Courthouse / Pixabay

Kapitalanlagenbetrug 2007

Der Mensch bleibt des Menschen Wolf

Auch im neuen Jahr Schäden in Milliardenhöhe zu erwarten
von Dr. iur Thomas Schulte, Rechtsanwalt
 
Jährlich werden in der Bundesrepublik durch Kapitalanlagebetrügereien Vermögen im Werte von mindestens zwanzig Milliarden Euro umverteilt. Umverteilt, weil das den Opfern entlockte Vermögen für die volkswirtschaftliche Gesamtbilanz nicht vernichtet ist, sondern nur verschoben wurde – mit kriminellen Methoden.
Immer noch und immer wieder ziehen Betrüger mit weißem Kragen durch deutsche Lande und erreichen Ihre Ziele mit den ältesten Tricks. Die üblen Kniffe treiben Staatsanwälten, Richtern und Rechtsanwälten Tränen in die Augen. Denn die meisten Betrügereien gelingen, weil die Opfer regelmäßig alle Grundsätze des vorsichtigen Umgangs mit wichtigen geschäftlichen Fragen außer Acht lassen. Hier den gröbsten Missständen Einhalt zu gebieten, wäre Aufgabe des Staates.


Doch auch das zu vergangene Jahr war gekennzeichnet von der Untätigkeit und Ineffektivität von Gesetzgeber und Behörden. So hatte die große Koalition aus Christdemokraten und SPD beispielsweise angekündigt, das Zwangsvollstreckungsrecht zu reformieren. Geschehen ist – natürlich nichts. Auch 2007 kann und wird weiter betrogen werden.
Dieser Beitrag soll grundsätzlich Anzeichen für einen drohenden Betrug aufzeigen. Im zweiten Teil werden Möglichkeiten des Schadenersatzes aufgezeigt.
 

Vor Arglist gefeit?

Je nach Bildung und Vermögen der avisierten Bevölkerungsgruppe, passen sich Betrüger in Regel ihren Opfern an. Dabei gehen sie strategisch planend vor. Deshalb gibt es oftmals Muster, die bei betrügerischen Angeboten nahezu identisch wiederkehren und Anlegern als Warnsignale dienen können.
Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Kapitalanlagebetrugsmodell ist der Umstand, dass dieses von niemandem im ausgesuchten Publikumskreis richtig verstanden wird. Im Dunkeln bleibt dabei immer, wie die Geldvermehrung im Einzelnen funktionieren soll. Wichtig hierfür ist, dass die vermeintlichen Anlage-Aktivitäten in Wirtschaftsbereichen entfaltet werden, die dem Geldanleger vollkommen unbekannt sind. So verkauft man Medizinern Metalle, Juristen Immobilien und Ingenieuren Wundermedikamente. Das angepriesene Investment wird zudem oft emotional positiv besetzt, etwa mit dem Betrieb einer Silbermine, unter der Prämisse, die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu verbessern und das zeitgleiche Erwirtschaften einer außerordentlichen Rendite.
Gern wird auch die kindliche Wundergläubigkeit unvorsichtiger Kapitalanleger ausgenutzt. Selbst erfahrene Manager fallen immer wieder auf präsentierte Prestigeobjekte und attraktive, rhetorisch gewandte Personen hinein. Auch als Werbeträger eingesetzte Prominente sind eine beliebte Ablenkung, um die wahre Substanzlosigkeit eines Kapitalanlagemodells zu verschleiern. Den verheerenden „Erfolg“ solcher Taktiken illustriert der Fall des von Michael Gorbatschow beworbenen „European Kings Club“. Der Vermögensverlust für die Anleger betrug hier vermutlich weit mehr als eine halbe Milliarde Euro.
Null bleibt Null – gleichgültig, ob Null jetzt „Zero“ oder „Limes plusminus Null“ heißt. Mit anderen Worten: Traumhafte Renditen gibt es nicht und niemand, der eine Goldmine entdeckt hat, wird laut nach anderen Goldsuchern rufen. Professionelle Betrüger verstehen es, neben der Leichtgläubigkeit und Eitelkeit ihrer Opfer weitere Grundmechanismen menschlicher Verhaltens- und Denkstrukturen auszunutzen. Demgemäß werden Kapitalanlagen gern als Rettungsboot verkauft. „Komm´ schnell an Bord, bevor das Schiff untergeht“. Derlei Flüsterpropaganda im Verkauf ist ein untrügliches Indiz für eine unseriöse Geldanlage.
