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Firmengeflechte – Was können getäuschte Kunden tun?

Im Dschungel verschleierter Firmengeflechte – Welche rechtlichen Möglichkeiten haben getäuschte Kunden?

Beinahe täglich wird man im Rahmen von Kaufverträgen als Kunde Vertragspartner eines Unternehmens. Und nicht immer kann man sicher sein, dass man tatsächlich mit demjenigen einen Vertrag geschlossen hat, den man als Partner vermutet. Irrtümer sind leider alles andere als ausgeschlossen. Besonders im Bereich des halb-seriösen Vertriebs von Dienstleistungen und Produkten auf dem Wege so genannter „Haustürgeschäfte“ ändern Firmen regelmäßig und in kurzen Abständen ihre Bezeichnung, um im Falle von Streitigkeiten nicht verklagt werden zu können.

Bei „Haustürgeschäften“ und ähnlichen Verträgen tritt man als Kunde nicht aus eigenem Wunsch an die Anbieter von Waren und Dienstleistungen heran, sondern man bekommt mehr oder weniger sinnvolle Produkte an der Haus- beziehungsweise Wohnungstür dargeboten. Ähnlich einzustufen sind auch Kaufangebote, die den Kunden auf der Straße, am Arbeitsplatz oder in öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Und fast jeder wird schon mal auf einer Freizeitveranstaltung, einer so genannten „Kaffeefahrt“ oder auch einer Weinprobe gewesen sein, die eigens für Verkaufszwecke durchgeführt wurde. Ferner ist es ratsam, verstärkt Aufmerksamkeit an den Tag zu legen, wenn man Verträge über Telefon, Fax oder im Internet abschließen soll, oder vielleicht auch nur will. Aber auch ein persönlicher Kontakt ist keine Garantie für einen seriösen Vertragspartner, denn graue und schwarze Schafe gibt es überall.
Steigerungsformen gezielter Verunsicherung von Kunden
Im einfachsten Fall verwenden unseriöse Anbieter verschiedenste Kombinationen mehrteiliger Firmenbezeichnungen, um den Anschein von Kontinuität zu wahren und gleichzeitig eine Rechtsverfolgung zu erschweren. Denn eine Klage gegen eine Firma mit dem Namen „Internationale Nutzlose Produkte GmbH“ kann nur dann Erfolg haben, wenn diese auch als Rechtsperson unter exakt dieser Bezeichnung existiert. Sie muss also auch unter diesem Namen im Handelsregister eingetragen sein. Sollte sie aber als „Nutzlose Internationale Produkte GmbH“ dort verzeichnet sein, wird die Klage abgewiesen. Es spielt dann auch keine Rolle, ob sie im Internet ebenfalls als „Internationale Nutzlose Produkte GmbH“ registriert ist. Entscheidend ist der Handelsregistereintrag.
Komplizierter wird es, wenn sich nicht nur der Name, sondern auch die Rechtsform der Firma ändert. So kann aus einer „Internationale Nutzlose Produkte GmbH“ leicht eine „Nutzlose Internationale Produkte Ltd.“ werden, oder auch nur eine „Internationale Nutzlose Produkte Ltd.“ – wobei natürlich alle drei Firmen mit der gleichen Außendarstellung arbeiten sowie unter der gleichen Adresse zu finden sind, und sei es auch nur in Form von drei Briefkästen.
Noch komplizierter wird es, wenn sich nicht nur Name und/oder die Rechtsform ändern, sondern das Unternehmen auch wechselt. Dann wird die alte Firma aufgelöst und eine neue tritt unter geringfügig anderer Bezeichnung die so genannte Rechtsnachfolge an. Zwar sind bei solchen Nachfolgefirmen meistens alle relevanten Außendarstellungen gleich, also beispielsweise die Gestaltung von Briefkopf und Internetauftritt, die Adresse sowie die Person des Geschäftsführers. Aber wenn man einen Vertrag mit der „Internationale Nutzlose Produkte GmbH“ geschlossen hat, reicht es nicht aus, nur diese zu verklagen. Wenn sie aufgelöst wurde und es nur noch die „Nutzlose Internationale Produkte GmbH“ gibt, wird eine Klage gegen die „Internationale Nutzlose Produkte GmbH“ keinen Erfolg haben, denn sie existiert eben nicht mehr. Man müsste auch die Nachfolgefirma verklagen, was unter bestimmten Umständen allerdings durchaus erfolgversprechend möglich ist.
Die Meisterklasse der Verschleierungstaktik
Die wesentlichen Vorgehensweisen unseriöser Unternehmen zur Verschleierung ihrer Identität sind demnach Namensänderungen beziehungsweise das Auftreten unter geringfügig anders lautendem Namen als der eingetragenen Bezeichnung im Handelsregister, die Auflösung der Firma mit anschließender Gründung einer Nachfolgefirma sowie Änderungen der Rechtsform.
Das entscheidende Ziel, die Verunsicherung des Kunden, kann durchaus auch ohne eine allzu komplizierte Verschleierungstaktik erreicht werden, aber Kombinationen der genannten Methoden sind leicht möglich. Damit wird die Verwirrung des Kunden auf die Spitze getrieben, während die Firma sich mit legalen Methoden äußerst wirkungsvoll gegen eine Rechtsverfolgung absichert. Denn wer das falsche Unternehmen verklagt, hat meistens schon verloren. Die Gerichte müssen die Klage abweisen, wenn das verklagte Unternehmen nicht oder nicht in der angegebenen Rechtsform existiert.
Ein Lichtblick im Dschungel der Firmengeflechte
Wie schon angedeutet, gibt es einen Ausweg: In §25 des Handelsgesetzbuches (HGB) ist mit dem Ziel des Verbraucherschutzes die Haftung bei Firmenfortführungen geregelt. Wer eine Firma erwirbt und sie in gleicher Art und Weise weiterführt, muss für alle Verbindlichkeiten des Vorgängers haften. Der Leitgedanke des Gesetzgebers ist hier die Kontinuität der Firmenidentität nach außen. Alte und neue Firma müssen sich also im Kern gleichen. Das allerdings muss der Kläger nachweisen, was häufig nicht oder nur mit viel Aufwand möglich ist. Nur wenn tatsächlich eine exakte Firmennachfolge besteht, übertragen die Gerichte im Rahmen der so genannten „sekundären Darlegungspflicht“ des Nachfolgers die Beweislast auf die Firma – nicht aber, wenn es sich um eine Neugründung unter anderer Flagge handelt.
Somit bleibt dem Kunden in der Regel nicht anderes übrig, als vor der Klage die Bezeichnung der Gegenseite sehr genau zu prüfen. Für den mitunter verworrenen Weg durch den Dschungel der Firmengeflechte sind Zeit, Geduld und Spürsinn erforderlich. Und genau darauf spekulieren die Firmen. Je geringer der Schaden, desto niedriger ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein getäuschter Kunde wirklich auf die Suche nach dem richtigen Gegner macht.
Etwas anders ist es bei Unternehmen, bei denen aufgrund ihres Bekanntheitsgrades von einer so genannten „erkennbaren Falschbezeichnung“ ausgegangen werden kann. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 1997 eine Klage gegen die „Deutsche Bundesbahn AG“ zugelassen, da mit der eigentlich falschen Bezeichnung offensichtlich nur die „Deutsche Bahn AG“ gemeint sein konnte. Solche Fälle sind allerdings die seltenen Ausnahmen von der Regel, dass man nur einen Gegner verklagen kann, der auch als Rechtsperson existiert.
Kommt Zeit, kommt Recht?
Natürlich ist es richtig, unbeteiligte Firmen vor unberechtigten Klagen zu schützen. Dies sollte jedoch nicht zu Lasten der betroffenen Kläger gehen. Unseriöse Firmenbetreiber nutzen den legalen Spielraum gezielt aus, um die wahren Verhältnisse zu verschleiern. Somit erschweren oder verhindern sie sogar, dass betrogene oder einfach nur unzufriedene Kunden ihre Rechte durchsetzen können. Damit besteht unbedingt noch Klarstellungsbedarf durch den Gesetzgeber.
Besonders im Hinblick auf das Zusammenwachsen Europas gibt es viel zu tun. Die Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten müssen angeglichen werden, und es wird noch eine Weile dauern, bis hier eindeutige Regelungen geschaffen und Schlupflöcher für halbseidene Unternehmer gestopft sind.
Bis dahin sollten Kunden vor (!) Vertragsabschluss die Seriosität ihres Partners prüfen, bei einem hohen finanziellen Risiko oder Verträgen über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus gegebenenfalls auch mit Hilfe eines Anwalts oder Wirtschaftdetektivs.
Von „Haustürgeschäften“ ähnlichen Verträgen ist in jedem Fall abzuraten, denn die Produkte sind meist qualitativ minderwertig. Im Internet sollten Impressum und Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) genaue Auskunft über den Vertragspartner geben. Fehlen diese oder sind die Angaben unvollständig, lässt man sich besser nicht auf einen Vertrag ein.
Im Zweifelsfall sollte man die Angaben des Partners immer überprüfen, ganz gleich um welche Art von Vertrag es sich handelt, und wo oder wie man diesen abschließen möchte. Einen Handelsregisterauszug kann übrigens jeder ohne Begründung beantragen. Die Kosten liegen derzeit zwischen 4,50 und 10 Euro, je nachdem, ob man den Auszug im Internet abruft oder in Papierform anfordert. So kann man mit wenig Zeit und Geld vielleicht schon größeren Ärger vermeiden.
Im Hinblick auf einen wirkungsvollen Verbraucherschutz bleibt zu hoffen, dass in Zukunft Mittel und Wege gefunden werden, die unseriösen Unternehmern die Verschleierung der wahren Firmenverhältnisse erschweren, beziehungsweise den getäuschten Vertragspartnern die Durchsetzung ihrer Rechte erleichtern.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 154 vom 23. März 2007 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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