Recht und Gesetz

Südwest Finanzvermittlungs AGs: Vorstand Ralf Hehl geht

Südwest Finanzvermittlungs AGs: Vorstand Ralf Hehl geht – neuer Vorstand tritt Amt an – Anleger erhalten außerordentliches Angebot

 
Mit Wirkung zum 30.09.2005 scheidet der langjährige Vorstand Ralf Hehl aus der Leitung der Südwest Finanzvermittlung AGs aus Markdorf. Hehl, so heißt es auf www.suedwestrentaplus.de, werde sich einer neuen beruflichen Herausforderung stellen. Der neue Vorstand wird gebildet von Heiko Schafheutle, Sohn des Gründers der SW-Unternehmensgruppe Werner Schafheutle, und dem ehemaligen Finanzvorstand der Farmatic Biotech Energy AG und der Capital Stage AG, Ulrich Wogart. Beide bilden laut www.gain21.de auch das neue Führungsduo der „Gain 21 GmbH & Co. KG“

Ralf Hehl, langjähriger Mitarbeiter der SW-Unternehmensgruppe und vor seiner Vorstandstätigkeit als Prokurist und Leiter des Vertriebs tätig, verlässt einen Dinosaurier der Branche in schwerer Zeit. Nach den aktuellen Geschäftsberichten 2004 des Unternehmens hat die Südwest Finanzvermittlungs AG derzeit mit einer Stornoquote von 6,0 % zu kämpfen bei einem Mittelzufluss von nur 290.000,00 Euro pM. Bei der Südwest Finanzvermittlung Zweite AG liegt die Stornoquote bei 4,7 % somit ebenfalls laut Geschäftsbericht über den Erwartungen. Mittelzufluß ist in Höhe von 270.000,00 Euro vorhanden pM. Die Südwest Finanzvermittlung Dritte AG weist eine Stornoquote von 3,97 % auf bei einem Mittelzufluß von 950.000,00 EUR pM. Die Unternehmensgruppe ist dafür bekannt, mit Zahlen nicht allzu offenherzig umzugehen. Der Internetauftritt und die sonstigen vorhandenen Informationen dienen eher allgemeinen Selbstdarstellungen und Werbemaßnahmen. Eine Anfrage des Rechtsanwalts Röhlke aus Berlin für vertretene Anleger weitere Akteneinsicht zu erhalten, wurde wegen der angeblichen Ausspähungsgefahr zunächst bejaht dann wieder ablehnend beschieden.
Kritischer Zins und Weichkostenfalle gefährden Anlegergelder
Ob die Mittelzuflüsse und Mittelverwendung auf Dauer ausreichen, Renditen für die Anleger zu erwirtschaften oder auch nur das eingesammelte Geld am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen, ist ungewiß. Wie die FINANZtest in Ausgabe 10/05 vorrechnet (S.36) ist bei geschlossenen Fonds im Ratenzahlungsmodell mit hohen Weichkosten von ca. 20 % eine interne Rendite auf das einsetzbare Kapital nach Kosten von ca. 5,6 % nötig, um das von den Anlegern eingezahlte Geld auch nur nominal zu erhalten. Dieser sog. kritische Zins berücksichtigt noch nicht einmal den tatsächlich eintretenden Kaufkraftverlust infolge Inflation und wird z.B. von der Südwest Finanz Vermittlung Dritte AG mit einer Gesamtperformance von 5,3 % gar nicht erreicht (Quelle: Südwest Finanz Vermittlung Dritte AG: News and Facts 30.06.2005), wobei die Kostenbelastung laut Prospekt bei 18,5 % liegt. Die Südwest Finanz Vermittlung AG weist zwar nach eigenen Angaben eine Rendite von 9,5 % auf (ein Großteil der Rendite stammt aus Aktiengeschäften), bezogen auf die Investitionen, die Südwest Finanzvermittlung Zweite AG gar von 11,4 %, doch angesichts der Stornoquoten mag dies keine Garantie für die Zukunft sein.
Anlagekonzepte teilweise prospektwidrig – Anleger zur Zahlung aufgefordert
