Verjährung am 31.12.04
Wir berichteten immer wieder über Schadensersatzansprüche bei fehlerhafter Anlageberatung durch einen Bankmitarbeiter oder einen Finanzanlagenvermittler, denen es primär um den Absatz ihrer Produkte geht. Die vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung geforderte anlage- und anlegergerechte Beratung wird zumeist nicht beachtet. So werden Finanzierungskonzepte vorgeschlagen und aufgestellt, die den Kunden finanziell überfordern und seinen tatsächlichen Wünschen nur selten entsprechen.
Doch einem diesbezüglichen Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung des Beratungsvertrages, der stillschweigend bei einem Beratungsgespräch als geschlossen angesehen wird, hat der Gesetzgeber bei Aktien, Fondanteilen etc. einen Riegel vorgeschoben. § 37a WpHG sieht vor, dass bei Wertpapiergeschäften oder bei Ansprüchen aufgrund fehlerhafter Beratung bezüglich von Wertpapieren diese in 2 Jahren ab Entstehen verjähren. Ein Schadensersatzanspruch ist zwar grundsätzlich erst entstanden, wenn ein Schaden eingetreten ist. Vielfach ist daher dahingehend argumentiert worden, die zwei Jahre würden ab Kursverfall gelten. Dem hat die Rechtsprechung jedoch widersprochen, namentlich das Landgericht Berlin (Urt. v. 08.10.2003, 21 O 118/03), und hat als Fristbeginn den Abschluss der Kapitalanlage gesetzt. Bereits deren Besitz sei finanziell für den Anleger nachteilhaft und würde den Ersatzanspruch auslösen. Durch diese verbraucherfeindliche Rechtsprechung wird der Schutz des Anlegers weit eingeschränkt.
Doch jüngst sind Versuche unternommen worden, diese missliche Verjährungssituation für den Kunden freundlicher zu gestalten. Lässt sich an § 37a WpHG nichts ändern, so muss der Kunde seinen Ersatzanspruch anders erlangen. Bei Ersatzansprüchen gegen einen Rechtsanwalt oder einen Steuerberater ist seit langem anerkannt, dass dieser verpflichtet ist, den Mandanten auf die drohende Verjährung eines Schadensersatzanspruchs gegen ihn hinzuweisen. Kommt er diesem nicht nach, haftet er dem Mandanten für den hierdurch entstandenen Schaden und damit letztlich für den Schaden, den der Mandant wegen der Verjährung nicht mehr gegen ihn geltend machen kann (grundlegend BGHZ 83, 17 (26 ff.)). So ist hier ein Schadensersatzanspruch geschaffen, der den gleichen Inhalt aufweist, aber eine unterschiedliche Verjährung. Diese Rechtslage ist auf § 37a WpHG zu übertragen, wie es derzeit in der Lehre diskutiert wird. So heißt es bereits in der Gesetzesbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz (BR-Ds. 605/97, S. R 438 ff.), dass der Gesetzgeber eine Rechtsvereinheitlichung zwischen allen beratenden Berufen anstrebe.
Die Verpflichtung zum Hinweis und deren Verletzung hängen zwar vom Einzelfall ab. Grob lässt sich aber sagen, dass sie bei Beratern und Vermögensverwaltern höher ist als bei bloßen Anlagevermittlern, da diese nur punktuell mit dem Kunden Kontakt haben, während das Verhältnis zur Bank von einem andauernden Vertrauensverhältnis geprägt ist.
Der „neue“ Schadensersatzanspruch wegen fehlender Hinweispflicht entsteht mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermittler oder Berater auf die drohende Verjährung hätte hinweisen müssen, sowie dem Schadenseintritt, also der Verjährung des ursprünglichen Schadensersatzanspruchs (vgl. BGHZ 94, 380 (388 ff.). Auf diese Weise ist im Einzelfall zum teil eine Verdoppelung der Verjährungsfrist des Schadensersatzanspruchs des Wertpapierkunden erreicht und der Verbraucherschutz merklich gestärkt. Kunden erhalten so die Möglichkeit, ihren Schadensersatzanspruch doch noch gerichtlich einklagen zu können.