hatten, um sich die vorgeblich lukrative Beteiligung zu sichern. Möglicherweise können die Beteiligungsverträge angefochten werden, da das Anlagevermögen der Gesellschaft mit 26 Mio DM bewertet worden war, tatsächlich jedoch lediglich aus einer vagen Geschäftsidee bestand. Es könnte sein, dass dadurch die Anleger so getäuscht worden sind, dass eine Anfechtung möglich sein könnte. Hinzukommt, das die Vermittler in der Regel in der Haftung sind, da kaum ein Anleger über die Insolvenzgefahr der Gesellschaft sowie die Rechtsfolgen des § 236 HGB aufgeklärt worden sind. Die Staatsanwaltschaft Bochum ermittelt bereits wegen strafrechtlich relevanter Vorwürfe im Zusammenhang mit der Gesellschaft. Es ist vollkommen offen, ob die Insolvenz eröffnet wird oder mangels Masse nicht. Für einige der geprellten Anleger hat sich jedenfalls vom günstigen Eigenheim ebenso erledigt wie die Europahaus GmbH. Denn diese hatte ihren Gesellschaftern günstige Preise für den Erwerb der neuartigen Fertighäuser versprochen. Ein Grund für viele, die dubiose Beteiligung überhaupt nur einzugehen.

Dr. Thomas Schulte

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Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 475 vom 21. September 2007 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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