Gerichtsgebäude / Pixabay

Millionen mit Optionen?

Rechtslage bei Betrügereien im Optionsscheinhandeln – telefonische Ansprechen üblich
 
Zur Zeit sind vermehrt vermögende Verbraucher Opfer von riskanten Geldanlagen mit Futures und Optionen geworden. Diese Instrumente geben die Möglichkeit auf eine Kursentwicklung zu spekulieren. Die Rechtssprechung hat sich des öfteren mit der rechtlichen Einstufung und Rückabwicklung befasst. Der Kauf von Optionen ist von Natur aus ein riskantes Geschäft. Die meisten Anleger sind sich dessen bewußt. Und wenn nicht, sollte diese bei der Depoteröffnung ausführlich darüber informiert werden. Das Gegenteil ist üblich bei der telefonischen Kaltaquise, bei der häufig erläutert wird, dass der Anleger dringend tätig werden muß, um seine Chance zu waren. Vielmehr geht es diesen Verkäufern um den „geheimen Insidertip“ mit dem Sie Ihren Einsatz verdreifachen werden. Das telefonische Ansprechen des Verbrauchers ist zwar unzulässig, gegen diese Methoden scheint aber kein Kraut gewachsen. Der Verbraucher eröffnet ein Depotkonto und unterschreibt dann einen Packen an klein gedruckten Risikoaufklärungen. Der erste Deal kommt zustande, nachdem der Handelsbetrag überwiesen worden ist. Totalverlust ist nach einiger Zeit die Regel. Der scheinbare Börsenhändler ist schon lange im Geschäft und kennt sich bestens aus mit Optionen. Mit überhöhten Gebühren für die Abschlussvermittlung kassieren die Broker meist mehr als 50 % der Anlagesumme.

 
Telefonverkäufer, die sich auf die Vermittlung von Futures und Optionen spezialisiert haben, verdienen sich damit bereits seit Jahrzehnten eine goldene Nase. Viele der unseriösen Broker nehmen für die Vermittlung, nicht nur eine Kommission für den An- und Verkauf der Futures und Optionen, sondern noch eine so genannte Geschäftsbesorgungsgebühr. Meist sind das ca. 10 % der Summe, die investiert wird. Der Kunde überweist diese Gebühr direkt an den Vermittler. Außerdem wird bei der Depoteröffnung darauf hingewiesen, dass der Broker für den An- und Verkauf eine Kommission z.B. in Höhe von 100,-USD oder mehr verlangt. Diese wird direkt nach dem Kauf bzw. Verkauf vom Depotkonto abgerechnet. Aus Unerfahrenheit ist es vielen Anlegern nicht bewusst, wie viel das prozentual gesehen auf die Investition ausmacht. Sie vertrauen dabei ganz dem Anlageprofi. Wenn Optionen mit geringen Prämien gekauft werden, können die Kosten schnell 30-40 % der Anlagesumme betragen. Bei einigen Firmen, wie z.B. der Noack Consulting e.K. aus Düsseldorf, wird die An- und Verkaufsgebühr, bereits vollständig beim Optionskauf abgerechnet. Das zeigt, dass die Vermittler davon ausgehen, dass die Optionen wertlos verfallen werden und sich ein Verkauf für den Kunden nur selten lohnt. Mit sittenwidrigen Gebührensätzen agierten nach vorliegenden Informationen ebenfalls die Unternehmen Göttler Finanz AG aus Neukirchen-Vluyn und das DBH Brokerhaus aus Düsseldorf. Bei Letzterem wurde im Mai 2004 ein Vorstandsmitglied wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu 125.000,-EUR Schadenersatz vom Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilt (15 U 219/02).
 
„Die Berechnung eines Agios von 6 % eines von einem Anleger gezahlten Geldbetrages und einer Round-Turn-Gebühr von US $ 125,- habe ebenso wie bei gewerblichen Anlagevermittlungsgesellschaften zur Folge, dass der Einsatz des Kunden bei wiederholter Spekulation praktisch chancenlos sei und im Ergebnis zum Verlust der Einlagensumme führe“ argumentierte das Gericht.
 
Oft haben jedoch die Betroffenen den entstandenen Verlust abgeschrieben oder verdrängt. Und wenn, wird sich meistens außergerichtlich geeinigt, denn die Vermittler müssten die Beschwerden der BAFIN (Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen) melden und dann um Ihre Zulassung bangen. Solange nur einige Anleger Schadenersatz verlangen, können die Abzocker die Forderungen bequem mit den Verlusten der Anleger begleichen, die nicht klagen.
 
Das OLG Frankfurt hat in einer Entscheidung vom 22.01.2004, 16 U 21/00, jetzt veröffentlicht klargestellt, dass ein Kunde sowohl von dem Geschäftsführer, der Firma selbst als auch von dem Telefonverkäufer Schadenersatz erhalten kann wegen fehlgeschlagener Börsentermingeschäfte. Das Gericht hat festgestellt, dass ein Kunde von den Beteiligten Schadenersatz verlangen kann, wenn Optionsgeschäfte ohne gehörige Aufklärung der Kunden abgeschlossen worden sind. Das Gericht stellt fest, dass eine umfassende und eindeutige Aufklärung über die Risiken des Totalverlustes bei Optionen notwendig sind. Dabei hat das Gericht erklärt, dass der Bundesgerichtshof bisher noch keine einzige Aufklärungsbroschüre in diesem Bereich als ausreichend anerkannt hat. In der schriftlichen Aufklärung ist über die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken des Optionsgeschäfts, insbesondere die Höhe und Bedeutung der Optionsprämie aufzuklären. So muss darauf hingewiesen werden, dass sich die Börsenoptionsprämien durch Annäherung von Gebot und Gegengebot bildet und deswegen den Rahmen eines vom Markt noch als vertretbar angesehenen Risikobereichs kennzeichnet, weil die Option nach Einschätzung der Kursentwicklung durch den Börsenfachhandel eine Gewinnchance hat, die den Optionspreis wert ist und somit die Höhe dieses Preises den noch als realistisch angesehenen, wenn auch bereits weitgehend spekulativen Kurserwartungen des Börsenfachhandels entspricht. Mit anderen Worten: Es muß dem Kunden gesagt werden, dass die Gewinnchancen meist sehr schlecht sind. Auch der Telefonverkäufer haftet dem Kläger auf Schadensersatz, weil er das Geschäftssystem kannte und wusste, dass die Kunden nicht ausreichend aufgeklärt worden sind. Interessant ist dieses Urteil, weil im Grunde der Geschäftsführer und sonstige beteiligte Hilfspersonen (Telefonverkäufer) im Grunde immer persönlich haften auf Schadenersatz.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 409 vom 12. August 2004 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest