Nach erfolgreichen Prozessen fuer Anleger stellt sich häufig das Problem, dass Schuldner ihr Vermögen auf Dritte übertragen, um es dem Zugriff des geprellten Kapitalanlegers zu entziehen oder versuchen neben dieser Tätigkeit durch Umzug, Namensänderung oder die Verbraucherinsolvenz[1] sich dem Gläubigern zu entziehen.
Notwendige Informationen
Häufig ist es angezeigt, dass Betroffene oder Privatdetekteien[2] Informationen zu sammeln. Interessenvereinigungen[3] können in diesem Bereich wertvolle Sammel- und Clearingstellen sind[4]. Zudem ergeben sich aus der Akteneinsicht in Strafakten wichtige Ansatzpunkte fuer die Zwangsvollstreckung[5]. Ehemalige Geschäftsfreunde und sonstige Insider wenden sich im übrigen häufig vertraulich an Geschädigtenvertreter. Diesem Personenkreis wird ausdrücklich Vertraulichkeit zugesichert, die Identität der Datenübermittler unterliegt der anwaltlichen Schweigepflicht[6]. Menschliche Schwächen der Insider kommen damit geschädigten Anleger zugute (Neid, Rache, Enttäuschung, Angst vor eigenen Verfolgung).
Da dieser Personenkreis allerdings notorische Wiederholungstäter sind, bestehen in der Zukunft gute Chancen Vermögenswerte zu beschlagnahmen.
Beispiel:
Der Berlin bekannte Kapitalanlagenbetrüger hinterlässt einen riesigen Scherbenhaufen und dutzende Gläubiger[7]. Die Strafverfolgungsorgane sind relativ langsam und ermitteln noch. Schnell heiratet er, ändert seinen Nachnamen und zieht nach Hamburg um. Damit versucht er erst einmal normal motivierte und schlecht informierte Gläubiger abzuschütteln. Dieser Kreis der Geschädigten hat im übrigen in der Regel nur Zwangsvollstreckungstitel, die nicht im Insolvenzverfahren nach dem Insolvenzgesetz im Rahmen der Restschuldbefreiung gegebenfalls wertlos sind.[8]
Im Jahre 2002 überträgt er Schenkungsweise seine großes Einfamilienhaus an eine Gesellschaft, die über Hintermänner von dem Täter beherrscht wird. Dieses große Einfamilienhaus ist ein wertvoller Vermögensgegenstand aus dem verschleierten Vermögen des Kapitalanlagenbetrügers. So versucht der sein Vermögen zu schützen. Wie kann reagiert werden?
Vermögensverschiebungen durch den Schuldner
Grundsätzlich muss unterschieden werden, ob der Schuldner in einem Insolvenzverfahren ist oder nicht. Der Regelfall dürfte sein, dass kein Insolvenzverfahren läuft. Der Gläubiger will durch die Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz die Rechtslage so wieder herstellen wie sie sich darstellen würde, ohne die Vermögensverschiebung des Schuldners.
Hierzu hat der Gesetzgeber vor vielen Jahren das Anfechtungsgesetz[9] geschaffen, damit dem Gläubiger die Möglichkeit gegeben werden kann, die unredliche Vermögensverschiebung anzugreifen. In der Regel muss der Gläubiger die Vermögensverschiebung gerichtlich geltend machen. Damit kann jedermann, in dessen Besitz ein Vermögensgegenstand ist, durch den Gläubiger verklagt werden. Daraus folgt bei der Anwendung des Anfechtungsgesetz, dass der Vermögensbesitzer dulden muss, dass der Vermögensgegenstand zurückgegeben werden muss. Ist der Gegenstand (z.B. eine Uhr) verschwunden, muss der Besitzer notfalls Wertersatz leisten. Wichtig ist, dass dem Gläubiger durch den Vermögensbesitzer nicht entgegengehalten werden kann, dass ein Anspruch gegen den Gläubiger besteht.
Wichtig ist aber fuer die Anwendung des Gesetzes, ob der Empfänger der Leistung Kenntnis hat von der Vermögensverschiebung. Es macht einen Unterschied, ob der Kapitalanlagenbetrüger an einen Mittäter oder an einen Dritten die Villa überträgt.
Anfechtbare Vermögensverschiebung
Eigentlicher Täter
Vermögensverschiebung
Komplize des Täters
Die Voraussetzung der Anfechtung ist, dass das Opfer einen Zwangsvollstreckungstitel gegen den eigentlichen Täter hat und dass die Zwangsvollstreckung wegen der Vermögensverschiebung vermutlich nicht erfolgreich sein wird. Dann muss das Opfer Klage gegen den Komplizen des Täters erheben.
Anfechtbare Vermögensverschiebung
Opfer
Klage gegen den Komplizen
Herausgabe
Vermögen
Ein Anfechtungsgrund bildet die vorsätzliche Benachteiligung des Opfers, weil der Komplize zum Zeitpunkt der Übertragung Kenntnis von der Benachteiligungsabsicht gehabt haben muss. Dieses ergibt sich aus § 3 Anfechtungsgesetz. Die Anfechtung muss binnen einer Frist von zehn Jahren erklärt werden. Probleme können sich ergeben, falls Täter und Komplize einwenden, dass der Täter etwas z.B. einen Kaufpreis erhalten hat. Bei nahen Verwandten wird vermutet, dass eine anfechtbare Vermögensverschiebung vorliegt. Binnen einer Frist von vier Jahren kann eine Schenkung angefochten werden, wobei es ohne Bedeutung ist, ob Täter und Komplize schon Kenntnisse über den Vermögensverfall hatten.
Lösung des Beispiels:
Nachdem ein Zwangsvollstreckungstitel gegen den Täter erwirkt worden ist, kann jetzt gegen den Komplizen vorgegangen werden.
[1] Verbraucherinsolvenzverfahren oder Insolvenzverfahren mit dem Restschuldbefreiungsverfahren, siehe www.dr-schulte.de , näher https://www.dr-schulte.de/Referentenent wurfderAenderungderInsolvenzordnung(InsO).htm
[2] z.B. Detektei fuer Wirtschaftsinformationen www.ermittler24.com
[3] z.B. Verein Pro Anleger www.pro-anleger.de
[4] Warnhinweise zu Interessenvereinigungen unter
https://www.dr-schulte.de/sammelklagen_ musterklagen_nicht_vorgesehen_in_deutschland.htm
[5] Akteneinsicht als Nebenklagevertretung in die Strafakten
[6] § 43a Nr. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung
[7] Fall nachgebildet nach einer wahren Begebenheit, Ähnlichkeiten sind nur zufällig https://www.dr-schulte.de/deutsche_ bank_schrottfonds.htm
[8] Gefährlich fuer Geschädigte ist die Regel des § 302 Insolvenzordnung.
[9] Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens