Bundesgerichtshof erleichtert die Durchsetzung von Rückabwicklungsansprüchen. Es gibt neue Hoffnung für unzählige geschädigte Käufer von Kapitalanlage-Immobilien, die häufig auch als „Schrottimmobilien“ bezeichnet werden: Am 07.06.2013 hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer lang erwarteten Entscheidung die so genannte „Fortgeltungsklausel“ in Notarverträgen gekippt.
„Schrottimmobilien“ – Entwicklung und Problemstellung
Sie haben in den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein Investment in Immobilien als Kapitalanlage getätigt? Doch ab Mitte der 90er sind auch Sie erwacht und besaßen nun eine „Schrottimmobilie“? Unter dem Begriff „Schrottimmobilie“ fallen nicht unbedingt Immobilien, die sanierungsbedürftig oder baufällig sind, sondern die an Anleger als Kapitalanlagemodell vermittelt wurden und sich neben den nicht erfüllten Renditeerwartungen auch diese Immobilie sich als viel zu überteuert eingekauft waren. Sie sind nicht alleine und auch der entstandene Schaden ist Deutschlandweit beachtlich, seit den 80er und 90er Jahren sind zwischen 300.000 und 1 Million Menschen dieser Anlageform zum Opfer gefallen und diese Anleger haben vermutlich ca. 100 Milliarden Euro verloren. Hier besteht nach wie vor Handlungsbedarf.
Die Beteiligten des Systems „Steuersparmodell Eigentumswohnung“ sind immer gleich:
a) Käufer, b) Verkäufer, c) Vertrieb/Vermittler, d) finanzierende Bank und e) ein Notar, der den Kaufvertrag der Immobilie beurkundet.
Wenn der Käufer merkt, dass die ihm gemachten Versprechen und prognostizieren wirtschaftlichen Auswirkungen des Immobilienkaufes nicht stimmen, ist es häufig schwierig, Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Die Vermittler und der Vertrieb sind über alle Berge oder pleite. Ein Vorgehen gegen die Bank ist juristisch schwierig und teuer, die Erfolgsaussichten sehr begrenzt, weil man vor Gericht beweisen muss, dass die Bank von allem positiv gewusst hat und sich selbst haftbar gemacht hat. Weiterhin war eine Haftung des Notars bislang nicht oder nur in absoluten Ausnahmefällen durchsetzbar. Für die geschädigten Käufer bestand somit kaum eine Chance auf Gerechtigkeit und die Möglichkeit zur Begrenzung des wirtschaftlichen Schadens.
Was ist die „Fortgeltungsklausel“ in Notarverträgen und was bedeutet das neue Urteil des BGH für geschädigte Käufer von sog. “ Schrottimmobilien“?
Zuerst sollten sich geschädigt fühlende Käufer Ihre Kaufverträge durch einen qualifizierten und mit der Materie vertrauten Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt prüfen lassen. Denn in vielen Verträgen findet sich eine Klausel, die den Kaufvertrag unwirksam werden lässt. Darin besteht die Chance des geschädigten Käufers und Besitzers einer sogenannten „Schrottimmobilie“. Hier handelt es sich um die Fälle, wo Käufer vor dem Notar ein sogenanntes „Kaufvertragsangebot“ gegenüber dem Verkäufer abgibt und der Verkäufer später (meist, nachdem der Darlehensvertrag mit der Bank geschlossen wurde) dieses Angebot mit einer eigenen notariellen Annahmeurkunde annimmt.
Genaues Hinschauen bei den Formulierungen
Sollte sich in den von der Käuferseite unterschriebenen Urkunden eine Formulierung finden, nach der das Angebot eine bestimmte Laufzeit hat, während der ein Widerruf nicht möglich ist, jedoch nach dieser Frist weiter (dann aber frei widerrufbar) gilt, dann ist nach dem neuen Urteil des Bundesgerichtshofs eine Haftung möglicherweise gegeben.
Konkret bedeutet diese Entscheidung: verbesserter Verbraucherschutz
Durch den Bundesgerichtshof wurde jetzt entschieden, dass die in den oben beschriebenen Kaufvertragsangeboten enthaltenen unbefristeten Fortgeltungs- und Widerrufsklauseln beim Erwerb von Immobilien unwirksam sind. Voraussetzung dafür ist allerdings dass es sich dabei um AGB’s, also allgemeine Geschäftsbedingungen handelt muss. Grundsätzlich gilt nach der Rechtsprechung des BGH eine vierwöchige Frist, in der ein notarielles Kaufangebot angenommen sein muss.
Benachteiligung der Verbraucher ein Ende gesetzt
Für Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Thomas Schulte und Team, Gründungspartner der Kanzlei Dr. Schulte und sein Team, kommt die Rechtsprechung des BGH nicht überraschend: „Ein solches Urteil unseres höchsten deutschen Gerichts war längst überfällig. Die betreffende Klausel wurde von vielen Notaren standardmäßig verwendet um die Rechte der Verkäufer zu zementieren und stellt eine eindeutige Benachteiligung von Verbrauchern dar. Der BGH hat nun für die nötige Klarstellung gesorgt und vielen Betroffenen eine neue Möglichkeit eröffnet, ihre Rechte geltend zu machen und den erlittenen Schaden ersetzt zu bekommen.“
„Ich kann Betroffenen nur raten, Ihre Verträge sorgfältig von einem Spezialisten überprüfen zu lassen, denn es gibt eine Vielzahl von Verträgen, die betroffen sind. Selbst Käufer, die bislang keine Möglichkeit für Gerechtigkeit sahen, können jetzt möglicherweise doch noch zu ihrem Recht kommen.“, meint Rechtsanwalt Dr. Schulte.