Durch die listig geplante Kapitalanlagestraftat verschaffen sich die Täter zudem einen zeitlichen Vorsprung. Denn die traumhaft hohe Rendite eines „echten Geheimtipps“ wird oftmals mit der Langfristigkeit einer Anlage erklärt. Der versprochene große Gewinn wird somit erst nach mehreren Jahren ausgeschüttet. Das gibt den Tätern Zeit, sich und das erschlichene Kapital in Sicherheit zu bringen.
Auch in weiten Bevölkerungskreisen verbreitete Vorurteile spielen den arglistigen Tätern in die Hände. Nur zu gern wird etwa geglaubt, Großbanken verdienten viel Geld mit geheimen Transfergeschäften, die den kleinen Privatkunden gegenüber nicht offenbart werden. Derlei Propagierung sollte Anleger misstrauisch machen. Denn selbst, wenn es solche Geschäfte gäbe – warum sollten sie nun offenbart werden?
Eine weitere Erleichterung seiner Anstrengungen erfährt der Betrüger durch eine Eigenart der deutschen Mentalität: Finanzielle Angelegenheiten werden gern geheim gehalten. Die Hemmschwelle, professionelle Unterstützung einzuschalten oder andere ins Vertrauen zu ziehen, erschwert in vielen Fällen die Verfolgung und Aufdeckung betrügerischer Unternehmungen.
Ein guter Betrüger stellt sich nicht vor und ist immer unterwegs. Eine Visitenkarte mit allen Kommunikationsdaten und ein hübsches Büro sagen nichts. Der clevere Kapitalanlagenbetrüger fällt zudem durch große Mobilität auf. Das Unternehmen und die dahinter stehenden Personen sind für die getäuschten Anleger nur in der Verkaufsphase und der Sicherungs- und Beruhigungsphase gut erreichbar.
Darüber hinaus vermeiden clevere Täter jegliche Beweise ihrer Verstrickung und arbeiten arbeitsteilig. Viele Personen und mündliche Zusagen verwirren die Geschädigten.
Immer eine gute Idee für den gezielten Betrug ist die Einbeziehung des größten Opfers als Haftungsträger des Unternehmens. Also wird ein so genannter Imbissbudenvater zum Geschäftsführer ernannt. Diese Personengruppe stellt keine Fragen und ist mit ein paar Tausend Euro ruhig gestellt. Auch eine kleine vergütete Nebentätigkeit des Opfers für die Täter unter Verstoß gegen den Arbeitsvertrag des Opfers ist eine verbreitete Methode, die Abschottung eines Unternehmens nach innen und außen zu forcieren. Um die Seriösität von Unternehmen und Anlage zu zeigen, wird ein deutsches Treuhandkonto eingerichtet.
Der eigentliche Verkauf der „Geldanlage“ erfolgt über ein Provisionsmodells möglichst durch Personen, die wiederum selber ahnungslos sind oder ihre Augen zu verschließen suchen – hohe Provisionen locken.
Auch die Abschottung des Unternehmens nach innen ist wichtig. Der Geschäftsführer ist selber Opfer. Hinzu kommt die Idee des falschen Vertrauen und der Solidarität unter Mittätern: So wird das Opfer einfach durch einen kleinen Regelverstoß zum Mittäter gemacht. Typisch eine kleine vergütete Nebentätigkeit des Opfers für den Täter unter Verstoß gegen den Arbeitsvertrag.
Das eigentliche Verkaufsgespräch wird möglichst unter Zeitdruck abgewickelt. Hilfreich sind auch komplizierte und schlecht lesbare Unterlagen. Um die Vertrauenswürdigkeit eines Projektes aufzuzeigen, verwenden die Berater häufig Videos von Fernsehbeiträgen aus den Vereinigten Staaten. Ein solcher Fernsehbeitrag ist natürlich schnell und preiswert selbst gemacht.
Das deutsche Wirtschaftsrecht ermöglicht vorsätzlichen Betrügern weitere Kniffe, um die Rechte ihrer Investoren zu schmälern, beispielsweise als Kommanditisten einer GmbH & Co. KG.
Die allgemeine Anbetung der Globalisierung erleichtert es den Tätern, die Möglichkeit des Auslandes und die daraus resultierenden organisatorischen, rechtlichen und sprachlichen Hürden zu nutzen, ohne das bei den Anlegern ein Verdacht aufkeimt. Mache den Mund wässrig durch kleine Erfolge. Seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts gilt: Steuersparen schaltet das Gehirn aus.
 
Das ideale Betrugsmodell 2007
Eine ansprechend und professionell gestaltete Internetseite mit einem schwer findbaren Firmennamen ist zumeist Grundbestandteil des zeitgemäßen Betrugsmodells. Das Unternehmen heißt beispielsweise „All Word Mountain Ltd.“ mit Sitz in Großbritannien. Solche Firmennamen sind unter den Milliarden Internetseiten später schlecht zu finden.
Ein typisches Projekt einer solchen Gesellschaft ist die Ausbeutung von unklaren Edelmetallen in Armenien und anderswo. Vielleicht sind es auch die Aktien solcher Gesellschaften. Die Gründer bleiben vollkommen vertraulich im Hintergrund. Falls Personen und Firmen auftauchen, kennen sich diese Unternehmen und Personen untereinander nicht. So sind sich die Hersteller von Internetpräsenz, Prospekten und der Vermieter völlig fremd.
Gelockt werden Mittäter mit extrem hohen Provisionen. Dem Verkäufer stehen Verkaufsbögen und weitere Verkaufsmittel zur Verfügung. Ein schöner Prospekt, ein seriös anmutender Vertrag sowie zwei oder drei Videos werden präsentiert. Zu sehen sind angebliche ausländische Fernsehbeiträge, die das Projekt bejubeln. Diese Beiträge sind selbstverständlich selbst hergestellt. Gerne werden auch Artikel von Professoren etc. als Beweise vorgelegt.
Die Geldanleger erhalten die Möglichkeit über das Internet mittels Passwort die Entwicklung der eigenen Geldanlage zu beobachten.
Versprochen wird eine Rendite von 11% per anno auf eine Laufzeit von 10 Jahren. Derjenige, der die lange Zeit durchhält, bekommt einen Zusatzertrag von 30% im elften Jahr des Investments. Es besteht eine Rückkaufsgarantie durch ein ebenfalls zusätzlich erfundenes Unternehmen. Da das Projekt sehr kapitalintensiv ist, werden neue Geldanleger gesucht. Der Empfehler erhält eine Provision für die Empfehlung deren Höhe es ihm leicht macht, Geld zu investieren. Das Geldkonto zur Einzahlung wird von einem ahnungslosen Treuhänder geführt, der möglicherweise auch gleich die Immobilie als deutschen Geschäftssitz angemietet hat. Binnen weniger Wochen ist ein riesiges Vermögen auf dem Treuhandkonto eingegangen.
Wie oben geschildert, erzeugt der gefährliche Mix aus krimineller Energie und Cleverness der professionellen Anlagebetrüger bei vertrauensvollen Anlegern ein trügerisches Sicherheitsgefühl, das falsches Vertrauen aufbaut und mögliche kritische Fragen nach Hintergründen oder langfristigen Strategien gezielt in den Hintergrund drängt. Ist diese Schwelle erst einmal überschritten, gelingt es den Anlegern meist nicht, vor Schadenseintritt die Notbremse zu ziehen.
Aufgrund der psychologisch geschickt aufgebauten Hemmschwelle, sich seine eigene Gutgläubigkeit selbst einzugestehen, wird der Anleger  gut gemeinte Hinweise zunächst ablehnen und aufgrund der eigenen Sachnähe – man ist ja ausführlich beraten worden und hat alle Informationen bekommen – darauf vertrauen, dass die Anlage seriös ist. Dies ist den Anlagebetrügern bewusst und von ihnen gewollt.
Um solchen psychologischen Fallen schon im Vorfeld zu entkommen, bedarf es lediglich einiger weniger einfacher Schritte, um die vermeintlich hochprofitable Anlagestrategie auf ihre Seriosität und Hintergrund abzuklopfen. Genauere Kenntnis von Anlagestrategien und theoretischen Hintergründen sind dabei zwar von Vorteil, jedoch nicht zwingend notwendig. Vielfach reicht es schon, sich die Kompetenzträger bzw. Anlagevermittler genauer anzuschauen und deren Vergangenheit einer kritischen Durchleuchtung zu unterziehen. Anlagevermittler kommen selten „aus dem Nichts“. Zwar ist es heute nicht unüblich, per so genannter „Kalt-Aquise“ unbekannte potentielle Anlageopfer unter einem Vorwand anzurufen bzw. anzusprechen und im Laufe des Gespräches dann auf den hochprofitablen Geheimtipp zu kommen. Bei solcher Vorgehensweise sollte man versuchen, auf das eigene, meist funktionierende Bauchgefühl zu hören und nicht den vermeintlichen goldenen Worten des Gesprächspartners vertrauen.
Es reicht dann vielfach schon, sich zu überlegen, warum man angesprochen wurde. Was hat der Anpreiser der Anlage davon? Warum wurde man selbst angesprochen? Hätte statt mir ein beliebiger anderer angesprochen werden können?
Psychologisch geschulte Anlagevermittler versuchen den potentiellen Kunden im Gespräch  häufig auf so genannte „Ja-Straßen“ zu führen, mit Hilfe deren das zukünftige Opfer mittels geschickt gelenkter Argumentation dazu gebracht wird, jede (rhetorische) Frage euphorisch mit einem „Ja“ zu beantworten: „Wollen Sie Ihr Vermögen gewinnbringend anlegen? Wollen Sie kurzfristige Erfolge? Wollen Sie Steuern sparen?“ Wer will das nicht? Diese Argumentation ist leicht durchschaubar und kann mit kritischer Betrachtung durchbrochen werden. Schnell auf einem Schmierblatt aufgezeigte Rechenbeispiele können durch konsequentes Nachfrage und abändern ins Wanken gebracht werden. So reicht oft schon freundliche und beharrliche Neugier um durch gezielte Fragen hier Widersprüche aufzudecken. Stellen Sie Fragen, die der andere nicht erwartet. Der Anlagebetrüger weiß, welche kritischen Fragen er in welcher Form entkräften kann. Stellen Sie Fragen, die er nicht erwartet! Brechen Sie den Argumentationszusammenhang und konfrontieren Sie ihn mit Ihren Argumenten.
Oft ist es auch hilfreich, die Vergangenheit der Hintermänner und Vermittler zu betrachten. Was hat er vorher gemacht? Warum bietet er unter neuem Namen ein altes Produkt an? Wieso bietet er nun ein völlig anderes Produkt an und versucht, sein altes Produkt schlecht zureden? Sag mir, woher Du kommst, und ich sage Dir, wer Du bist. Eine Recherche ist gar nicht schwer. Eine kurze Suchanfrage im Internet mit einer Namensangabe und den Hintermänner bringt oft erstaunliche Ergebnisse. Vielfach ist die angepriesene einmalige Gelegenheit ein alter Hut, der schon vielfach unter neuem Namen wiederverwertet worden ist. Oft wechseln nur die Produkte und nicht die Namen dahinter.
Wenn möglich sollte man auch das Vermögen der handelnden Personen überprüfen. Wie hoch ist die Kapitaldecke? Wie wird die eigene Investition in die Anlagemasse eingebracht? Wie hoch ist die Beteiligungsquote? Auch ist es hilfreich, sich nach Referenzen zu erkundigen. Gerade im so genannten grauen Kapitalmarkt wird die Beantwortung solcher Fragen die eigene Kritikfähigkeit stärken. Wer viel verspricht hält meist nur wenig. Gerade wenn von der „einmaligen Gelegenheit“ die Rede ist, ist Vorsicht geboten. Meist wird dem Anleger nur ein kurzes Zeitfenster eröffnet, welches mit eindruckvollem Prospektmaterial und Blendwerk illustriert wird. Hier wird gezielt versucht, den Anleger zu blenden und danach zu einer schnellen Entscheidung zu drängen. Nehmen Sie sich Zeit und sprechen mit ihrem Anwalt oder Steuerberater über die Anlage. Oft reicht ein kritischer Blick von dritter Seite um Hintergründe aufzudecken und das Kartenhaus in sich zusammenfallen zu lassen.
Sinnvoll ist es, seine eigene bisherige Anlagestrategie in diesem Zusammenhang zu betrachten. Meist ist man mit dieser bisher gut gefahren. So groß die Verlockung auch sein mag, die buchstäbliche goldene Nase ist schwer zu verdienen. Sind es die versprochenen kurzfristigen Erfolge wert, die bisherigen Depots, Fonds und Versicherungen aufzulösen und einen gegebenenfalls geringeren Rückkaufswert in Kauf zu nehmen? Eine sinnvolle Risikoverteilung ist meist besser als eine blinde Konzentration auf eine Anlage.
