Prozesskostenhilfe: Ihr gutes Recht kann teuer sein – Prozesskosten vermeiden

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Inhaltsverzeichnis
Recht und Gesetz

Wer schon einmal an einem Prozess beteiligt war, weiß aus Erfahrung: Die Kosten eines Zivilverfahrens sind für Verbraucher horrend. Und je wichtiger es ist, zu seinem Recht zu kommen, desto höher sind die Kosten, steigen doch die Gerichtsgebühren mit der Höhe des Streitwertes. Die klagende Partei muss den Gerichtskostenvorschuss grundsätzlich bezahlen, da sonst die Klageschrift dem Gegner gar nicht erst zugestellt wird. Und wer im Prozess unterliegt, wird gleichzeitig zur endgültigen Zahlung der Gerichtskosten verurteilt. Dabei ist es keine Selbstverständlichkeit, dass gutes Recht teuer ist: Wer käme etwa auf die Idee, die Polizei vor Aufnahme eines Verkehrsunfalls zu vergüten? Kritiker sehen in den Gerichtskosten und in der Vorschusspflicht eine Verletzung des grundgesetzlich verankerten Rechtstaatsprinzips. Kläger, die sich im Recht sehen, schrecken nicht selten vor der Rechtsverfolgung zurück.

 
Doch was tun? In Anlehnung an das frühere „Armenrecht“ sieht die Zivilprozessordnung die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe (PKH) vor. Eine Prozesspartei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung teilweise oder gar nicht aufbringen kann, ist berechtigt, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Der Verbraucher kann den PKH – Antrag selbst bei Gericht stellen. Einige Dinge sind wissenswert: Zunächst muss jeder Rechtsuchende sowohl sein Einkommen als auch sein Vermögen für die Rechtsverfolgung einsetzen. Zum Einkommen zählen grundsätzlich alle geldwerten Einkünfte. Die Zivilprozessordnung regelt, dass bestimmte Posten wie Steuern, Unterkunft, Unterhaltsleistungen sowie sonstige besondere Belastungen vom Bruttoabkommen abgerechnet werden. Der verbleibende Geldbetrag muss von der Partei zum Bestreiten des Prozesses eingesetzt werden. Auch das klägerische Vermögen wird grundsätzlich angerechnet. Immerhin müssen Vermögensbestände nur soweit eingesetzt werden, wie dies zumutbar ist. Die Verwertung zweckgebundenen Vermögens kann unzumutbar sein, wenn der Kläger sie nur mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen vornehmen kann. Nicht verlangt wird deshalb etwa die Kündigung eines Bausparvertrags, einer noch nicht fälligen Lebensversicherung, eines festverzinslichen Sparguthabens oder Wertpapierdepots sowie die Veräußerung von Grundvermögen. Allerdings lehnt es die Rechtsprechung in solchen Fällen gleichwohl regelmäßig ab, PKH zu gewähren, und fordert von den Verbrauchern, den Prozess mithilfe eines Darlehens zu finanzieren, das mit den Vermögensbeständen abgesichert wird. Infolge dieser Rechtsprechung bleiben Anträge auf Prozesskostenhilfe oft erfolglos. Nicht wenige potentielle Kläger entscheiden sich gegen einen Gang vor Gericht, um nicht allein zu diesem Zweck Darlehensverpflichtungen eingehen zu müssen.
 
Seit einigen Jahren haben sich Prozessfinanzierungsunternehmen am Markt etabliert, an die sich der Rechtsuchende in einer solchen Situation wenden kann. Hält das Finanzierungsunternehmen nach Prüfung der Rechtslage ein Verfahren für aussichtsreich, so übernimmt es die Gerichtskosten. Tritt der prognostizierte Erfolgsfall ein, wird eine Beteiligung von 20 bis 40 Prozent an dem eingeklagten Betrag fällig, geht der Prozess dagegen verloren, übernimmt es die Gerichtsgebühren einschließlich der gegnerischen Rechtsverfolgungskosten. Derartige Deals mit dem Recht waren anfänglich nicht unumstritten. So wurde befürchtet, in Deutschland werde sich aufgrund dieser Finanzierungspraxis nunmehr das anwaltliche Erfolgshonorar durchsetzen. Diese Bedenken haben sich mittlerweile zerstreut, denn die Prozessfinanzierungsunternehmen sind nicht berechtigt, den Kläger bei der Wahl seines  Rechtsanwaltes zu beeinflussen, weshalb auch die Anwaltskammern die Finanzierungsunternehmen mittlerweile akzeptieren. Gleichwohl ist die Drittfinanzierung nicht immer ein Patentrezept für Verbraucher, zumal fast alle Institute erst ab einem Mindeststreitwert von etwa 50.000,- € tätig werden, denn im Vordergrund steht für sie der eigene wirtschaftliche Erfolg und nicht die Rechtspflege. Aus diesem Grund muss der Kläger auch darauf bedacht sein, dass der gewählte Finanzierungshelfer liquide bleibt. Im Falle seiner Insolvenz kann der Kläger selbst nach einem gewonnenen Prozess auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben. Weder das Institut der Prozesskostenhilfe noch die Drittfinanzierung lösen das rechtspolitische Problem, dass Recht haben und Recht bekommen zwei Paar Schuhe sind.

Dr. Thomas Schulte

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Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 417 vom 20. Januar 2005 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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