Dieses „Problemchen“ erkennen wohl auch die Südwest Finanzvermittlungs AGs. Zwar investieren sie schon im Renditeinteresse entsprechend dem Südwestrentaplus-Konzept einen Großteil der Gelder in Aktien und Aktienfonds bzw. lassen dies von Vermögensverwaltern wie der Dr. Jens Erhard-Gruppe tun, was bei der Südwestfinanzvermittlung AG und der Südwest Finanzvermittlung Zweite AG mit den Aussagen im Emissionsprospekt, keine Spekulationsgeschäfte zu tätigen und nur in Immobilien zu finanzieren nicht in Einklang zu bringen ist. Tatsache ist auch, dass die Wertpapierinvestitionen einen ansehnlichen Ertrag bringen können. Nur: um welchen Preis? Gerade das von Dr. Jens Erhard gemanagte Depot investiert bei allen drei Südwest AGs in hauseigene Produkte mit überdurchschnittlichem Risiko: so kaufte Erhard die Fonds DJE Dividende & Substanz, DJE Alpha Global IC und Absolut IC. Im Wertpapierprospekt der DJE Investment SA heißt es zum Risiko der Investition in den Fonds DJE Dividende & Substanz, es bestehe neben hohen Ertragschancen ein „hohes Risiko“, der Anleger müsse eine „hohe Risikobereitschaft“ mitbringen. Beim DJE Alpha Global IC ist eine „mittlere bis hohe Risikobereitschaft“ gefragt, beim DJE Absolut IC ebenfalls. Besonderes Schmankerl für die Dr. Erhard-Gruppe: neben der Vergütung, die für die Übernahme der Depotverwaltung von den Südwest Finanzvermittlungs AGs gezahlt wird, erhält DJE Investment SA weitere Vergütungen aus dem Fondsvermögen bis zu 1,87 % des Fondsvermögens. Bei Erfolg fällt zusätzlich noch eine Performance Fee an, die mögliche Gewinne für die Anleger weiter schmälert.
Trotz dieser im Interesse der Rendite in Kauf genommenen Risiken und weiteren Kosten scheint der „kritische Zins“ den Markdorfern Sorge zu machen: In allen drei Geschäftsberichten wird den Anlegern ein außerordentliches Angebot unterbreitet, das sich im Bericht der Südwest Finanzvermittlung Dritten AG so liest:
Ausgehend vom Stichwort „Zins“ möchten wir an dieser Stelle kurz auf einen Grundtatbestand bei unseren Investitionen und Erträgen hinweisen. In den zurückliegenden Jahren wurden konzeptions- und vertragsgemäß Verluste von nahezu 50 Mio. EUR generiert und an Sie als Mitunternehmer weitergegeben. Die nunmehr, nach Eintritt in die Investitionsphase, für Investitionen zur Verfügung stehenden Mittel resultieren aus den jährlich eingehenden Einzahlungen der Ratenanleger, sind also relativ begrenzt. Das lässt die möglichen Investments vergleichsweise kleinvolumig ausfallen. Es schmälert die Ertragschancen von vornherein, da so positive kumulative Effekte nicht genutzt werden können (siehe nebenstehendes Schema). Es kann aber nur von Vorteil sein, auch die in dieser Richtung liegenden Ertragspotenziale im Blick zu behalten. Wir möchten Ihnen als Ratenanleger und Mitunternehmer deshalb folgendes Angebot unterbreiten: Nutzen Sie die Möglichkeit, das von Ihnen gezeichnete Investitionsvolumen vorzeitig einzuzahlen. Der entsprechend vergrößerte Spielraum erlaubt es uns und Ihnen, sowohl aktuell sich bietende Anlagechancen in vollem Umfang wahrzunehmen als auch die Ertragskraft eines erhöhten Investitionsvolumens auszuschöpfen. Das steigert die Gewinnperspektive unseres gemeinsamen Unternehmens in entscheidendem Maße. Die Einzelheiten dieses außerordentlichen Angebots erfahren Sie auf Anfrage.
Ganz klar: wenn das Anlegerkapital von Anfang an eingesetzt werden kann, kann mehr Rendite erzielt werden als mit ratierlichen Geldeingängen. Nur: das war ausweislich des oben Stehenden von Anfang an klar.
Verstoß gegen das Kreditwesengesetz ?