Letztendlich ist auch ein Blick auf die personelle und organisatorische Struktur der Anlagevermittler hilfreich. Wer ist die Kontaktperson und wer ist der Ansprechpartner im Bedarfsfall? Wie tritt der Anlagenvermittler auf? Meist verdeckt ein grosspuriges Auftreten die Leere dahinter. Dann ist es so, das bis zum Abschluss des Vertrages ein intensiver Kontakt besteht, der jedoch nach Abschluss abrupt versiegt. Wenn dann der Geschäftssitz des Anlagenanbieters im (Nichteuropäischen) Ausland ist wird die Luft dünn. Dies erschwert später eine unter Umständen gerichtliche Auseinandersetzung. Häufig ist ein Indiz für eine dubiose Anlageform der Umstand, dass der Ansprechpartner nur schwer identifizierbar ist. Eindrucksvolle Namensangaben und Titel auf dem Briefkopf und sowie unerreichbare Telefonnummern ersetzten nicht den persönlichen Kontakt.
Äußerste Vorsicht ist auch bei so genannten „sicheren“ Geldanlagen „mit Rückkaufsgarantie“ geboten. Hier werden unter der Bezeichnung „Garantie“ Dinge in Aussicht gestellt, welche dieser Bezeichnung spotten und an Bedingungen geknüpft, welche in der Realität sowieso nicht eintreten. Zuletzt gilt im Zweifel immer ein allgemein bekannter „Tipp“, der trotzdem selten beachtet wird: Lesen Sie sich den Vertrag durch, den Sie unterschreiben wollen und lassen Sie sich dafür Zeit. Drängen Sie darauf, den Vertrag vor dem Unterschreiben alleine und in Ruhe durchzulesen. Seriöse Vermittler werden nichts dagegen haben. Fragen Sie, wenn Ihnen etwas unklar ist und lassen Sie sich nicht überrumpeln.
Es gibt eine einfache Kontrollmöglichkeit der potentiellen Geldanlege: Frage Deine Mutter oder Großmutter, ob das System funktionieren kann. Ein System, dass einem Laien nicht erklärt werden kann, ist mit großer Wahrscheinlichkeit keine gute Idee der Geldanlage. Auch, ob das angepriesene System staatlich oder halbstaatlich versichert ist und wie lange es bereits besteht, sind tatsächlich relevante Informationen für die Anleger.
 
 
Vom Schadensfall zum Schadenersatz
Haben sich die Versprechungen einer scheinbar lukrativen Kapitalanlage nicht erfüllt und wird ein organisierter Kapitalbetrug vermutet, gilt es, schnell zu handeln. Jedes Zögern rächt sich im Nachhinein. Wichtig für eine erfolgreiche Anspruchsdurchsetzung ist zunächst eine umfangreiche Beweissicherung. Sämtliche die betrügerische Anlage betreffenden Umstände sind soweit möglich, deutlich zu dokumentieren. Vielfach ist entgegen der anfänglichen Befürchtung eine Fülle von Beweismaterial verfügbar. Die kleinsten Dinge können später eine entscheidende Bedeutung bekommen. So sollte zunächst eine Aufstellung genauester Art über den Ablauf und die Vermittlung der Kapitalanlage erstellt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass Datum, Ort, beteiligte Personen und Inhalte peinlich genau protokolliert werden, möglichst in digitalisierter Form, um später den Datenaustausch mit dem Anwalt zu erleichtern. Danach sind nun sämtliche Informationen über die Vermittlerseite zu sammeln. Was wissen Sie über die Beteiligten? Wie lauten die Vor- und Zunamen der Beteiligten? Wo wohnen diese privat? Wie sind die Wohnverhältnisse? Empfehlenswert ist es, soweit möglich einen Handelsregisterauszug des Unternehmens zu erlangen, um die Hintermänner zu enttarnen.
Gegebenenfalls sind Daten über das Verkaufsobjekt zu sammeln: Gutachten, Prospekte, Pläne, Grundbuchauszüge, Auszüge aus WEG Unterlagen können mehr als hilfreich sein. Dringend angeraten ist es auch, nach anderen Geschädigten zu suchen oder auch das Gespräch mit der Verkäuferseite, der Bank oder anderen Mietern der Verkaufsobjekte zu suchen. Oft kann schon ein Nachfragen bei den Verbraucherzentralen nach anderen Fällen zu einem unerwarteten Erfolg führen. Beauftragen Sie gegebenenfalls den Steuerberater mit der Anfertigung eines Gutachtens. Dringend erforderlich ist es, der Vermittlerseite nicht preiszugeben, dass nunmehr Informationen zur Beweissicherung gesammelt werden. Behalten Sie Ihre Trümpfe in der Hinterhand!
Sinnvoll ist es, sämtliche Informationen gezielt nach Bereichen zu ordnen und ein Inhaltsverzeichnis sowie eine Zeittafel zu erstellen. Sammeln sie alle relevanten Kontoauszüge, Überweisungsbelege und Rechnungen. Oft sind Beteiligte in der Lage, das Geschehene auf Nachfrage detailliert zu bezeugen. Vor Gericht müssen Sie den Nachweis einer Falschberatung führen!   
Danach sollten in enger Abstimmung mit einem auf Kapitalanlagerecht spezialisierten Rechtsanwalt mögliche weitere Schritte sinnvoll geprüft werden. Oft hat es keinen Sinn, sofort die gerichtliche Auseinandersetzung mit unsicherem Ausgang zu suchen. Ein guter Anwalt erarbeitet mit dem Mandanten eine individuelle Strategie zur Durchsetzung des Schadenersatzanspruches. Leider gibt es auch dort schwarze Schafe. Gehen Sie zu einem Spezialisten, Unwissenheit kostet Ihr Geld!
Vielfach fangen nun die Probleme jedoch erst richtig an: Die Aufrechterhaltung der Durchsetzung kostet Geld,  beispielsweise für Vorschüsse, Beweissicherungskosten, und andere auflaufende finanzielle Belastungen. Dann laufen häufig die durch die fehlerhafte Beratung entstandenen Folgekosten aus dem Ruder, zum Beispiel Ausfälle der im Rahmen einer Mietgarantie zugesagten Mieteinnahmen, Tilgungskosten für Darlehen sowie Steuernachzahlungen. Die Ausgaben zur Erlangung eines Schadenersatzes können diesen bei unbedachter Vorgehensweise übersteigen.
Häufig erschwert auch eine zu große Gruppe an Mittätern die Rechtsverfolgung, ein Verschulden im Einzelfall nachgewiesen werden muss. Es liegt dann eine so genannte „Atomisierung der Verantwortung“ vor, jedem für sich ist kein ausreichendes Verschulden nachweisbar, erst im gezielten Zusammenwirken der Beteiligten ist der Anlagebetrug entstanden. Die Folge ist dann ein langwieriger Prozess mit massiven Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Schadenersatzes. und Beweisschwierigkeiten zu rechnen. Haftungsprobleme ergeben sich meist aus der Tatsache, dass die finanzierenden Banken regelmäßig nicht belangt werden können, obwohl ihnen die Risiken bewusst sind. Die Bank trifft hier regelmäßig kein Aufklärungsverschulden, da diese nur als Hilfsmittel zu Finanzierung genutzt wird, diese Finanzierung selbst jedoch nicht initiiert.
Manchmal ist es schon ausreichend, dem Gegner ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren in Aussicht zu stellen, um hier ein Entgegenkommen zu begünstigen. Diese legale Drohkulisse kann bei Anlageanbietern aus Übersee natürlich keinen Schrecken verursachen. Letztendlich kann es im Einzelfall günstiger sein, einen auf den ersten Blick unvorteilhaften Vergleich zu erzielen, als auf einen langen Prozess mit ungewissem Ausgang zu hoffen, während permanent das Insolvenzrisiko der Anlagegesellschaft droht und man letztendlich mit einem Urteil ohne Wert dasteht.
Sollte eine außergerichtliche Einigung mit dem Anlagebetrüger nicht zustande kommen, gilt es nun, die richtige Strategie für den Prozess zu bestimmen. Meist ist es sinnvoll, den Schadensersatzanspruch an ein Familienmitglied oder nahen Verwandten zu übertragen, um im Prozess selbst als Zeuge auftreten zu können und so in die Beweissituation zu erleichtern. Häufig scheitern Prozesse daran, dass die klagende Partei ihrer so genannten Beweislast nicht genügen kann. Vor Gericht hat der Anspruchsteller die für ihn günstigen Tatsachen zu beweisen. Dies kann wegen der oben genannten Probleme im Einzelfall schwierig sein. Vielfach macht sich dann die geleistete Beweissicherungsarbeit im Vorfeld des Prozesses bezahlt. Wenn dann noch bereits rechtskräftige Urteile in vergleichbaren Fällen vorliegen, besteht eine gute Chance, hier die ungeliebte Anlage gegebenenfalls mit einem minimalen Verlust abzustoßen.
Bleiben Sie auch 2007 wach: Die helfende Hand befindet sich zumeist an Ende des eigenen Armes!

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 187 vom 10. Januar 2007 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich