-Haftungsrechtliche Inanspruchnahme: Schulungsleiter haften geschädigten Anlegern – von Rechtsanwältin Helena Winker, Kanzlei Dr. Schulte und sein Team- Die Anlagevermittler erhalten Provisionen, welche sich prozentual aufgrund des Wertes der vermittelten Anlage berechnen. So reizvoll die Tätigkeit als Anlagevermittler auch sein mag, so besteht auch in erheblichem Maße die Gefahr der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme.
Der Geschäftsbereich der Vertriebsgesellschaften von Kapitalanlagen, sei es von Immobilien-, Schiffs- oder sogar Einzelhandelsfonds oder von Eigentumswohnungen, ist bisweilen ein lukratives Geschäft.
Die Problematik der fehlerhaften oder vorsätzlich unterlassenen Schulung der Anlagevermittler:
Erfolgt die Beratung aufgrund der Schulung sogar vorsätzlich fehlerhaft, stellen sich hinsichtlich der Haftung zweierlei Fragen:
1. Haftet der Schulungsleiter für die durch die Anlagevermittler getätigten fehlerhaften Aussagen?
2. Und kann sich ein Anlagevermittler aus der Haftung entziehen, wenn er auf seine fehlerhaft vorgenommene Schulung verweist?
3. Rechtsanwalt Dr. Schulte hierzu: „Immer mehr Anlagevermittler lassen sich dazu verleiten, einen eigenen Strukturvertrieb aufzubauen und eigenständige Schulungen der Anlageberater vorzunehmen. Motivation ist dabei selbstverständlich die höhere Verdienstmöglichkeit. Da jedoch die Provisionszahlungen von der erfolgreichen Anlagevermittlung abhängen, lassen sich immer mehr Schulungsleiter dazu verleiten, wichtige Informationen für den Kapitalanleger verharmlosend und damit falsch oder gar nicht erst an die im direkten Kundenkontakt stehenden Vertriebler weiterzugeben. Hierin besteht ein erhebliches Haftungsrisiko!“
Bereits der Bundesgerichtshof war mit dieser Problematik befasst. Er nimmt in seinem Urteil vom 28.02.2005 – II ZR 13/03 – die mögliche Haftung eines Initiators eines Fonds an, wenn dieser in vorsätzlich sittenwidriger Weise die Kapitalanleger durch Täuschung zur Übernahme der Fondsbeteiligung bestimmt hat. Eine solche Handlung wäre dann auch von strafrechtlicher Relevanz wegen Betruges.
In dem Verfahren vor dem BGH behauptete die geschädigte Kapitalanlegerin, der Initiator des Fonds habe bei Schulungsveranstaltungen seinen Beratern nahegelegt, anlässlich von Beratungsgesprächen über den Erwerb von Fondsbeteiligungen gegenüber den interessierten Kunden zu erklären, bei Scheitern des Fonds gewährleiste er persönlich die Erfüllung der Rückzahlungsansprüche der Kapitalanleger.
Das OLG Karlsruhe sagt in einem durch dieses zu entscheidenden Fall:
Der Beklagte hat, um möglichst viele Vertragsabschlüsse zu erreichen und dadurch selbst Provisionen zu verdienen, den Vertrieb der streitgegenständlichen Anlage durch den Aufbau des Strukturvertriebes und die von ihm veranlassten und inhaltlich zu verantwortenden Schulungen der Vermittler im besonderen Maße befördert. Dabei hat er eine Schädigung der gewonnenen Anleger aus eigennützigen Motiven, nämlich aus dem bloßen Gewinnstreben in sittlich anstößiger Weise billigend in Kauf genommen.“
(…)
Strukturvertrieb – Ausbildung von Vermittlern:
In einem anderen Fall, bildete der Beklagte seine Mitarbeiter selbst aus und verwendete für die vorgenommenen Schulungen eine selbst konzipierte CD, auf welcher der vorgesehene Gesprächsablauf eines Beratungsgespräches festgehalten wurde. Letztlich teilt auch das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 07.08.2009 – 15 U 107/08 die Ansicht der vorgenannten Gerichte, in dem es die Haftung eines Geschäftsführers annahm, „wenn er trotz Kenntnis der fehlerhaften Beratung der für die Gesellschaft tätigen Vermittlung hiergegen nicht einschreitet oder die fehlerhafte Beratung sogar aktiv in Form von Schulungen oder ähnliches oder gar durch Vorgabe für die Vermittlung veranlasst.“
Gibt es Sicherheit für Vermittler?
Die im direkten Kundenkontakt stehenden Vermittler entgehen einer Inhaftungsnahme in der Re-gel nur deshalb, weil in den meisten Fällen direkt der Strukturvertrieb in Anspruch genommen wird. Weist sich der Anlagevermittler als für einen bestimmten Strukturvertrieb gegenüber seinen Kunden aus, so werden seine Falschangaben oder seine unterlassenen Aufklärungspflichten dem Vertrieb zugerechnet.
Dennoch dürfen sich die Anlagevermittler nicht in Sicherheit wägen. Schließlich sollte sich jeder Anlageberater seiner Verantwortung bewusst sein und seiner Verpflichtung zur anlage- und anlegergerechten Beratung nachkommen, wenn er sich dem Haftungsrisiko nicht aussetzen möchte.
Fazit:
Sowohl die sich Schadenersatzansprüchen ausgesetzt sehenden Vertriebsgesellschaften sowie der einzelne Kapitalanlagevermittler, der wegen seiner falschen Beratung in Anspruch genommen wird, sollte sich daher an einen fachkundigen Rechtsanwalt wenden, der aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung und fachlichen Qualifikation Spezialist auf diesem Gebiet ist.
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Helena Winker
Rechtsanwältin