Ein weiteres Problem kann sich aus der bisherigen Anwendungspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BAFin) zu § 32 I Kreditwesengesetz (KWG) ergeben. Seit einigen Jahren verbietet die BAFin Graumarkt-Unternehmen die Geschäfte, wenn diese sog. Finanzkommissionsgeschäfte betreiben, also Wertpapiere und andere Finanzinstrumente für fremde Rechnung erwerben. In einem Verfahren gegen einen solchen Anbieter ging dieser vor Gericht und musste sich vom VG Frankfurt/Main zwar anhören, das sein Angebot zwar nicht als Finanzkommissionsgeschäft verboten sei, dafür aber ein erlaubnispflichtiges Investmentgeschäft darstelle, denn nach Ansicht der Richter stellt die Verwaltung von Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage, die nach dem Grundsatz der Risikomischung in Vermögensgegenständen im Sinne des § 2 Abs. 4 InvG angelegt sind, ein Investmentgeschäft dar. Es spricht einiges dafür, dass auch das Konzept „Südwestrentaplus“ als Investmentgeschäft gewertet werden kann. Hierfür braucht man jedoch eine Erlaubnis.
Um all dies muss Ralf Hehl sich nicht mehr kümmern. Es sei dabei hier unterstellt, dass Hehls Remission nichts mit unerklärlichen Erinnerungslücken der letzten Zeit hatte. So hatten die Südwest Finanzvermittlungs AGs in einem Rundschreiben an alle Anleger im Mai 2005 behauptet, die Verbraucherzentrale Berlin habe im Jahre 2003 nach ausführlichen Gesprächen das Konzept, die Geldanlagen und Partner der Markdorfer für gut befunden. Das wunderte die Verbraucherzentrale Berlin, die die Südwest-Finanz Vermittlungs- AGs auf ihrer „schwarzen Liste“ führt, so sehr, das diese Falschbehauptung abgemahnt wurde und die Südwestfinanz-Vermittlung Dritte AG, vertreten durch Hehl, sich bei Strafe verpflichtete, derartige Behauptungen künftig zu unterlassen.
Um den Schnitzer auszubügeln wurde später kolportiert, es handele sich um einen Irrtum. Dies ist schon erstaunlich genug, noch erstaunlicher ist die weitere Legendenbildung: tatsächlich habe man der Zeitschrift FINANZtest das Anlagemodell vorgestellt und diese habe es für gut befunden. Nur: auch dort weiß die Redaktion nichts von einer derartigen Stellungnahme und warnt auch nach einem tatsächlich stattgefundenen Gespräch mit Hehl weiter vor den Angeboten aus Markdorf.
Neuer Vorstand als „Sanierer?“
Jedenfalls soll es nun der neue Vorstand Ulrich Wogart richten. Dieser hat große Erfahrung mit krisengeschüttelten Unternehmen. Vom 01.07.2001 bis zum 14.11.2001 war Wogart als Vorstand der Capital Stage AG für die Bereiche Beteiligungsgeschäft und Corporate Finance verantwortlich. Die Aktie des ehemals als HWAG Hanseatisches Wertpaierhaus AG firmierenden Unternehmens gab in diesem Jahr um fast 70 % nach, von ca. 13,00 Euro auf ca. 4,00 Euro und liegt derzeit bei 1,30 Euro.
Capital Stage hielt bis ins Jahr 2003 hinein einen Anteil von über 8 Mio. Euro an der Farmatic Biotech Energy AG, bei der Wogart ab September 2002 bis 02.12.2003 tätig war. Zu Zeiten der Tätigkeitsaufnahme Wogart’s als Finanzvorstand befand sich die Aktie gerade im freien Fall von ca. 20,00 Euro auf 10,00 Euro. Als Wogart im Dezember 2003 ging, lag sie bei unter 2,00 Euro. Nachdem die Firma am 03.03.2004 Insolvenzantrag gestellt hat, wurde sie zwar weitergeführt, der derzeitige Kurs liegt jedoch bei 0,33 Euro.
Viele Anleger haben gerade dem Sicherheitsaspekt des „Renta“ Modells vertraut, hoffentlich werden die Anleger nicht enttäuscht.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 440 vom 19. Oktober 2005 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich

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