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OLG Naumburg verurteilt Sparkasse Wittenberg zur Rückabwicklung eines Schiffsfonds vom Typ Erste Beteiligungsgesellschaft CPO Produktentanker mbH & Co. KG

Wittenberg, Mai 2014: Bittere Niederlage für die Sparkasse Wittenberg vor dem Oberlandesgericht Naumburg. Laut Eigendarstellung der Sparkasse Wittenberg, gründet 1824 und geleitet von dem Ralf Finke: Quelle Internet „Als Marktführer ist uns eine dauerhafte Bindung unserer Kunden an unser Haus wichtig.

Deshalb geht es uns um qualifizierte Kundenbetreuung, orientiert an Ihren Bedürfnissen. Wir verkaufen nicht, was wir haben, sondern bieten Ihnen an, was Sie brauchen“ (www.sparkasse-wittenberg.de). Das Oberlandesgericht Naumburg sah dieses in einem Einzelfall anders und hat die Sparkasse Wittenberg verurteilt, an einen Kapitalanleger eine Schadensersatzsumme i. H. v. 10.500,00 Euro zzgl. Zinsen zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an der Erste Beteiligungsgesellschaft CPO Produktentanker mbH & Co. KG. Zudem wurde die Sparkasse verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten i. H. v. 743,63 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits über zwei Instanzen muss die verurteilte Sparkasse ebenfalls tragen.

Zum Hintergrund der Entscheidung zu Gunsten des Anlegers:

Der betroffene Bankkunde begab sich zu der Sparkasse Wittenberg, um sich dort für die Altersvorsorge beraten zu lassen. Die rührige Bankberaterin P. empfahl dem Anleger und seiner Ehefrau eine Kapitalanlage in eine Schiffsbeteiligung, welche die MPC Münchmeyer Petersen Capital aufgelegt hatte. Es handelt sich konkret um die Beteiligung an der Erste Beteiligungsgesellschaft CPO Produktentanker mbH & Co. KG. Nach einiger Zeit bemerkte der Anleger, dass es sich bei der Kapitalanlage nicht um eine sichere Sache handelte und wandte sich daher an die Bank. Diese lehnte jedoch eine Rückabwicklung der Kapitalanlage ab und wies den Vorwurf der Falschberatung zurück. Daher musste Klage von den Rechtsanwälte Dr. Schulte und sein Team für den Betroffenen und seine Familie gegen die Sparkasse Wittenberge eingereicht werden.

In der ersten Instanz wies das Landgericht Dessau-Roßlau die Klage des Anlegers auf Schadensersatz zunächst ab. Hiergegen legte der sachbearbeitende Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte und Team sofort die Berufung zum OLG Naumburg ein. Das Gericht der zweiten Instanz hob die erstinstanzliche Entscheidung dann nahezu komplett auf. Das OLG Naumburg entschied hier für den Anleger und verurteilte die Bank komplett zur Rückabwicklung und zur Zahlung von Schadensersatz.

Zur Entscheidung zu Lasten der Sparkasse Wittenberge:

Schiffsfonds der Erste Beteiligungsgesellschaft CPO Produktentanker mbH & Co. KG eignet sich nicht zur Altersvorsorge

Das Gericht ging in seiner Entscheidung davon aus, dass weder eine anlegergerechte Beratung noch eine anlagegerechte Beratung vorlag.

Das Gericht urteilte, dass dem Anleger schon gar keine Schiffsbeteiligung hätte empfohlen werden dürfen. Dies begründete das Gericht damit, dass die Kapitalanlage keine hinreichend sichere Möglichkeit zur Verbesserung der Altersvorsorge darstelle. Dem Kläger kam es jedoch auf die Altersvorsorge an, was die Bank auch dokumentiert hatte. Das Gericht entschied, dass die Einstufung des Klägers als spekulativer Anleger im Gegensatz zu seinem ebenfalls angegebenen Anlageziel der Altersvorsorge stehen würde. Dies müsse die Bank klären und ggf. mit dem Kläger auch besprechen, bevor sie eine derartige Einstufung vornehme. Da die Bank die Einstufung als spekulativer Anleger nicht erklären konnte, ging das Oberlandesgericht Naumburg in seiner Entscheidung von einer nicht anlegergerechten Beratung aus.

Bank muss auf hohe Fremdkapitalquote und Kapitalbeschaffungskosten von 21,42% hinweisen

Zum einen war der Anleger nicht hinreichend auf die Risiken der Beteiligung hingewiesen worden, die aufgrund der hohen Fremdkapitalquote von über 64,42 % bestanden. Der Hinweis der Bank, dass für den Fall des kumulativen Auftretens einzelner Risiken der für unwahrscheinlich gehaltene Ausnahmefall des Totalverlustes drohe, war aus Sicht der Richter falsch, da gerade aufgrund der hohen Fremdkapitalquote das Risiko des Totalverlustes eben gerade nicht unwahrscheinlich, sondern eher sogar wahrscheinlich war, wenn die Kapitalanlage in Schwierigkeiten geraten würde.

Zudem sah das Gericht eine Aufklärungspflicht der Bank dahingehend, dass diese den Anleger über die hohen Kostenbelastungen aufklären musste. So gab es bei der Kapitalanlage hohe Kosten für die Kapitalbeschaffung i. H. v. 21,42 %. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) muss über Kosten in einem Rahmen von mehr als 15 % in jedem Fall aufgeklärt werden. Dies betrifft vor allem die sog. „Innenprovisionen“. Hier urteilte das Gericht, dass die Bank wegen der hohen Kapitalbeschaffungskosten auf die entsprechende Problematik hätte hinweisen müssen und zwar ungefragt. Da sie dies nicht tat, konnte der Anleger nicht selbst in dem kurzen Beratungsgespräch erkennen und ermitteln, dass die Kapitalanlage sich nicht rentieren würde. Eine Übergabe des Verkaufsprospektes des Kapitalanlage im Beratungstermin bei der Bank, der etwa 45 Minuten gedauert hatte, reichte dem Gericht nicht aus, da der Anleger keine Zeit hatte, den mehr als 170 Seiten starken Prospekt in Ruhe zu lesen.
Bank muss Wirtschaftlichkeit der Anlage prüfen

Zudem urteilte das Gericht auch noch, dass die Bank selbst die Rentierlichkeit der Kapitalanlage hätte überprüfen müssen. Bei der versprochenen Ausschüttung von 7,5 % pro Jahr und einem Anteil an Kapitalbeschaffungskosten von mehr als einem Fünftel (genau 21,42 %) hätte die Bank den Anleger darüber aufklären müssen, dass schon jährlich Renditen im zweistelligen Bereich hätten erzielt werden müssen, um hier die erwünschte Rendite von 7,5 % zu erreichen. Eine Bank, die hierüber nicht aufkläre, so das OLG Naumburg, verletze ebenfalls ihre Verpflichtung zur anlagegerechten Beratung.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Schulte kommentiert die Entscheidung wie folgt:

„Das ist für die Sparkasse Wittenberg und auch für die betroffene Fondsgesellschaft Erste Beteiligungsgesellschaft CPO Produktentanker mbH & Co. KG eine krachende Niederlage und auch eine schallende Ohrfeige. Das Produkt ist derartig schlecht berechnet worden, dass hier das Gericht quasi für die veräußernde Bank eindeutige Warn- und Hinweispflichten erkannt hat. Diese könnten auch auf freie Vermittler und Beratungsgesellschaften übertragbar sein. Im Normalfall wird ein Berater solche Hinweise nicht geben, da er die Problematik selbst gar nicht verstanden hat und diese natürlich auch nicht geschult wird. Es ist daher anzunehmen, dass zahlreiche Anleger, die eine Schiffsbeteiligung der Erste Beteiligungsgesellschaft CPO Produktentanker mbH & Co. KG gezeichnet haben, ebenfalls eine Falschberatung bei ihrer Bank geltend machen können. Diese führt dann zu einem Schadensersatzanspruch und zur Rückabwicklung der Kapitalanlage. Es spielt wegen der hohen Kostenbelastung bei dem Schiffsfonds der MPC-Gruppe auch keine Rolle, welche Risikobereitschaft der betroffene Anleger letztendlich hatte. Ein Produkt mit zu hohen Kosten führt eben zu einer zusätzlichen Aufklärungspflicht oder sogar zu einer Abratepflicht bei Beratern und Vermittlern.“

Schiffsfonds investieren das eingesammelte Kapital in Seeschiffe. Diese Rechtskonstruktionen können steuerlich vorteilhaft sein.

Die Entscheidung ist rechtskräftig, da die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen wurde. Anleger, die ebenfalls in die betroffene Schiffsbeteiligung bei der Erste Beteiligungsgesellschaft CPO Produktentanker mbH & Co. KG investiert haben, sollten zum einen ihre Beratungsunterlagen überprüfen lassen und zum anderen mit der nunmehr erstrittenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg die Rückabwicklung ihrer Kapitalanlage verlangen, wenn sie nicht über die hohen Kosten der Kapitalanlage informiert wurden. Dr. Schulte und sein Team unter 030 22 19 220 20 oder dr.schulte@dr-schulte.de als Ansprechpartner zur Verfügung.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 1288 vom 12. Mai 2014 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich