Recht und Gesetz

Real Direkt AG: Insolvenzverwalter legt Bericht vor und fordert Zahlungen der Gesellschafter – Vermittler tauchen unter oder bilden Interessengemeinschaften

Geschädigte Anleger der Real Direkt AG bekamen in den letzten Wochen unangenehme und verwirrende Post: Zunächst informierte der Insolvenzverwalter Klaus-Albert Maier, ausgerechnet mit der Post zum Heiligen Abend, über den aktuellen Stand des Insolvenzverfahrens. Anschließend meldeten sich ehemalige Vermittler der Real Direkt AG im Namen einer „Interessengemeinschaft Real Direkt GbR“ und forderten zur Zahlung einer Aufnahmegebühr von 50,00 Euro auf, um die geschädigten Anleger gegenüber dem Insolvenzverwalter, dem Insolvenzgericht und Gläubigern zu vertreten. Der Verantwortungsbeitrag der Vermittler wird natürlich nicht erwähnt. Diese sind inzwischen vielfach auf Tauchstation gegangen. Auf der Gläubigerversammlung vom 15.01.2004 legte Insolvenzverwalter Maier dann den Insolvenzverwalterbericht vor, der von merkwürdigen Geschäftspraktiken zeugt.

Die Insolvenz der Real Direkt AG aus Stuttgart lässt die betroffenen Anleger nicht zur Ruhe kommen. Geradezu exemplarisch können hier die Risiken des angebotenen Produktes, einer atypisch stillen Gesellschaftsbeteiligung, die möglicherweise kriminellen Machenschaften der Verantwortlichen, die Maßnahmen von Aufsichts- und Ermittlungsbehörden und des Insolvenzverwalters sowie des –Gerichtes und die „Rettungsmaßnahmen“ der Vermittler (die vornehmlich der Rettung eigenen Haut dienen), bestaunt werden. Bisher bietet sich dem Beobachter ein Drama in drei Akten:

1. Akt: Angebot mit Risiken Auftritt Real Direkt AG

Die mehrheitlich dem Kaufmann Anton Reinhofer gehörende Real Direkt AG bietet auf dem grauen Kapitalmarkt stille Beteiligungen an, sowohl typische als auch atypische. Verkauft wurden die Beteiligungen als Mittel der Alterssicherung und als Steuersparmodell. Mit den Geldern der Anleger sollten Gewinne erwirtschaftet werden, die am Ende der Vertragslaufzeit als Einmalzahlung oder in monatlichen Raten ausgezahlt werden sollten.

Eine stille Gesellschaft hat jedoch nach § 236 II HGB einen entscheidenden Nachteil: im Falle der Insolvenz des Unternehmers, hier der Real Direkt AG, sind die rückständigen Einlagen auszugleichen, ggfs. an den Insolvenzverwalter. Betroffen davon sind bereits erbrachte, aber wieder entnommene Einlagen und rückständige Ratenzahlungen auf die Einlage im Falle von Ratensparverträgen.

Zusätzlich besteht für die atypisch stillen Gesellschafter stets die Gefahr, entgegen der gesetzlichen Regelung des § 236 I HGB nicht als Insolvenzgläubiger an der Insolvenzmasse partizipieren zu können, sondern wie ein Eigenkapitalgeber behandelt zu werden.

Auftritt BAFin/BAKred
Mit Verfügung vom 11.07.2000 ordnete die BAFin die Rückabwicklung der typisch stillen Beteiligungen in einer Höhe von 2 Mio. DM an, welche bis zum 02.05.2001 in tatsächlicher Höhe von 3,8 Mio. DM auch abgewickelt wurden. Seitdem werden nur noch atypische Beteiligungen angeboten, teils mit Ratenzahlungsverpflichtungen, teils kreditfinanziert von der Deutschen Bank, Postbank, Entrium Bank und Allgemeiner Deutschen Direktbank. Auftritt Staatsanwaltschaft Stuttgart Bereits seit 1999 wurde von der StA Stuttgart gegen Anton Reinhofer wegen Kapitalanlagebetrugs ermittelt, wobei Geschäftsräume der Real Direkt AG und der Vermittlungsbüros untersucht wurden.

2. Akt: Insolvenzverfahren mit Konsequenzen

Auftritt Insolvenzverwalter
Über das Vermögen der Real Direkt wurde per 07.11.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet. Insolvenzverwalter Klaus-Albert Maier, Stuttgart, teilt den Gesellschaftern mit einem meist am 24.12.2003 zugestellten Rundbrief folgendes mit:

Die freien Barmittel belaufen sich derzeit auf ca. 200.000,00 Euro Eine Überprüfung der diversen Beteiligungen … ist noch nicht abgeschlossen. Bis auf wenige Ausnahmen scheinen diese jedoch keinen substantiellen Wert zu haben. Nach diesseitiger …Beurteilung sind die atypischen Gesellschafter…nicht etwa Insolvenzgläubiger, sondern echten Gesellschaftern gleich zu stellen. Ich werde daher die … Insolvenzforderung der atypischen Gesellschafter… bestreiten. „Ratenzahler“ sollten…davon ausgehen, dass…der noch offene Rest auch noch einzuzahlen sein wird.

Damit haben sich alle Risiken der Beteiligung verwirklicht: Verstöße der Gesellschaft gegen geltendes Recht, Anfangsverdacht des Kapitalanlagebetrugs, Verschwinden von Millionen von Anlegergeldern, Nachschusspflicht der Anleger. Im schlimmsten Fall soll nach Ansicht des Insolvenzverwalters der gesamte Restbetrag der Raten eingezahlt werden, ohne das die Gesellschafter selbst Hoffnung auf eine Insolvenzquote haben dürfen. Diese ist nach gegenwärtigem Sachstand wohl ohnehin nur symbolisch zu sehen, da die Masse nur eine Minimalquote zulässt.

3. Akt: Interessenvertretung mit Hintergedanken

Für die geprellten Anleger kommen derzeit drei Haftungsgegner in Frage:

Die Real Direkt AG bzw. der Insolvenzverwalter werden dem Anleger die Schäden nicht ersetzen, nach Ansicht des Insolvenzverwalters ist der Anleger noch nicht einmal Insolvenzgläubiger. Selbst wenn, wäre die Quote nach bisherigem Sachstand so gering, das es sich wirtschaftlich wohl nicht lohnen würde.

Finanzierende Banken wurden nach bisherigem Kenntnisstand bewusst im Unklaren über den Verwendungszweck der ausgereichten Darlehen gelassen. Einwendungsdurchgriffe aus sog. verbundenem Geschäft dürften daher ausscheiden, so dass die Darlehensverträge weiterhin voll zu bedienen sind. Die Vermittler hätten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes über sämtliche Umstände der Beteiligung inhaltlich richtig und vollständig aufklären müssen. Darüber hinaus oblag den Vermittlern die eigenständige Überprüfung der Plausibilität der Anlage. Aufzuklären wäre über die Stellung der Gesellschafter im Falle der Insolvenz gewesen, sowie über Anordnung des BAFin zur Rückabwicklung der typischen Beteiligungsverträge, die ab August 2000 als Pressemitteilung auch im Internet abrufbar gewesen wäre. Damit steht eine Haftung der Vermittler auf Schadensersatz im Raum, die wohl spätestens im November 2006, wahrscheinlich jedoch viel früher, verjähren wird. Bis dahin bieten sich den Vermittlern zweierlei Möglichkeiten, Haftungsklagen zu entgehen: Zunächst einmal kann das Gewerbe abgemeldet werden, der Wohnsitz verlegt, das Telefon abgemeldet und der Umzug dem Einwohnermeldeamt nicht mitgeteilt werden. Dies geschieht bei Vermittlern der Real Direkt AG häufig. Die zweite, vielfach bewährte und erprobte Methode, ist die Gründung einer Interessengemeinschaft Geschädigter Anleger, deren handelnde Organe sich aus Vermittlern zusammensetzen und die Aufmerksamkeit der Anleger von der eigenen Haftung bis zum Eintritt der Verjährung ablenken wollen. Meist bietet sich so auch noch die Gelegenheit, den Anleger mit „Mitgliedsbeiträgen“ noch um ein wenig Bares zu erleichtern. Man ahnt bereits, was kommen wird:

Auftritt Interessengemeinschaft Real Direkt GbR und Finanzcentrum Kiel Mit Datum vom 02.01.2004 informiert eine „Interessengemeinschaft Real Direkt GbR“ darüber, dass sich die ehemaligen Vermittler Albrecht, Freelandt und Wulff zusammengeschlossen haben, um die „Bündelung und Interessenvertretung der …Gesellschafter im Insolvenzverfahren (d.h. gegenüber dem Insolvenzverwalter, Gläubigern und Insolvenzgericht“ zu erreichen und die „Weiterführung des Unternehmens Real Direkt AG zu prüfen“. Gegen eine Aufnahmegebühr von 50,00 Euro werde die IG Real Direkt GbR dem geprellten Anleger alle notwendigen Informationen zukommen lassen.

Auch die Vermittler des Finanzcentrums Kiel sind nicht untätig. Im Dezember 2003 teilen diese mit, das nach Auskunft der nicht benannten ständigen Rechtsvertreter der Real Direkt AG „die Chancen einer Sanierung…günstig“ stünden. Und weiter, ganz im Sinne der ehemaligen Vermittler „Was die Beteiligungen angeht, macht es gegenwärtig keinen Sinn, rechtliche Schritte zu unternehmen…“ Selbstverständlich lohne ein Zuwarten auch noch, da die Real Direkt AG ja über gut vermietete Immobilien verfüge, die die Fortsetzung der Gesellschaft aussichtsreich erscheinen ließen. Im schlimmsten Falle werden diese veräußert, doch selbst dann stehe ja „der Nettoerlös nach Abzug aller Verbindlichkeiten und Kosten…den atypisch stillen Gesellschaftern zu“. Eine schöne Verklausulierung für den Umstand, dass die Stillen nur nachrangig an der Insolvenzmasse beteiligt sind. Das FC Kiel hält es daher auch für „selbstverständlich, die… Umstände und Hintergründe mitzuteilen.“

Auftritt Insolvenzverwalter Maier:

Zur Gläubigerversammlung vom 15.01.2003 legte der Insolvenzverwalter einen sehr aufschlussreichen Bericht vor, aus dem hier auszugsweise zitiert wird:

Die Gesellschaft war…auf die Emission von stillen Beteiligungen ausgerichtet. Ein ständiges Thema im Aufsichtsrat waren die Vertriebsprovisionen sowie die Emissionsnebenkosten, die sehr hoch waren. Aus den Bilanzen können Sie entnehmen, das die Kosten der Gesellschaft jährlich etwa 50 % des eingeworbenen Beteiligungskapitals betrugen, hiervon entfielen auf die direkten Vertriebsprovisionen 10-15 % der gezeichneten Beteiligungssumme.
…..
Es wird vorhersehbar sehr schwierig sein, insbesondere die in Wurzen belegenen Immobilien sachgerecht zu verwerten, wobei derzeit ohnehin nur unangemessen niedrige Verkaufserlöse erzielt werden könnten.
…..
Zusammenfassend ist festzustellen, dass von der Vielzahl der Beteiligungen derzeit allenfalls eine noch einen geringen Wert hat. Bei den übrigen Beteiligungen stellt sich häufig die Frage nach der Angemessenheit des Kaufpreises, nach der wirtschaftlichen Vertretbarkeit des Engagements und der Sorgfalt der Prüfung …vor Übernahme von Verpflichtungen und der eventuellen Zusammenhänge zwischen Verkäufer und Käufer.
…..
entgegen der Privilegierung des § 236 I HGB (ist) die Einlage des stillen Gesellschafters wie eine Kommanditeinlage zu werten
…..
Gegebenenfalls müsste sogar die Einlage noch in voller Höhe und unabhängig von der fraglichen Verlustbeteiligung einbezahlt werden.
…..
Wenn und soweit, was in vielen Fällen gegeben ist, den Gesellschaftern bereits ergebnisunabhängige monatliche Rückzahlungen gewährt wurden, wird in jedem Einzelfall zu prüfen sein, inwieweit die Vereinbarung über die Teilrückführung überhaupt wirksam ist.
…..
Beschlüsse: Der Geschäftsbetrieb war und bleibt geschlossen.
…..
Herr Reinhofer schuldet…noch rund DM 1,5 Mio…ist jedoch angabegemäß in Insolvenz. Der Insolvenzverwalter wird ermächtigt, in geeigneter Form gegen Herrn Reinhofer und/oder dessen Rechtsnachfolger/Familienangehörige vorzugehen.
…..
Die an die atypisch stillen Gesellschafter gezahlten ergebnisunabhängigen Vorweggewinne sind zu gegebener Zeit zurückzufordern.

Anleger sollten also vorsichtig sein. Entgegen der Beteuerungen der Interessengemeinschaften ist es unwahrscheinlich, das die Real Direkt AG den Geschäftsbetrieb fortführen wird oder aber Ansprüche im Insolvenzverfahren bedient werden. Es bleibt dabei, das die Schäden wohl nur beim Vermittler eingeklagt werden können, von denen mittlerweile erstaunlich anscheinend die eidesstattliche Versicherung abgegeben haben. Sofern Klagen eingereicht werden sollen, sollten sich alle Anleger vorsorglich den 31.12.2004 dick in ihrem Terminkalender anstreichen, da dies wohl der frühestmögliche Zeitpunkt des Verjährungseintritts ist, spätestens ist mit Verjährung zum November 2006 zu rechnen. Da durch die BGB-Reform zum 01.01.2002 am 31.12.2004 eine Vielzahl von Ansprüchen verjähren werden, empfiehlt sich hier der frühzeitige Besuch bei einem Anwalt.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 403 vom 1. Februar 2004 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest